Oktober/November 2021

HAMBURGER WIRTSCHAFT 28 PERSÖNLICH HANS FABIAN KRUSE am meisten zugenommen. Das ist unser Binnen- markt, in dem die „vier Freiheiten“ der EU gelten. Großbritannien bleibt ein wichtiger Handels- partner für Hamburg. Wie schätzen Sie das wirtschaftspolitische Risiko ein? Durch den Brexit sind die Beziehungen belastet wor- den, und der Handel ist stark zurückgegangen. Das ist inmeinenAugen jetzt abgefrühstückt. Aber die Inves- titionenderHamburgerUnternehmen inGroßbritan- nien werden abnehmen. Das wird langfristige Folgen für den Handel haben, weil dann Vor- und Nachpro- dukte weniger gehandelt werden. Glücklicherweise gibt es eine ganze Reihe von Konsum- und Investiti- onsgütern, die traditionell aus Norddeutschland und Hamburg nach Großbritannien geliefert werden. Ich gehe davon aus, dass der Export in so ein wichtiges Landgutweiterlaufenwird. Wie kritisch sehen Sie es, dass China bis zum Jahresende 2021 voraussichtlich an die Spitze Historische Frach- ter, Schuppen und Portalkrane auf einer Kaianlage der Kaiserzeit: Im Hafenmuseum Hamburg, in dem die Fotos von Hans Fabian Kruse ent- standen, lässt sich erleben, wie der Welthandel früher funktionierte. „Diese Zeugnisse vergangener Ar- beitswelten lehren uns Respekt vor der Leistung frü- herer Generatio- nen, aber mahnen uns auch, nicht stehen zu bleiben“, sagt Kruse. von Hamburgs Handelspartnern aufrücken wird? Chinas öffentlich geäußerter Anspruch hat sich ge- wandelt, unter Präsident Xi Jinping treten die Chi- nesen viel aggressiver auf. Die Amerikaner haben das erkannt. Wir sind mittendrin in diesem klaren Machtkampf um die weltpolitische und wirtschaft- liche Vorrangstellung, und der wird sich weiter ver- schärfen. Das ist für Deutschland eine große Her- ausforderung, weil wir sowohl wirtschaftliche Inte- ressen in den USA als auch in China haben. Was bedeutet das für Hamburger Unter- nehmen? Das wird große Probleme machen. Eines der Phäno- mene ist, dass die Chinesen verstärkt in die Standar- disierung drängen. In unserer sich stark entwickeln- den Welt ist die Frage: Wer setzt die Standards im Bereich der Informatik, der Künstlichen Intelligenz, in allen neuen Bereichen? In China darf keine US- Standard-Software mehr in staatlichen Stellen ver- wendet werden. Unsere chinesischen Geschäfts- partner werden zunehmend von uns verlangen, dass wir nicht mit WhatsApp kommunizieren, sondern mit WeChat, und dass wir in Zukunft keine Word- Dokumente schicken, sondern einen China-Stan- dard. Worauf müssen sich Außenhandelsunterneh- men einstellen? Ein gutes Geschäft beginnt mit Verständnis für das Gegenüber.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz