Ann-Katrin Raudszus
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HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 16
TITEL
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ningssimulatoren überhaupt herstellen
zu können?
Das ist ein langer Lernprozess. Des
halb ist es kein Zufall, dass unsere Büros
sich auf dem Gelände des UKE befinden.
Insbesondere in der Anfangsphase eines
neuen Projekts tauschen wir uns regel
mäßig mit den Medizinern aus. Nur sie
können beurteilen, ob sich eine Simula
tion richtig anfühlt und ob sie echt aus
sieht. Dennoch treffen hier zwei Welten
aufeinander. Wir müssen immer wieder
nachfragen und zum Teil selbst mit in
den OP, um einen Eingriff bestmöglich
zu verstehen.
Wie wird sich das computerbasierte Ler-
nen Ihrer Meinung nach weiterentwi-
ckeln?
Es wird auf jeden Fall an Bedeutung
gewinnen. Der Wunsch nach einer gewis
sen Standardisierung der Facharztausbil
dung und besseren Vergleichbarkeit von
Ergebnissen sind wesentliche Gründe für
diesen Trend. Und langfristig hat es Kos
tenvorteile, denn auch das Arbeiten an
Präparaten ist nicht kostenlos und erfor
dert eine gute Infrastruktur. Nicht zuletzt
sind wir gerade an einem Punkt, an dem
das Thema Virtual Reality sehr gehypt
wird und aufgrund des technischen Fort
schritts sehr viel möglich wird.
überhaupt richtig bohren und fräsen
lernt oder ob man sich diese Dinge mög
licherweise völlig falsch aneignet. Wir als
Entwickler können diese Frage nicht un
abhängig beantworten. Zum Glück sind
viele Kliniken aber daran interessiert,
eigene Validierungsstudien durchzufüh
ren. Bei diesen Studien nimmt man häu
fig zwei Gruppen und lässt eine davon am
Simulator üben. Dabei hat sich zum Bei
spiel gezeigt, dass die Gruppe mit Erfah
rung am Simulator ihre Fähigkeiten viel
besser einschätzen konnte als die andere.
Bei Operationen an Tieren oder Leichen
wurde bei der Gruppe mit dem Simula
tortraining zudem eine größere Sicher
heit nachgewiesen.
Welche Fähigkeiten können mit dem Si-
mulator nicht geübt werden?
Grundsätzlich ist der menschliche
Körper viel komplexer, als wir es mit den
Computerprogrammen darstellen kön
nen. Wir konzentrieren uns bislang ganz
auf den eigentlichen Eingriff. Das Drum
herum blenden wir dabei aus. Dazu zählt
unter anderem, dass im Operationssaal
nicht nur der verantwortliche Arzt tätig
ist, sondern auch OP-Schwestern, Anäs
thesisten et cetera anwesend sind. Diese
Teamarbeit berücksichtigen wir im Mo
ment noch nicht.
Lernen angehende Ärzte mithilfe des Si-
mulators denn besser als durch das Üben
an einer Leiche?
Operieren an Leichen ist letztendlich
auch nur eine Annäherung an die Reali
tät. Es fehlen die lebensechten Farben
und im realen Leben sind auch nicht im
mer Präparate mit den gerade gesuchten
Krankheitsbildern verfügbar. Beim virtu
ellen Patienten ist das anders. Man kann
die Operation immer wieder üben; der
Verlauf des Eingriffs wird protokolliert
und ausgewertet. Es gibt sogar Bohrkurse
für angehende Hals-Nasen-Ohren-Ärzte,
die einenWettbewerb daraus machen, wer
die meisten Punkte bei der OP am virtuel
len Ohr bekommt. Das ergänzt den Lern
prozess noch um einen spielerischen As
pekt, der sehr motivierend wirkt.
Welches Fachwissen benötigen Sie als
Entwickler eigentlich, um solche Trai-
Dr. Andreas Pommert
(56) ist seit
2008 der Leiter der Arbeitsgruppe
Voxel-Man am Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf. Der Infor-
matiker hat fast sein gesamtes
Berufsleben am UKE verbracht, wo
er unter anderem an der Entwick-
lung der ersten dreidimensionalen
anatomischen Atlanten beteiligt
war. Pommert ist verheiratet und hat
eine Tochter.
Zur Person
Am Voxel-Man simuliert dieser Student eine
Operation am Mittelohr