AUGUST/SEPTEMBER 2021

HAMBURGER WIRTSCHAFT 16 FOTOS: PR BUNDESTAGS WAHL 2. Handels-, Technologie-, Finanz- oder Energiepolitik werden vermehrt als Mittel zur Erreichung geopolitischer Ziele von Staaten eingesetzt. Wie will Ihre Partei hierauf reagieren? Aydan Özoğuz (SPD) Deutschlands Wohl­ stand ist auch abhängig vom globalen Austausch. Wir wollen daher mit unseren multilateralen Partnern eng verbunden sein. In einer von geopolitischen Inte­ ressen geprägten globalen Ökonomie muss die EU ihre Interessen und Werte schützen und wohlfahrtstaatliche Modelle verteidigen. Ein nach innen geschlossenes und nach außen handlungsfähiges Europa kann globale Standards setzen, Schlüsselindustrien und kritische Infrastruktur schützen sowie eigene, vor allem digitale Kapazitäten aufbauen. Ein souveränes Europa muss mit seinemWertefundament Vorbild sein und au­ toritären Regierungen eine starke Stimme entgegensetzen. Żaklin Nastić (Die Linke) Wir befürworten faire Handelsabkommen, die auf beiderseitigen Nutzen ausgerichtet sind, die die staat­ liche Souveränität über den eigenen Entwicklungsweg nicht un­ terminieren, sondern Raum lassen für eine aktive Investitions- und Förderpolitik und hohe soziale, arbeitsrechtliche und öko­ logische Standards setzen. Wirtschaftssanktionen als Instrument, geopolitische Interessen durchzusetzen, lehnen wir ab. Sie ziehen vor allem die Bevölkerung des betroffenen Landes in Mitleidenschaft. Auch Sanktionsspiralen zwischen hoch entwickelten Volkswirtschaften (EU, USA, China) haben weltweite Implikationen und sind abzulehnen. Michael Kruse (FDP) In der Handelspolitik muss die EU konsequent neue Freihandelsabkommen mit möglichst vie­ len Regionen der Erde vorantreiben und damit auch den Drei­ klang Marktwirtschaft, Rechtsstaat und Demokratie zum Stan­ dard machen. Freihandel ist der beste Weg, um für diese Werte zu werben. Besonders bei digitalen Technologien müssen wir aufholen, zumBeispiel bei Data Science, Künstlicher Intelligenz, Quantencomputing und anderen Technologien der Zukunft. Wir stehen klar für den Stabilitäts- und Wachstumspakt des Euro, denn wer zu stark verschuldet ist, wird leicht zum Opfer von äußeren Einflussnahmen. Dr. Bernd Baumann (AfD) Außen - und Wi r t ­ schaftspolitik muss sich an nationalen Interes­ sen orientieren. Die AfD tritt für freien Handel, die Aufhebung der EU- Sanktionen und den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland ein. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Gas­ leitung Nord Stream 2 halten wir für unverzichtbar. Auch China gewinnt für Deutschland vor allem als Handelspartner an Bedeutung. Fairer Handel setzt jedoch eine Angleichung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen voraus. Ein weiterer Ausverkauf deutscher beziehungsweise europäischer Technologiemuss verhindert werden. Dr. Christoph Ploß (CDU) Deutschland sollte eine erkennbar von deut­ schen Interessen geleitete außenpolitische Agenda schaffen, die wirtschaftliche Interessen mit europäischen Werten wie Demo­ kratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit kombiniert. Die deutsche Rohstoffstrategie oder die Auszahlung von Ent­ wicklungshilfe sollten daher an den Aufbau nachhaltiger und demokratischer Strukturen geknüpft werden. Diese Strategie kommt auch den Menschen in rohstoffreichen Staaten zugute: Sie werden nicht ausgeplündert, sondern sind Partner auf Augenhöhe. Katharina Beck (Grüne) Wir agieren mit klarem Ziel, anstatt zu reagie­ ren. Handels-, Technologie-, Finanz- und Ener­ giepolitik nutzen wir, um die sozial-ökologische Zukunft in Deutschland und Europa zum leitenden Modell der Welt auszu­ bauen. Handelsverträge koppeln wir an Bedingungen, unser Pakt mit der Wirtschaft hilft klimaneutralen Technologien schnell zum Erfolg, finanzpolitisch beenden wir die Blockade­ haltung Deutschlands unter anderem bei Steuervermeidung. Ein energiepolitisches Beispiel ist die Gaspipeline Nord Stream 2, die wir explizit auch aus geopolitischen Gründen ablehnen.

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