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HAMBURGER WIRTSCHAFT 07 / 16
MÄRKTE
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Anders vergeben
Die Reform des Vergaberechts bringt zahlreiche Änderungen mit sich.
Die HW zeigt, worauf Unternehmer künftig achten müssen.
D
er Gesetzgeber hat das Recht im
Bereich der EU-weit ausschrei-
bungspflichtigen Vergaben neu
strukturiert. So finden sich im vierten
Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbs
beschränkungen (GWB) nun umfassen-
dere Regelungen zum Vergaberecht, vor
allem auch zum Ablauf der Verfahren.
Die Vergabeverordnung (VgV) wurde um
die Vorschriften der Vergabe- und Ver-
tragsordnung für Leistungen (VOL/A) er-
gänzt; die Vergabe- und Vertragsordnung
für freiberufliche Leistungen (VOF) hat
man aufgehoben. Der Baubereich dage-
gen bleibt bei seiner Struktur im Rah-
men der Vergabe- und Vertragsordnung.
Durch diese Reform sollen Vergabe-
verfahren vereinfacht werden. Des Wei-
teren sollen kleine und mittlere Unter-
nehmen einen besseren Zugang zu öf-
fentlichen Aufträgen erhalten.
Unter anderem Folgendes hat sich
verändert: Das offene und nichtoffene
Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnah-
mewettbewerb sind nun grundsätzlich
gleichgestellt. Zudem steht öffentlichen
Auftraggebern mit der Innovationspart-
nerschaft ein Verfahren zur Förderung
neuartiger Lösungen zur Verfügung. Bei
Auftragsvergaben spielen künftig die Le-
benszykluskosten ebenfalls eine Rolle.
So soll dem Preis als allein entscheiden-
des Kriterium für den Zuschlag eine ge-
ringere Bedeutung zuteilwerden.
Wichtig für alle Beteiligten ist die
Digitalisierung der Vergabeverfahren:
Die E-Vergabe wird in drei Stufen einge-
führt. Spätestens ab Oktober 2018 müs-
sen alle Vergabestellen ihre Verfahren
elektronisch durchführen.
Hamburg, Deutschland und die Welt
MÄRKTE
Grundlage für die Reform des deut-
schen Rechts war das EU-Vergabepaket.
Die EU-Kommission hat dabei auch so
ziale und ökologische Aspekte in den Fo-
kus gerückt. Der deutsche Gesetzgeber
hat strikt auf die Auftragsbezogenheit
geachtet und teilweise Kontrollmöglich-
keiten ins Gesetz aufgenommen, um die
Einhaltung dieser Aspekte zu prüfen.
Das soll die zum Teil umfassenden
Regelungen in den Vergabegesetzen der
Länder beschränken. Denn diese könn-
ten dazu führen, dass sich Firmen nicht
mehr an öffentlichen Aufträgen beteili-
gen, weil der bürokratische Aufwand
zum Nachweis der Einhaltung sozialer
und ökologischer Aspekte zu groß ist.
Um den bürokratischen Aufwand
gering zu halten, ist die Präqualifizie-
rung weiter möglich. Die EU hat dazu
die Einheitliche Europäische Eigener-
klärung (EEE) eingeführt. Darüber doku-
mentieren öffentliche Auftraggeber, wel-
che Nachweise sie von Bietern erwarten.
Die Vergabeverordnung sieht vor,
dass die IHKs ein Verzeichnis über Fir-
men im Liefer- und Dienstleistungsbe-
reich führen, deren Nachweise geprüft
wurden. Ein Eintrag in dem Verzeichnis
hat zur Folge, dass die Eignung des Un-
ternehmens vermutet wird. Sie darf nur
in Ausnahmefällen von der Vergabestelle
angezweifelt werden. Zur Bekämpfung
von Wirtschaftskriminalität ist ferner
ein Gesetz zu einem bundesweiten Ver-
gabeausschlussregister geplant.
Maren Semisch
maren.semisch@hk24.deTelefon 36138-265
Die Auftragsberatungsstelle
Die Handelskammer berät seit 1952
in der Auftragsberatungsstelle Firmen,
die bei öffentlichen Aufträgen mitbieten
wollen. Neben einer kostenlosen Erst-
beratung durch Rechtsanwälte bietet
die Auftragsberatungsstelle Unterneh-
men eine Präqualifizierung für Liefer-
und Dienstleistungsaufträge (PQ-VOL)
an. Neben den Bietern werden auch
Beschaffer bei Fragen rund um Aus-
schreibungen beraten. Weiteres zum
Angebot der Auftragsberatungsstelle
finden Sie unter
www.abst.hamburg
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