hamburger
wirtschaft
02/2016
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Ed i t o r i a l
Fritz Horst Melsheimer
Präses der Handelskammer Hamburg
H
amburg ist einer der erfolgreichsten
Wirtschaftsstandorte in Europa. Das
Fundament dieses Erfolgs ist eine große
Branchenvielfalt, gestützt auf einen starken
industriellen Kern, der mehr Umsatz produ-
ziert als irgendwo sonst in Deutschland.
Neben industriellen „Hightech-Unternehmen“
wie Airbus, Lufthansa Technik oder NXP ist
dabei auch die sogenannte Grundstoff
industrie stark vertreten, also zum Beispiel
Aluminium, Kupfer und Stahl. Deren Werke
befinden sich teilweise nur wenige Kilometer
von der Innenstadt entfernt.
Grund genug also für folgende Fragen: Was
halten die Hamburger von „ihrer“ Industrie?
Wissen sie um ihre Bedeutung? Kennen sie
die wichtigsten Unternehmen? Diese Fragen
wurden in einer repräsentativen Umfrage
gestellt, die gemeinsam von den Trägern des
Masterplans Industrie in Auftrag gegeben
wurde, also von der Behörde für Wirtschaft,
Verkehr und Innovation, dem DGB Nord, dem
Industrieverband und unserer Handelskammer.
Die Umfrageergebnisse sind zunächst einmal
erfreulich: Drei Viertel der Befragten sind der
Meinung, dass die Industrie eine wichtige bis
unverzichtbare Rolle für die Zukunft unserer
Stadt spielt. Mehr als die Hälfte verbindet
mit der Industrie zudem neutrale bis positive
Begriffe. Nur elf Prozent denken intuitiv eher
an etwas Negatives. 38 Prozent haben spontan
keine konkreten Gedanken oder Emotionen.
Dieses grundsätzlich positive Stimmungsbild
hätte auch anders ausfallen können! Und
dennoch: Sich damit zufriedenzugeben,
wäre zu kurz gesprungen. Das zeigen einige
andere Umfrageergebnisse: Je näher sich
Industrieunternehmen befinden, desto
geringer wird die Zustimmung. Weniger als
ein Drittel der Befragten sind bereit, Beein-
trächtigungen durch Industriebetriebe in Kauf
zu nehmen. Bei Geräuschen und Gerüchen
trifft dies sogar nur auf 25 beziehungsweise
19 Prozent zu.
Zugegeben, diese Punkte sind im Kern schwer
zu ändern. Kaum jemand möchte einen
großen Industriebetrieb vor seiner eigenen Tür,
möchte durch Geruch, Lärm oder Ähnliches
beeinträchtigt werden. Dennoch scheint es
„Luft nach oben“ zu geben. Denn: Je größer
das Interesse an Industriethemen oder das
Wissen über Industriebetriebe in der Stadt ist,
desto positiver fällt das Bild der Befragten aus.
Deutlich zeigte sich auch, dass in Stadtteilen
mit mehr Industrie oder industrieller Tradition
wie Harburg oder Altona die Akzeptanz größer
ist als in anderen Stadtteilen. Aber: Nur knapp
jeder Dritte ist zufrieden mit den Industrie
betrieben in Sachen Information, Transparenz
und einem „offenen Ohr für die Belange der
Bürger“. Gleichzeitig wünschen sich das aber
über 80 Prozent.
Unsere Handelskammer hat dieses Signal
verstanden. Denn auch wenn Hamburg zum
Beispiel mit der „Langen Nacht der Industrie“
oder dem „Tag der Technik“, bei denen sich
die Unternehmen für die Bevölkerung öffnen,
bundesweit Maßstäbe gesetzt hat – es gibt
offensichtlich Verbesserungspotenzial.
Daher haben wir mit unseren Partnern unter
dem Dach des Masterplans Industrie eine
AG Akzeptanz eingesetzt, die unter Einbe
ziehung der Unternehmen an weiteren Maß-
nahmen arbeitet, um den Hamburgern ihre
Industrie noch näherzubringen. Auf „frucht-
baren Boden“ können wir dabei bauen!
„Drei Viertel der Befragten sind
der Meinung, dass die Industrie
eine wichtige bis unverzicht
bare Rolle für die Zukunft
unserer Stadt spielt“
Industrie
Grundsätzlich akzeptiert!
Foto: Christian Stelling