Februar/März 2022

Klare Regeln setzen Etwa jede fünfte Ausbildung in Hamburg wird nicht zu Ende geführt. Die Kammer hilft, Konflikte zu vermeiden und Lösungswege zu erkunden. Dagmar Kernreich Martin Wedemann Erfolgreich ausbilden: Gespräche, Regeln und klare Worte helfen, Konflikte zu vermeiden. Probleme bei der Ausbildung? Diese Institutio- nen bieten Unterstützung: → Die Konfliktbe- ratung der Han- delskammer hilft direkt oder ver- mittelt problem- spezifisch weiter: www.hk24.de/ konfliktausbildung → Vermittelt wird etwa an VerA, eine bundesweite, vom Bildungsministe- rium (BMBF) ge- förderte Initiative der SES-Stiftung (Senior Expert Service). Das Kon- zept: Mentoren unterstützen in 1:1-Tandems Aus- zubildende, die Probleme in der Berufsschule, im Betrieb oder privat habe n: www.vera. ses-bonn.de → Auch das Ham- burger Institut für berufliche Bildung (HIBB) hilft mit seinem Beratungs- zentrum Beruf- liche Schulen (BZBS) weiter. Es unterstützt Aus- zubildende und Ausbildende bei Konflikten und persönlichen Problemen: www. hibb.hamburg.de Wenn beide Seiten von Anfang wissen, anwas sie sich zu halten haben, besteht schon mal ein gutes Grund­ gerüst für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.“ Gerade kleinere Betriebe vergessen zudem bis­ weilen ihre Verantwortung für die Auszubildenden: „Manmuss sich Zeit nehmen für den jun­ gen Menschen“, sagt Wedemann. „Wenn man diese Zeit nicht hat, sollteman nicht ausbilden. Ein Azubi kostet nicht viel Geld, aber er oder sie kosten Zeit. Das muss man sich bewusst machen.“ Kernreich regt etwa an, dass Aus­ bildende und Azubis einmal wöchentlich eine halbe Stunde miteinander reden. „Dabei sollte man gleich das Berichtsheft anschauen und abzeichnen, so wird auch dieses Tool sinnvoll genutzt.“ Auch ein re­ gelmäßiger Kontakt zwischen Betrieb und Berufsschule, so die beiden Beratenden, hilft, Probleme zuerkennen. Nicht alle jungen Leute kamen mit der virtuellen Beschulung im Lockdown zurecht, und insgesamt ist das Klima kon­ fliktreicher geworden, meint Wedemann. Das führt er auch auf gesellschaftliche Entwicklungen zurück: Vielen Jugendlichen falle das Anerkennen von Autoritäten heute schwerer. Ein Grund mehr, früh ins Gespräch zu kommen – und bei Bedarf dieUnterstützung der Kammer zunutzen. ERIC LEIMANN redaktion@hamburger-wirtschaft.de D ie Zahlen beeindrucken: 2019 beendeten 2478 (11,6 Prozent) von 21 314 bei der Handelskam­ mer gemeldeten Azubis ihre Lehre vorzeitig, 2020 immerhin 2176 (10,7 Prozent) von 20 244. Über die gesamte Ausbildungszeit betragen die Abbrüche gut 20 Prozent, schätzt Martin Wede­ mann. Mit seiner Kollegin Dagmar Kern­ reich unterstützt er Betriebe und Auszu­ bildende dabei, Konflikte zu vermeiden und zu lösen. Allerdings, so der Ausbil­ dungsberater der Kammer: „Oft melden sich die Parteien erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.“ Zu den großen Knackpunkten gehört der Umgang mit Regeln: „Viele junge Leute habenheutemit der Pünktlichkeit einPro­ blem“, so Kernreich. „Bei meinen Gesprä­ chen sind Fehlzeiten meistens das Top­ thema. Hinzu kommt der Vorwurf, dass man sich beidseitig nicht an Regeln hält. Auch umpsychische Probleme, Sucht oder Diskriminierung geht es immerwieder.“ Die größten Fehler passieren dabei oft zu Beginn der Ausbildung, so Wede­ mann, der sich vorwiegend um Handels­ berufe kümmert: „Von Anfang an muss eine Firma klare Regeln aufstellen, etwa wie bei einer Krankmel­ dung zu verfahren ist.“ Und Kernreich, die vor allem Kaufleute betreut, betont: „Die Ausbildungsinhalte müssen klar und transparent festgelegt werden. Jede Berufsausbildung hat eine sachliche und zeitliche Gliederung, in der festgelegt wird, was zu leisten ist. HAMBURGER WIRTSCHAFT 36 FOTOS: INDUSTRIEBLICK/ADOBESTOCK, ULRICH PERREY (2)

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz