APRIL/MAI 2021

HAMBURGER WIRTSCHAFT 50 NETZ WERKE FOTO PRIVAT Corona schweißt zusammen Lokale Geschäfte vernetzen sich auf Online-Plattformen. Der Umsatz ist zwar schwer messbar, doch der Zusammenhalt stärkt. Deshalb wollen alle weitermachen. G emeinsam sind wir stark, in der Krise zeigt sich das umsomehr“, sagt Jimmy Blum. Sein Shop „Jimmy Hamburg“ im Schanzenviertel ist randvoll mit handgemachten Schuhen und Wein aus Italien, doch Kunden begrüßt er seit Monaten nur im Online-Shop. Immerhin kann er so den zwei- ten Lockdown in Umbrien verbringen, wo er in klei- nen Manufakturen Mode gestaltet und produziert. Trotzdem bleibt er im engen Austausch mit dem lokalen Handel in Hamburg, etwa als Vorstandsvorsitzender der Interessen- gemeinschaft Grindel, die Gewerbetrei- bende seit 2003 miteinander vernetzt. „Damals“, sagt er, „haben wir schon er- kannt: Nur wenn es den Leuten im Viertel gut geht, laufen auch die Geschäfte.“ Im Lockdown unterstützen sich die Ge- schäftsleute unter anderem mit Tipps zu ÜberbrückungsgeldundCo. Seit Langembringt er sich zudem in der Handels- kammer ein, Anfang dieses Jahres etwa in der Video- konferenz „Wie Sie auch im Lockdown erreichbar sind“. Heiner Schote, Branchenbetreuer der Kammer für denHandel, hält dieses Format auch inZukunft für wichtig: „Wir wollen es fortsetzen, um den Austausch zu intensivieren.Gerade jetzt istdaswichtigerdenn je.“ Auch auf Shopping-Plattformen wie „Findeling“ oder „Wir liefern“ ist Blum zu finden. Die Idee zu „Wir liefern“ sei im ersten Lockdown „spontan“ entstan- den, berichtet Mitgründerin Mirjam Müller. Firmen aus Handel, Dienstleistung und Gastronomie können sich dort kostenlos registrieren. Das Konzept ist lang- fristig auf die Zeit nach Corona ausgerichtet. „Wer im stationären Handel überleben will, muss ins Internet, denndieOnline-Shopperwerdennicht alle zurück ins Ladenlokal kommen“, ist Müller überzeugt. Der Ein- zelhandel brauche eine starke Gemeinschaft, ein ein- zelner Wollladen könne „nicht gegen Amazon beste- hen“. Aber hilft daswirklich? Bernd Houillon, geschäftsführender Gesell- schafter von „The Fjord House“, meint, die Vernetzung über die Plattformen habe für seinen Verkauf von Mode- und Wohn- design „nicht so viel gebracht“. Wie bei vie- len Händlern läuft sein Online-Shop deut- lich besser – auch wenn er die Verluste aus stationärenLädennicht kompensiert. Auch kleine Einzelhändlerinnen ohne Online-Shop nutzen jetzt das Internet –wie Nadine Kuhr, Floristin des „Blumenkellers“ in Ottensen. Dort klingelt das Telefon, weil sie auf Facebook, Instagram und „Altona bringt’s“ ge- funden wird. Solche lokalen Plattformen sind für La- dengeschäfte, die bundesweit verkaufen wollen, al- lerdings weniger geeignet: „Wer in Kempten wohnt, schaut nicht auf ‚Altona bringt’s‘“, sagtMüller. Jimmy Blumplant derweil Online-Netzwerke für kleinere Geschäfte in den Quartieren – etwa gemein- sam mit den Interessengemeinschaften „Rund um den Mühlenkamp“ und Waitzstraße. Er hofft, „dass wir uns nachCorona noch stärker zusammentun“. KERSTIN KLOSS redaktion@hamburger-wirtschaft.de INITIATI VEN IN HAMBURG Virtuelle Fußgän- gerzonen liegen im Trend. Viele vernet- zen sich digital – ent- lang der eigenen Einkaufsstraße, im Stadtviertel oder darüber hinaus. So gibt es „Wandsbek hält zusammen“ oder den „Tibarg Lieferservice“. Für kleine Läden ohne eigene Webseite lohnt es, sich über die LinkedIn- Gruppe „Händler helfen Händlern“ oder „locals.ham- burg“ auf Instagram zu vernetzen. Sonst wären sie online gar nicht sichtbar. Auch bei „Wir liefern“ können sie mitma- chen. Die Handels- kammer teilt Ideen und Non-Profit- Initiativen: www. hk24.de/gemein samdurchdiekrise oder per Mail an socialmedia@hk24. Jimmy Blum in sei- nem Schanzenladen „Jimmy Hamburg“

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