Oktober 2019

HAMBURGER WIRTSCHAFT 16 STANDEPUNKTE PAPIER DIGITALISIERUNG Infrastruktur entwickeln, Fachkräfte gewinnen Eine Hauptforderung des Papiers, das unter Feder- führung des von Elmendorf geleiteten Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Mittelstand entstand, ist der Netzausbau: „Die Schaffung der Infrastruktur ist das A und O“, sagt Elmendorf, „wir brauchen den Vollausbau bei Glasfaser und dem neuen Mobilfunk- standard 5G.“ Alle Standorte müssen Zugriff auf digi- tale Netze haben. „Nur so können Herausforderun- genwie automatisierter Verkehr undmoderne Logis- tik gemeistert werden“, so der geschäftsführende Gesellschafter der Korn-Manufaktur Elmendorf. Auch Nehrenberg betont die Bedeutung des Net- zes für neue Mobilitätskonzepte: „Wir wollen Modell- region sein“, sagt sie, „das gilt insbesondere für den Hafen. Dort ist massiver Aufwand nötig, um eine si- chere Mobilfunk-Netzabdeckung zu haben. Das geht nurmit einer höherenDichte an Funkmasten.“ Bisher geht der Ausbau aber nur stockend voran, und Elmen- dorf mahnt: „Bei der Glasfaser sind andere Kommu- nen deutlich schneller als Hamburg. Dort wird beim Verlegen punktgenau in den Asphalt gefräst, hier wer- dennoch immer ganze Straßenzüge aufgerissen.“ Ein weiteres großes Problem ist der Fachkräfte- mangel. Deshalb sind, so das Papier, deutlich höhere Investitionen in die Bildung nötig – und das Steigern der Attraktivität der dualen Ausbildung und der Hochschulbildung. „Heute sind alle Ebenen der Bil- dung wichtig“, sagt Dr. Norbert Lühring, Managing Partner der Unternehmensberatung Lischke Consul- ting und einer der Mitbeteiligten am Standpunkte- Papier. „Vor allemKinder und Auszubildende müssen besser auf das Berufsleben vorbereitet werden.“ Denn durch die Digitalisierung verändern sich die Anforde- rungen an die Menschen radikal. Sie müssen deutlich flexibler und bereit sein, ein ganzes Leben dazuler- nen: „Noch zu viele erleben einen wahren Kultur- schock, wenn sie auf denArbeitsmarkt kommen.“ Als weitereMaßnahmen schlägt das Papier etwa das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland, eine Marketing-Kampagne für Hamburg und eine auf die Zielgruppe zugeschnittene Wohnungspolitik vor. Gleichzeitig gilt es, das Fachpotenzial vor Ort besser auszuschöpfen. „Wenn wir gut ausgebildete Frauen und Männer gewinnen wollen, die aus priva- ten Gründen nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfü- gung stehen, müssen wir eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen“, sagt Lühring. Digitale Events fördern ImRahmen der digitalen Transformation gilt es auch, so Lühring, „schon sehr früh die Lebendigkeit der Ar- beitswelt zu vermitteln und zu zeigen, dass Verände- rungen keine Bedrohung, sondern Chancen sind“. Für die Hamburger Digitalszene sind solche Verände- rungen bereits selbstverständlich: „Es gibt eine Auf- geschlossenheit und das Interesse, voneinander zu lernen“, so Nehrenberg. Doch damit sich diese Einstel- lung stärker verbreitet, sollte es noch mehr Events ge- ben, auf denen die Menschen die Chance haben, Wis- sen zu teilen und sich zu vernetzen: „Hamburg kann davon profitieren. Hier gibt es viele große alte Unter- nehmen, aber auch denWillen zur Transformation.“ Hier ist ebenfalls die Stadt gefordert: Schon auf- grund der wirtschaftlichen Bedeutung von Ver- anstaltungen zu Digitalthemen sollte sie sich noch stärker bei ihrer Unterstützung engagieren, so das Papier. Nehrenberg ergänzt: „Wir brauchen eine Verstetigung und dauerhaften Austausch, auch zwi- schen Wissenschaft und Wirtschaft. Dazu ist eine von der Stadt geförderte Infrastruktur erforderlich.“ CLEMENS GERLACH redaktion@hamburger-wirtschaft.de BREITE BASIS Das Standpunkte- Papier „Wirtschaft. Digital.Hamburg“ ist eine echte Ge- meinschaftsarbeit. Das Konzept ent- wickelte dieProjekt- gruppe der Han- delskammer „He- rausforderungen der Digitalisierung“, an der Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Mittelstand sowie für Digitale Wirtschaft betei- ligt waren. Um ein möglichst breites Fundament zu erzielen, waren die Arbeitsgruppen auch für Unterneh- men geöffnet. „Wir wollten fundierter und tiefer als früher sein“, sagt Vizeprä- ses Kai Elmendorf. „Uns war es wichtig, Praktiker mit an Bord zu holen, denn da ist das Wissen.“ Das Dokument ist in die drei Bereiche „Rahmenbedingun- gen“, „Infrastruktur“ und „Fachkräfte- gewinnung“ ge- gliedert. Download als PDF unter: www.hk24.de/ standpunkte Fachkräftemangel lindern: Dr. Norbert Lühring betont die Bedeutung der Bildung – und der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie Anke Nehrenberg ist Vorsitzende des Ausschusses für DigitaleWirtschaft FOTOS: STEPHAN WALLOCHA, ANDREA LANG

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