April / Mai 2020

HAMBURGER WIRTSCHAFT 18 in den meisten Hamburger Unternehmen schnelles Umschalten ebenso wie Einfallsreichtum gefragt – gerade in Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie oder Dienstleistungen. Und die jetzt entwickelten Ideenmachen Hoffnung – und helfen einigen Betrie- ben, die Krisenfolgen zumindest etwas abzufedern. Kreativität ist zunächst beim Sichern der Ge- sundheit von Kunden und Mitarbeitern zentral: So haben Supermarktketten von Budni bis Rewe zwi- schen Kasse und Kunde Virenschutz-Barrieren in- stalliert, die etwa bei Edeka an der Holstenstraße in einer bankschalterartigen Plexiglaszelle gipfeln. Hinzu kommen Zugangsbeschränkungen oder auch das Anbringen von Klebeband zur Markierung von Sicherheitsabständen an der Kasse. Und nicht nur die Lebensmittelhändler stellen sich um: Musikunterricht erfolgt mit der Kommuni- kationssoftware Skype, Blumen werden an die Haus- türe geliefert oder Kuchen durch Restaurantklappen serviert. In einer Zeit, in der rund 30000 Angestellte der lokalen Gastronomie gemeinsam mit den Kolle- gen im Veranstaltungsgewerbe unter dem Versiegen ihrer Einkommensquelle leiden, ist Improvisation nötig – und auch ein kleiner SchussWahnsinn. Solidarität ist gefragt Zu den ersten großen Opfern der Krise zählte das Kreativ- und Clubgewerbe: „Seit der Schließung am Freitag, 13. März“, meint Molotow-Betreiber Andi Schmidt, „haben wir keine Einnahmen mehr, müs- sen aber Kosten wie Miete, Wasser, Strom, Personal bezahlen.“ Eine Katastrophe, die Darlehen und Steu- erstundung höchstens ablindern können – und alle Clubbetreiber betrifft. Diese hoffen nun auf die Soli- darität ihrer Nutzer: Spendenaufrufe wie „S.O.S. – Save Our Sounds“ oder die Initiative „Clubs against Corona“, die Live-Übertragungen beliebter DJs direkt aus den Clubs in dieWohnzimmer streamen will, las- sen mit Glück etwas Geld in die Kassen tröpfeln – ebenso wie der forcierte Verkauf vonMerchandising- Ware. Und bei der „Soli-Molotow Geistershow“ kön- nen Unterstützer Tickets für ein Konzert kaufen – ohne Konzert. Hier gibt es also nichts zu erleben, au- ßer einemGefühl von Normalität und Solidarität. Auch das Sightseeing-Metier liegt brach, wie etwa das St. Pauli Office bestätigt: Während der An- bieter vergangenes Jahr mehrere Tausend Hambur- ger Gäste über den Kiez führte, sind seine freien Mitarbeiter nun arbeitslos. Doch umBesuchern von morgen zu zeigen, „wie unser Viertel auch heute lebt“, hat Tresenchef Carsten Vogt mit acht seiner St.-Pauli-Experten soeben eine Videotour durchs Viertel gedreht – und bittet, fürs Ansehen zu spen- den. „Wenn’s gut läuft, kann das die Einnahmeaus- fälle der Guides etwas ausgleichen“, hofft Vogt. Kreativ durch die Krise Das Coronavirus bedroht zahlreiche Wirtschafts- branchen – doch viele Unternehmen versuchen, sich flexibel darauf einzustellen und ihr Geschäft so durch diese schwierige Zeit zu bringen. Improvisieren ist Trumpf: Mangels Plexiglas schützt dieser Lebensmittelmarkt Kunden und Kassierer mit einer Plastikfolie D ie Pandemie zwingt alle zum Umdenken – auch die HW: Ursprünglich sollte diese Ausgabe der Immobilienwirtschaft gewid- met sein. Doch als die Seuche auch in Hamburg Einzug hielt, legte die Redaktion die teils druckfertigen Artikel zur Seite und schaltete auf das Thema Corona um. Umfassend, schnell – „und natür- lich imHomeoffice“, so Chefredakteur Peter Jebsen. Seit COVID-19 das gewohnte Leben durchein- anderwirbelt wie zuletzt der Zweite Weltkrieg, ist FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA

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