Mai 2018

HAMBURGER WIRTSCHAFT 05 / 18  TITEL 14 W ennOliver Rößlingund seinTeaman jedem zweiten Donnerstag im Monat um 19:12 Uhr das Publikumbegrüßen, hat das nichts mit der akademischen Viertelstunde Verspätung zu tun. 12min.me heißt dasNetzwerk-Konzept desHam- burgers Rößling, und der Titel weist nicht nur auf die Anfangszeit der Vorträge hin, sondern auch auf die Dauer. Knappe zeitliche Vorgaben machen das Kon- zept aus. Das ist dann aber auch fast die einzige Ein- schränkung, ansonsten steht 12min.me vor allemfür eines: Lockerheit. Die Kombination begeistert – oft warten schon mehr als hundert Teilnehmer auf den Beginn eines Abends, an dem es nicht nur um Ge- schäfte geht, sondern auch darum, bei netter Gesell- schaft und einemBier offen zu diskutieren. Hamburg, früher ein Zentrum traditionell ge- prägter Business-Clubs, öffnet sich mehr und mehr für solcheneuenNetzwerk-Ideen, die ein jüngeres und auch weiblicheres Publikum anziehen. „Früher ent- standen Netzwerke in getrennten Milieus, teils noch immer: In Hamburg steht der Hafen-Club typischer- weise für dieOldEconomy, Coworking-Spaceswie das betahaus für die New Economy“, sagt Rößling. Er selbst hält nichts von solchenTrennungen: „Wir woll- ten einEventmachen, bei demalle ihre Komfortzone finden“, sagt der Gründer, der mal imKapuzenpullo- ver,mal imHemdauftritt. Niemand soll fürchten, eine Frage könne nicht schlauwirken, das ist ihmwichtig. Die Altersspanne liegt zwischen 20 und 60 Jahren, dass alle sich duzen – eine Selbstverständlichkeit. Jeder der drei Speaker eines Abends hat exakt zwölf Minuten Redezeit, dann folgen zwölf Minuten Diskussion, dann zwölf Minuten Networking. „Der Deal ist: Das Programm soll kurz und knackig sein. Man darf nicht vergessen, dass die Besucher hier ihre Freizeit investieren“, sagt Rößling. DieBegegnung auf Augenhöhe und vielleicht auch das Freibier führen dazu, dass sichdieRedner durchausmal sehr kritische Fragen gefallen lassenmüssen. Das kommt nicht nur bei denHamburgern gut an: 12min.me gibt es inzwi- schen in 27 Städten in sechs Ländern. Ohne Netzwerk gibt es keinen Handel, kein Ge- schäft, keine Karriere, keine Innovation. So bringt 12min.me in Zusammenarbeit mit der Handelskam- mer inder Reihe „Caps’n’Collars“ gezielt dieKappen- und Kragenträger zusammen – Vertreter der jungen, disruptiven, neuenWirtschaftmit denender traditio- nellen, gewachsenenUnternehmen. Die InitiativeHamburg@work, selbst schon eine Institution mit mehr als 20 Jahren Geschichte, hat dazu beigetragen, dass digitale Start-ups der ersten Generation ebenso wie die ersten Niederlassungen großer amerikanischer Tech-Konzerne früh in Ham- burg Fuß gefasst haben. Mit Unterstützung der Stadt und unter der engagierten Führung von Uwe Jens Neumannwurdehier schonbei den legendärenPartys der „Online-Kapitäne“ auf der Cap SanDiegodie digi- taleWirtschaft Norddeutschlands vernetzt. Einen eher klassischen Stil pflegt der Business Club Hamburg, mit der Gründung 2008 selbst noch ein junges Unternehmen. Der Club an der Elbchaus- see, der bereits mehr als 800 Mitglieder zählt, wirbt mit dem Spruch: „Digitales Networking hilft. Analo- ges Beziehungsmanagement entscheidet.“Die Philo- sophie in einem Satz: „Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht.“ Dazu trägt das Ambiente der Villa imHeine-Park ebensobei wie das kulinarische TITEL Caps und Kragen Netzwerken hat eine lange hanseatische Tradition – in der Handelskammer sogar schon seit 353 Jahren. Die HW stellt Beispiele für die Vielfalt aktueller Business-Clubs vor, von analog bis digital. FOTO: ULRICH PEREY, FREEPIK OLIVER RÖSSLING (12min.me) „Früher entstanden Netzwerke in getrenn- ten Milieus. Davon halte ich nichts.“

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