Previous Page  17 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 17 / 80 Next Page
Page Background

Ann-Katrin Raudszus

annkatrin.raudszus@hk24.de

Telefon 36138-563

HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 16 

TITEL

17

ningssimulatoren überhaupt herstellen

zu können?

Das ist ein langer Lernprozess. Des­

halb ist es kein Zufall, dass unsere Büros

sich auf dem Gelände des UKE befinden.

Insbesondere in der Anfangsphase eines

neuen Projekts tauschen wir uns regel­

mäßig mit den Medizinern aus. Nur sie

können beurteilen, ob sich eine Simula­

tion richtig anfühlt und ob sie echt aus­

sieht. Dennoch treffen hier zwei Welten

aufeinander. Wir müssen immer wieder

nachfragen und zum Teil selbst mit in

den OP, um einen Eingriff bestmöglich

zu verstehen.

Wie wird sich das computerbasierte Ler-

nen Ihrer Meinung nach weiterentwi-

ckeln?

Es wird auf jeden Fall an Bedeutung

gewinnen. Der Wunsch nach einer gewis­

sen Standardisierung der Facharztausbil­

dung und besseren Vergleichbarkeit von

Ergebnissen sind wesentliche Gründe für

diesen Trend. Und langfristig hat es Kos­

tenvorteile, denn auch das Arbeiten an

Präparaten ist nicht kostenlos und erfor­

dert eine gute Infrastruktur. Nicht zuletzt

sind wir gerade an einem Punkt, an dem

das Thema Virtual Reality sehr gehypt

wird und aufgrund des technischen Fort­

schritts sehr viel möglich wird.

überhaupt richtig bohren und fräsen

lernt oder ob man sich diese Dinge mög­

licherweise völlig falsch aneignet. Wir als

Entwickler können diese Frage nicht un­

abhängig beantworten. Zum Glück sind

viele Kliniken aber daran interessiert,

eigene Validierungsstudien durchzufüh­

ren. Bei diesen Studien nimmt man häu­

fig zwei Gruppen und lässt eine davon am

Simulator üben. Dabei hat sich zum Bei­

spiel gezeigt, dass die Gruppe mit Erfah­

rung am Simulator ihre Fähigkeiten viel

besser einschätzen konnte als die andere.

Bei Operationen an Tieren oder Leichen

wurde bei der Gruppe mit dem Simula­

tortraining zudem eine größere Sicher­

heit nachgewiesen.

Welche Fähigkeiten können mit dem Si-

mulator nicht geübt werden?

Grundsätzlich ist der menschliche

Körper viel komplexer, als wir es mit den

Computerprogrammen darstellen kön­

nen. Wir konzentrieren uns bislang ganz

auf den eigentlichen Eingriff. Das Drum­

herum blenden wir dabei aus. Dazu zählt

unter anderem, dass im Operationssaal

nicht nur der verantwortliche Arzt tätig

ist, sondern auch OP-Schwestern, Anäs­

thesisten et cetera anwesend sind. Diese

Teamarbeit berücksichtigen wir im Mo­

ment noch nicht.

Lernen angehende Ärzte mithilfe des Si-

mulators denn besser als durch das Üben

an einer Leiche?

Operieren an Leichen ist letztendlich

auch nur eine Annäherung an die Reali­

tät. Es fehlen die lebensechten Farben

und im realen Leben sind auch nicht im­

mer Präparate mit den gerade gesuchten

Krankheitsbildern verfügbar. Beim virtu­

ellen Patienten ist das anders. Man kann

die Operation immer wieder üben; der

Verlauf des Eingriffs wird protokolliert

und ausgewertet. Es gibt sogar Bohrkurse

für angehende Hals-Nasen-Ohren-Ärzte,

die einenWettbewerb daraus machen, wer

die meisten Punkte bei der OP am virtuel­

len Ohr bekommt. Das ergänzt den Lern­

prozess noch um einen spielerischen As­

pekt, der sehr motivierend wirkt.

Welches Fachwissen benötigen Sie als

Entwickler eigentlich, um solche Trai-

Dr. Andreas Pommert

(56) ist seit

2008 der Leiter der Arbeitsgruppe

Voxel-Man am Universitätsklinikum

Hamburg-Eppendorf. Der Infor-

matiker hat fast sein gesamtes

Berufsleben am UKE verbracht, wo

er unter anderem an der Entwick-

lung der ersten dreidimensionalen

anatomischen Atlanten beteiligt

war. Pommert ist verheiratet und hat

eine Tochter.

Zur Person

Am Voxel-Man simuliert dieser Student eine

Operation am Mittelohr