August 2019

HAMBURGER WIRTSCHAFT 28 PERSÖNLICHES BAJORAT & VITT gesucht haben, andere Jeans oder Spitzhacken her- gestellt haben. Spitzhacken herzustellen ist viel- leicht langweilig, aber nachhaltig erfolgreicher als die Goldsuche. Marcus Vitt, wie steht Ihre Traditionsbank zu Fintech-Start-ups? In welchemBereich bringen Ihnen die neuen Services etwas? Vitt: Was Sie jetzt nicht erwarten werden: Wir wa- ren die erste Bank, die ihren Kunden eine Multi- Banking-App angeboten hat, und zwar schon kurz nachdem das Apple iPhone auf demMarkt war. Wir haben Kunden damit ermöglicht, alle Bankverbin- dungen unter einem Dach zu führen. Wir waren also relativ früh dran, „experimentell“ kann man fast schon sagen. Heute arbeiten wir zum Beispiel mit Elinvar zu- sammen, das ist ein Fintech aus Berlin. Gemeinsam digitalisieren wir die komplette Vermögensverwal- tung unseres Hauses, sodass die Prozesse sehr Wir sind der langfristige Lebens- partner unserer Kunden. Den Rest machen wir in Kooperation. MARCUS VITT schlank und effizient sind. Wir schauen uns sehr genau an, was es fürMöglichkeiten gibt. Wir haben ein Kerngeschäft: Wir sind der lang- fristige Lebenspartner unserer Kunden. Den Rest machen wir in Kooperation, damit der Kunde am Ende die beste Lösung bekommt. Durch die Digitalisierung vieler Angebote ist Sicherheit zu einem kritischen Thema im Ban- king geworden. Die extrem schnell wachsende Onlinebank N26musste das in den vergangenen Monaten erfahren. Kommt der Hamburger Ver- lässlichkeit vielleicht demnächst doch wieder eine größere Bedeutung zu? Bajorat: Bankdienstleistungen erfordern immer eine unglaublich hohe Verlässlichkeit, undN26wird dieses Thema in den Griff bekommen. Vitt: Bei uns gehört Sicherheit zum Geschäfts­ modell, und das ist ein wichtiger Punkt. Was ich beobachte, ist ein Unterschied zwischen den Gene- rationen. Die Älteren haben ein viel höheres Sicher- heitsbedürfnis als die Jungen, die auch relativ groß- zügig sind imUmgang mit Informationen über sich. Das ist eine große Veränderung, die auch die Ge- schäftsmodelle treffenwird. Im August läuft in Hamburg die Blockchance- Konferenz, auf der es um die Blockchain-Tech- nologie geht. Das Thema wurde durch die Kryp- towährungen wie Bitcoin sehr gehypt, zuletzt aber auch durch die geplante Facebook-Wäh- rung Libra. Sehen Sie da ein Potenzial für den Standort Hamburg? Vitt: Blockchain ist eine gute Technologie, die kann man vielseitig einsetzen. Aber diese Technik ist glo- bal, das ist kein Standortthema. Ich habe Program- mierer aus Osteuropa kennengelernt, die haben lange Zeit in Kalifornien gearbeitet und ziehen wie- der zurück nach Osteuropa, weil sie morgens nicht mehr anderthalb Stunden mit Bussen zur Arbeit transportiert werden möchten. Das Arbeiten mit der Blockchain ist global. Der Programmierer kann in Tallinn sitzen, in Sydney, überall. Aber man kann ANDRÉ M. BAJORAT hat seit 1996 die Fintech-Szene in Deutschland geprägt, unter anderem als Ge- schäftsführer der Giropay GmbH, als Mitglied der Geschäftsführung der Star Finanz GmbH, als CEO der NumberFour AG oder als Be­ rater und Busi- ness Angel. Zu- letzt war er CEO des Hamburger Finanz-Start-ups figo. Bajorat ist Mitglied des Fin- tech-Rates der Bundesregierung.

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