HAMBURGER WIRTSCHAFT 09/ 16
IM FOKUS
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HANDEL
ILLUSTRATION: ANTON HALLMANN /SEPIA
Mehr als digital
Gründer nutzen zum Verkauf ihrer Produkte längst nicht nur
das Internet. Die HW stellt drei Unternehmer vor, die auf ungewöhnliche
Ladenkonzepte und regionale Waren setzen.
F
ast alles kann man mit nur wenigen
Klicks online kaufen. Die räumliche
Nähe zwischen Händler und Kunde
müsste daher beim Einkaufen eigentlich
keine Rolle mehr spielen. Doch es gibt ei-
ne Art Gegentrend: Einige Jungunterneh-
mer setzen vor allem auf die persönliche
Beratung und Produkte aus der Region.
So wie Maren Bergholz, Inhaberin der
Genießerei Hamburg. „Die Kunden wollen
beraten werden. Sie wollen das Einkaufs
erlebnis“, sagt sie. Seit April bietet Berg-
holz in dem kleinen Laden am Eppendor-
fer Weg unter anderem Mode und Home-
Accessoires an und betreibt zudem ein
Café mit wechselndem Mittagssnack.
Die Produkte, die sie verkauft oder
verarbeitet, wählt sie sorgfältig aus. „Un-
ser Publikum ist sehr anspruchsvoll. Es
möchte wissen, woher die Produkte kom-
men“, erklärt Bergholz. So serviert sie zum
Beispiel Tee von Samova, auf den sie durch
einen Bericht in der HW gestoßen ist.
Und manchmal muss sie gar nicht ak-
tiv nach Herstellern suchen. „Ich erlebe es
häufig, dass mich lokale Designer hier im
Laden ansprechen, ob ich ihre Produkte
verkaufen möchte. Der Laden füllt sich so
mit persönlichen Geschichten“, erzählt die
Tanzlehrerin, die nach Ladenschluss im
hinteren Verkaufsraum private Tanzstun-
den gibt.
Auf Produkte aus der Region und da-
mit auf kurze Lieferwege setzt auch Georg
Neubauer, Geschäftsführer der blattfrisch
GmbH. Aus Biolebensmitteln stellt er ver-
zehrfertige Mahlzeiten her. „Wir wissen
genau, woher unsere Produkte kommen –
vom Acker bis auf den Teller“, sagt der Be-
triebswirt und ergänzt: „Wir möchten zei-
gen, welche hochwertigen Produkte es
auch in unserer Region gibt.“
Ein eigenes Geschäft hat Neubauer,
der zuvor im Bereich Windenergie tätig
war, allerdings nicht. Die Salate, die er seit
April 2015 in Eilbek zubereitet, sind statt-
dessen zwischen Kiel und Osnabrück im
Einzel- und Großhandel zu finden. Sein
Unternehmen nutzt die Kühl- und Lager-
räume einer ehemaligen Metzgerei für die
Verarbeitung; die früheren Verkaufsräume
wurden zu Büros umgebaut.
Dort sitzen nicht nur Neubauer und
seine sieben Mitarbeiter. Einige Schreib
tische hat er anderen Jungunternehmern
vermietet. „Wir alle waren vorher in großen
Konzernen tätig und machen jetzt etwas
mit Essen. Wir inspirieren uns hier gegen-
seitig“, erzählt er.
Ganz andere Mitarbeiterzahlen kann
Nadine Masuhr vorweisen. 2010 hat die
Bergedorferin alles-fuer-selbermacher ge-
gründet. In ihrem Onlineshop sowie in
ihrem Lager in Bergedorf bietet sie alles
rund ums Nähen an – sogar eigene Stoffe.
Inzwischen hat sie 70 Beschäftigte.
Im März hat Masuhr in Harburg ihr
erstes Geschäft eröffnet. Durch die Verklei-
nerung der benachbarten Videothek sind
am Sand Räume frei geworden. „Ich wollte
den Laden unbedingt ausprobieren. Die
Kunden geben mir ein sehr positives Feed-
back“, resümiert sie nach einem knappen
halben Jahr. Was für sie dabei die größte
Herausforderung war? Gutes Personal zu
finden! „Ich möchte, dass der Kunde glück-
lich aus dem Laden geht“, betont sie.
Ihre wichtigsten Kunden seien Mütter.
„In meinem Laden gibt es daher eine Sitz-
und Spielecke für Männer und Kinder, da-
mit die Frauen ungestört einkaufen kön-
nen“, sagt Masuhr, die vor der Selbststän-
digkeit in den Videotheken ihrer Familie
gearbeitet hat.
Ursprünglich wollte sie mit dem On-
lineshop neben der Kindererziehung nur