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HAMBURGER WIRTSCHAFT 08 / 16 

EDITORIAL

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Ist Hamburg, die britischste Stadt Deutschlands, vom Votum des

britischen Volks, aus der EU auszutreten, stärker betroffen als

andere Standorte in der Bundesrepublik? Dafür gibt es bislang

keine Anzeichen. In der Tat kann die erste Reaktion der Ham-

burger Firmen auf das Ergebnis des Referendums mit einem

pragmatischen „Don’t panic!“ überschrieben werden. Hamburgs

Unternehmen sind mehrheitlich „cool“ geblieben und erwarten

zumindest kurzfristig keine allzu negativen Folgen für ihren Ge-

schäftsverlauf.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage unserer Handelskam-

mer bei allen Hamburger Firmen mit Geschäftsbeziehungen

zu Großbritannien. Die Folgen eines Brexit werden sich, davon

gehen unsere Mitgliedsunternehmen aus, aber im Verlauf der

nächsten Jahre zeigen: Mittelfristig, das heißt nach der Ver-

handlungsphase in etwa zwei Jahren, erwartet rund die Hälfte

der befragten Firmen einen Rückgang ihres Außenhandels mit

Großbritannien.

Erfreulich: Ein Rückgang bei Beschäftigung und Investi­

tionen hier bei uns in Hamburg wird nur von sehr wenigen

Unternehmen (3 Prozent) erwartet. Unsere Firmen sind also zu-

versichtlich, dass sie den abnehmenden Austausch mit Groß­

britannien – immerhin Hamburgs viertwichtigster Wirtschafts-

partner – zumindest in Bezug auf ihre Beschäftigtenzahl in

Hamburg abfedern können.

Als kritischster Punkt wird die Unsicherheit gesehen, die

dazu führt, dass Investitionen erst einmal auf Eis gelegt wer-

den. Die Verhandler in Brüssel und London müssen jetzt klare

Verhältnisse schaffen. Das ist aus Sicht der Hamburger Wirt-

schaft die wichtigste Forderung. Denn wie die Briten sagen wür-

den: „All business is psychology.“

Und, last but not least, ein Brexit könnte für Hamburg auch

Vorteile bringen: Viele Unternehmen, die ihre Europazentralen

in London eingerichtet hatten, suchen nun neue Standorte in-

nerhalb des Binnenmarkts. Gerade für chinesische und japani-

sche Unternehmen, von denen sich bereits jetzt sehr viele in der

Hansestadt befinden, oder auch für Schifffahrtsunternehmen

aus Griechenland oder Asien könnte Hamburg jetzt in den Fo-

kus für ihre künftigen Europazentralen rücken.

Präses Fritz Horst Melsheimer

Was der Brexit für

Hamburg bedeutet

Die HW gibt es auch als App für Tablet-PCs

und Smartphones. Die Onlineausgabe finden

Sie unter

www.hamburger-wirtschaft.de

,

das Internetangebot der Handelskammer

unter

www.hk24.de

„Die Verhandler in Brüssel

und London müssen jetzt

klare Verhältnisse schaffen“

FRITZ HORST MELSHEIMER

Präses der Handelskammer Hamburg

FOTO: CHRISTIAN STELLING