HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 16
TITEL
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A
ntonio, Derya, Theo und Claas
sind vier Auszubildende mit un-
terschiedlichen kulturellen Hin-
tergründen. Zusammen bilden sie eine
Band, die kurz vor ihrem ersten großen
Auftritt steht. Doch unmittelbar davor
tauchen plötzlich Probleme auf, die ihren
großen Traum ins Wanken bringen.
Was klingt wie das Drehbuch einer
Vorabendserie für Teenager, ist der Plot
des Computerspiels „The Skillz“, das sich
mit dem Thema Integration auseinander-
setzt. Die vier Hauptfiguren müssen sich
im Laufe des Spiels daher nicht nur den
Herausforderungen des Bandalltags stel-
len, sondern auch ihre interkulturellen
Kompetenzen schulen. Gleiches gilt für
die Spieler.
„Das nordrhein-westfälische Hand-
werk hat darunter gelitten, dass ungefähr
20 Prozent der Azubis ihre Lehre wegen
Integrationsproblemen abbrechen“, sagt
Carsten Fichtelmann, Geschäftsführer
von DAEDALIC Entertainment. Der Ham-
burger Spieleproduzent hat sich dieser
Herausforderung gestellt und mit „The
Skillz“ ein Spiel entwickelt, das durch die
Dialoge und kleine Aufgaben interkultu-
relle Zusammenhänge vermittelt. Gleich-
zeitig empfindet es die jugendliche Ziel-
gruppe als willkommene Abwechslung
im Berufsschulunterricht.
„Früher gab es eine klare Trennung
zwischen klassischen Lernspielen und
Unterhaltungsspielen“, so Fichtelmann.
Bei „The Skillz“ ist die Zuordnung nicht
mehr eindeutig. Denn durch den spiele
rischen Ansatz, der als Gamification be-
zeichnet wird, verschmelzen die Gattun-
gen miteinander.
Trotz Ähnlichkeiten mit klassischen
Unterhaltungsspielen haben diese soge-
nannten Serious Games eine klare Auf-
gabe. Das Erreichen eines zuvor definier-
ten Ziels steht im Fokus des Spiels. Und
immer öfter geht es dabei um die Aus-
und Weiterbildung von Mitarbeitern.
Getreu dem Motto „Learning by do-
ing“ können unterschiedlichste Situatio-
nen geübt werden – von Verkaufsgesprä-
chen übers Projektmanagement bis hin
zum Controlling. „Alles, was die Mitar-
beiter lernen, kann direkt angewendet
werden“, sagt Herbert Frick, Geschäfts-
führer der Ranj Serious Games GmbH.
„Das führt dazu, dass sie sich mehr zu-
trauen und selbstreflektiert sind.“
Frick sieht weitere Gründe, weshalb
Serious Games den Lernprozess fördern:
„Je realistischer und eindrucksvoller das
Erlebnis, desto größer ist der Lerneffekt“,
sagt er. „Zudem sind Spiele viel motivie-
render als traditionelle Ausbildungsmaß-
nahmen und können – weil sie überall
und jederzeit einsetzbar sind – zu Kosten-
und Zeitersparnissen führen.“
Für die Bosch-Gruppe hat Frick das
Spiel „SmartPort“ entwickelt. Ziel war es,
die Akzeptanz für ein neues Controlling-
Tool zu verbessern und zu zeigen, wie es
funktioniert. Das Spiel lässt die Teilneh-
mer in die Rolle eines Managers schlüp-
fen, der die Aufgabe hat, in den asiatisch-
pazifischen Raum zu expandieren.
Die Spieler müssen mit neuen Kenn-
zahlen und englischen Fachtermini den
Markt detailliert analysieren, Strategien
entwickeln und mit internen und exter-
nen Stakeholdern verhandeln. Durch die
Einbindung von Videos, E-Mails und
TITEL
Wer spielt, hat Spaß. Das gilt auch für Mitarbeiter und
Kunden. Immer mehr Firmen nutzen daher den natürlichen
Spieltrieb des Menschen, um ihre Ziele zu erreichen.
Spielerisch
zum Erfolg
MONTAGE: THOMAS WEBER-UDE; FOTO: ULRICH PERREY; ILLUSTRATION: DAEDALIC ENTERTAINMENT