März 2018

Er hat knapp 180 Seiten und fast 8400 Zeilen: Der Koaliti- onsvertrag von CDU, CSU und SPD legt den Grundstein für er- neutes gemeinsames Regieren im Bund. Am 4. März wird das Votum der SPD-Mitglieder dazu erwartet; erst dann steht fest, ob die Große Koalition wieder zustande kommt. Der Vertrag be- kennt sich in der Überschrift zu einer neuen Dynamik für Deutschland, das finde ich gut; zum Jahreswechsel hatte ich beim Ehrbaren Kaufmann für den Standort Hamburg genau das eingefordert: Wir müssen aus der aktuellen Stärke heraus die Zukunft gestalten. Überhaupt trägt das Vertragswerk deutlich eine Hamburger Handschrift, kein Wunder: Viele Hamburger haben dort mitge- schrieben. Unsere Handelskammer hat schon vor der Wahl im engen Dialog mit den Unternehmen Erwartungen an die künf- tige Bundespolitik formuliert. Die wichtigsten Forderungen ha- ben wir in einem Standpunktepapier benannt, Top-Themen sind Bürokratieabbau, Bildung, Energiewende und digitale Infra- struktur. All das findet sich wieder. Mit dem Bürokratieabbaugesetz III will die Koalition Aufwände reduzieren und Berichtspflichten abbauen. Gründen soll einfacher, der Zugang zu Kapital erleich- tert werden. Ein „Digitalpakt Schule“ von Bund und Ländern soll Schüler besser auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereiten. Der Ausbau von Gigabit-Netzen ist bis 2025 flä- chendeckend angestrebt, die Kosten der Energiewende sollen gerecht verteilt, der Zoll personell gestärkt werden – Letzteres ein ganz konkreter Erfolg unserer Interessenvertretung, ebenso die Optimierung des Erhebungsverfahrens für die Einfuhrum- satzsteuer. An anderen Stellen dürften die Bekenntnisse ent- schlossener, die Vereinbarungen noch eindeutiger sein. An vie- len Stellen muss noch nachgebessert werden – und erst in der schnellen Reaktion auf unerwartete Anforderungen wird sich die wahre Qualität einer neuen Regierung zeigen. Aus Sicht der Hamburger Wirtschaft stimmt unter dem Titel „neue Dynamik“ die große Richtung. Der Koalitionsvertrag kann als Strategie für die nächsten Jahre verstanden werden. Wer sich aber in der heutigen Zeit als Unternehmen – oder als Regierung – eine Strategie für vier, fünf Jahre gibt, muss sich bewusst sein, dass aktuelle Ereignisse von immenser Tragweite auch in zwei oder drei Jahren schon dazu führen können, dass radikal neu gedacht werden muss, auch neu verhandelt. Im Koalitionsver- trag von 2013 war die europäische Flüchtlingskrise ab 2015 zum Beispiel kein Thema. Für den neuen Vertrag gilt erst recht: Blo- ßes Abarbeiten der vielen tausend Einzelpunkte wird nicht ge- nug sein. Es wird nicht reichen, nur ordentlich zu regieren. Hamburger Handschrift „Erst in der schnellen Reaktion auf unerwartete Anforderungen wird sich die wahre Qualität einer neuen Regierung zeigen.“ Ihr Tobias Bergmann Die HW gibt es auch als App für Tablet-PCs und Smartphones. Die Onlineausgabe finden Sie unter www.hamburger-wirtschaft.de , das Internetangebot der Handelskammer unter www.hk24.de . Wenn Sie mehr als ein Exemplar der gedruckten HW erhal- ten und das ändern möchten, schreiben Sie bitte einfach eine E-Mail an redaktion@hamburger-wirtschaft.de TOBIAS BERGMANN Präses der Handelskammer Hamburg HAMBURGER WIRTSCHAFT 03 / 18  EDITORIAL 3 ILLUSTRATION: FILIP FRÖHLICH

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