HAMBURGER WIRTSCHAFT 09 / 16
BÜCHER
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BÜCHER
Lyrik
Nichts als die Wahrheit
Ehrlich währt bekanntlich am längsten. Und so hat Andreas
Greve einfach mal – in Reimform – aufgeschrieben, was er über
seine Heimatstadt wirklich denkt. Zur HafenCity schreibt er:
„Da, wo früher fremde Güter zünftig umgeschlagen wurden,
frönt man heute dem Absurden: nagelneue Ladenhüter.“ Und zu
Harburg heißt es unter anderem: „Manchmal macht ein Konso-
nant weltbe- zu fast unbekannt: Hamburgs M ersetzt durch R –
schon ist man nur irgendwer.“ Großflächig illustriert wurde der Band vom Cartoonisten Til
Mette und dem Gestalter Michel Löwenherz. 55 Stadtteilen widmen sie je eine Doppelseite.
Wobei, so viel Platz brauchen sie meist gar nicht, um ihre Gedanken in Wort und Bild aufs
Papier zu bringen. Für Lurup reichen zum Beispiel sechs Häuser, ein Paar Bäume und zwei
Zeilen Text: „In Lurup steht so manches Haus, das sieht so wie das andre aus.“
Andreas Greve, Til Mette, Michel Löwenherz: „Dichter an Hamburg. Reim-Reportagen“;
KJM Buchverlag; Hamburg 2016; 120 Seiten; 20 Euro
Stadtgeschichten
Oh du schöne
Hansestadt
Alster, Rathaus, Jung-
fernstieg: Beim ersten
Blick aufs Cover deutet
alles auf einen klassi-
schen Stadtführer hin.
Wie gesagt: beim ersten Blick. Denn Karin
Baron, die seit 25 Jahren in Hamburg lebt,
hakt nicht einfach nur Sehenswürdigkeit
für Sehenswürdigkeit in voneinander un-
abhängigen Texten ab. Sie nimmt die Le-
ser stattdessen mit auf Spaziergänge. Und
die führen sie in die unterschiedlichsten
Ecken der Stadt – vom Bismarckstein im
Westen bis zur Billerhuder Insel im Osten.
Sie bummelt über den Isemarkt, geht zum
Mondschein-Picknick ins Planetarium und
läuft auf dem Elbwanderweg von Blanke-
nese nach Övelgönne. Und dabei lernen
selbst Einheimische noch einiges über
„ihre“ Stadt. In den 26 Reportagen in die-
sem handlichen Büchlein kommen nämlich
auch historische Fakten nicht zu kurz.
Karin Baron: „Wo Hamburg am schönsten
ist“; Ellert & Richter Verlag GmbH;
Hamburg 2016; 184 Seiten; 9,95 Euro
Musikclub
Ein guter Mix
Madsen gaben sich
als letzte die Ehre.
Oder sie hatten die
Ehre. Es kommt eben
ganz auf den Blick-
winkel an. Die Indie-
Rock-Band aus dem Wendland spielte am
14. Dezember 2013 im „alten“ Molotow.
Doch plötzlich war an diesem Abend alles
vorbei. Nach 23 Jahren musste der Club
den Keller der baufälligen Esso-Häuser
schlagartig räumen. Am Nobistor fand er
im September 2014 eine neue Heimat. Im
Molotow haben sie alle schon gespielt: Die
Toten Hosen, The White Stripes, Mando
Diao, Billy Talent, Maximo Park, The Wom-
bats, Jupiter Jones. Diese Liste könnte man
unendlich fortführen. Sebastian Meißner hat
rund 300 Bilder zusammengetragen und
blickt auf ein Vierteljahrhundert Konzerte
zurück. Es kommen zudem Musiker zu Wort.
So beschreiben Sportfreunde Stiller, wie sie
1999 durch ein Konzert im Molotow über-
haupt erst ihren Plattenvertrag bekamen.
Sebastian Meißner: „Molotow“; Junius Ver-
lag; Hamburg 2016; 160 Seiten; 22,90 Euro
Architektur
Schöner Wohnen
Ihre Aufgabe ist es, öffentliche
Gebäude oder die Traumhäu-
ser ihrer Kunden zu entwerfen.
Doch wie wohnt eigentlich ein
Architekt? Die Autoren dieses
Buchs haben sich 80 private
Domizile von 62 Hamburger
Architekten genauer ange-
schaut. 850 Fotos und Pläne
haben sie dafür zusammenge-
tragen. Damit decken sie 100
Jahre Baugeschichte ab – an-
gefangen bei Martin Haller, der
unter anderem das Afrikahaus
entworfen hat, über Max Bach,
den Architekten des Miramar-
Hauses, bis hin zu Meinhard
von Gerkan. Von ihm stammt
beispielsweise der Hamburger
Flughafen. Einer der Architek-
ten, dessen Werke bis heute
Touristen anziehen, ist Ludwig
Raabe. Ihm haben wir die Lan-
dungsbrücken und den Ein-
gang des Alten Elbtunnels zu
verdanken. Er selbst wohnte in
einem dreistöckigen Haus mit
Erker und Fachwerkelementen
in Groß Flottbek. Das 1903
entstandene Gebäude steht
bis heute im Papenkamp.
Hans Bunge, Hartmut Frank,
Gert Kähler, Ullrich Schwarz:
„Der Architekt als Bauherr.
Hamburger Baumeister und ihr
Wohnhaus“; Dölling und Galitz
Verlag; München/Hamburg
2016; 408 Seiten; 49,90 Euro