HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 16
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Dokumenten kommt die virtuelle Welt
den realen Verhältnissen ziemlich nahe.
Reize wie Freude, Überraschung und
Herausforderung sorgen zudem dafür,
dass das eigentlich ernste Thema mit ei
nem Spaßfaktor versehen ist. Insgesamt
wurde „SmartPort“ bereits von mehr als
70000 Mitarbeitern gespielt.
Der Einsatz der Spiele kennt kaum
Grenzen. „Serious Games lassen sich
überall dort nutzen, wo eine Interaktion
mit der Umwelt mithilfe technischer
Hilfsmittel erfolgt oder eine physische
Interaktion nicht notwendig ist“, erklärt
Boris Tolg, Professor für Informatik und
Mathematik an der Hochschule für An
gewandte Wissenschaften Hamburg.
Genutzt wurden Serious Games ur
sprünglich im Bildungsbereich. „Digital
Learning“ ist hier das Stichwort. Mittler
weile sind Simulatoren, wie man sie von
der Pilotenausbildung kennt, aber auch
im Gesundheitsbereich im Einsatz. Als
Beispiele nennt Tolg Programme, die es
angehenden Medizinern ermöglichen, die
Behandlungen zu üben (siehe Seite 16).
Oder Spiele aus der Psychologie, mit de
nen Phobien behandelt werden.
Ann-Katrin Raudszus
annkatrin.raudszus@hk24.deTelefon 36138-563
MONTAGE: THOMAS WEBER-UDE; FOTO: ULRICH PERREY; ILLUSTRATION: RANJ SERIOUS GAMES
„Wir haben uns mal mit einem Spiel
befasst, bei dem es um die Aufklärung
über den Umgang mit Diabetes ging“,
erinnert sich DAEDALIC-Chef Carsten
Fichtelmann. „Leider hatten weder Ver
sicherungen, Krankenkassen, Schulein
richtungen noch das Bundesgesundheits
ministerium Lust, es zu finanzieren.“ Er
glaubt, dass Vorurteile aufgrund gewalt
verherrlichender Spiele Grund für dieses
Desinteresse sind. „Bei vielen Entschei
dungsträgern gibt es Berührungsängste,
obwohl Spiele längst in der Mitte der Ge
sellschaft angekommen sind“, sagt er.
Dass Spiele in ihrer Erzählstruktur,
bei den Effekten, dem Produktionsauf
wand und dem Budget vergleichbar sind
mit Kinofilmen, ist für Branchenfremde
ebenfalls schwer nachvollziehbar. „Man
che Firmen fragen nach Spielen in der
Qualität von ‚World of Warcraft‘, können
dann aber nur 50000 Euro aufbringen“,
erzählt Fichtelmann. „Für solche Spiele
benötigt man aber eher 50 Millionen.“
Geld, das sich in der eindrucksvollen
Optik, detailverliebten Schauplätzen und
der Geschwindigkeit des Spielverlaufs
widerspiegelt. „Die Crux ist, dass sich Se
rious Games auch an Leute richten,
die spielen. Das heißt, wenn die Qualität
der Spiele totaler Mist ist, dann sinkt die
Motivation, zu spielen“, so Fichtelmann.
Auch in der Werbung haben Serious
Games ihren Nutzen – solange sie richtig
eingesetzt werden. Die Moorhuhnjagd in
den 1990er-Jahren ist wohl eines der be
kanntesten Werbespiele, obwohl sich an
die werbetreibende Whisky-Marke John
nie Walker nur wenige erinnern.
Dennoch gibt es insbesondere in der
Lebensmittelbranche viele Beispiele für
kostenlose Browser Games. Ganz vorne
mit dabei sind Produkte für Kinder wie
Leibniz-Kekse, Überraschungseier und
Capri Sonne. Aber auch Biermarken und
Sportartikelhersteller setzen auf die digi
tale Vermarktung.
Adver-Games werden nur für einen
Werbekunden entwickelt; Story und Kon
zept werden auf die Marke abgestimmt.
Beim In-Game Advertising hingegen wer
den Werbeflächen ins Spiel integriert.
Letzteres funktioniert besonders gut in
Realwelt-Spielen, beispielsweise durch
Werbebanden in Sportspielen.
Das Spiel „Die Sims“ ist ebenso ein
Klassiker. Der Reiz besteht darin, eine
Welt für die Einwohner von Sim City zu
erschaffen. Dazu gehört es, Häuser zu
bauen, Freundschaften zu schließen und
Geld zu verdienen, um Möbel, Essen und
Spielzeug zu kaufen. Vielleicht von Ikea,
McDonald’s oder Toys”R”Us?
Was im Fernsehen Schleichwerbung
wäre, ist in Computerspielen teilweise ge
wollt. „Studien haben gezeigt, dass Mar
ken in Realwelt-Spielen von den Spielern
erwünscht sind, weil dies den Realismus
steigert“, sagt Sebastian Wendrich, CEO
der Softwareentwicklungsfirma elblabs.
Neben statischer Werbung, die wäh
rend des ganzen Spiels integriert ist, gibt
es eine dynamische Form des In-Game
Advertisings. Anhand der IP-Adresse wird
regional passende Werbung geschaltet.
„Es gibt spannende Ansätze“, betont
Wendrich. „Bis wir aber flächendeckend
Markenintegration in Spielen sehen, wird
sicher noch einige Zeit vergehen.“
Beim Produktionsaufwand sind
gute Spiele mit Filmen vergleichbar
Werbung in Spielen wird von
den Spielern teils gewünscht
Durch sein Spiel „Sharkworld“ lernen
angehende Projektmanager ihre Arbeit
kennen: Herbert Frick, Geschäftsführer
der Ranj Serious Games GmbH