HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 16
MACHER
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war die elektrische Modelleisenbahn das
Weihnachtsgeschenk Nummer eins. Nicht
selten haben sich Erwachsene und Kin-
der stundenlang gemeinsam an der klei-
nen Dampflok erfreut, die unterm Christ-
baum ihre Runden drehte.
Bei solch einer beschaulichen Szene-
rie können Smartphones eigentlich nicht
mithalten. Und trotzdem stirbt das Hob-
by Modelleisenbahnbau aus. „Man sieht
es auf den Katalogbildern“, betont Hesse.
„Der typische Kunde ist ein älterer Herr
über 60 mit Goldrandbrille. Selten kommt
noch ein junger Neukunde hinzu.“
Auch ihre Leidenschaft für die Bah-
nen hat ein Mann geweckt: Ihr Partner
Uwe brachte das Hobby mit in die Ehe.
„Mein verstorbener Mann hat in seiner
FOTOS: MICHAEL ZAPF
Für ihre Modelleisenbahnen hat
Martina Hesse Abnehmer auf der
ganzen Welt. Es ist vor allem
die Treue ihrer Kunden, die ihre
geschäftliche Existenz sichert.
Nostalgie
pur
G
ut gelaunt füllt Martina Hesse
ihren Kaffeebecher. Seit einer hal-
ben Stunde hat ihr Fachgeschäft
für Modellbahnen in Eilbek geöffnet. Und
während ihre Mitarbeiter noch Bestellun-
gen verpacken und die neue Ware einräu-
men, kommen die ersten Kunden.
„Manchmal werde ich nach dem Chef
gefragt“, erzählt die 61-Jährige schmun-
zelnd. Eine Frau – das ist unter den Mo-
delleisenbahn-Fans eher ungewöhnlich.
Doch sie nimmt so etwas gelassen. Dafür
ist sie auch schon zu lange im Geschäft.
Um genau zu sein seit 39 Jahren.
„Wir sind ein Vollsortimenter“, sagt
Hesse. „Bei uns können die Kunden nicht
nur Loks und Gleise kaufen, sondern al-
les, was sonst noch dazu gehört – von Au-
tos über Grünzeug und Schotter bis hin
zum Klebstoff.“ Es sind Produkte, die
Kinderherzen lange haben höher schla-
gen lassen. Über Generationen hinweg
Der Zufall führte das Ehepaar
Hesse in die Selbstständigkeit
Freizeit gerne Modellbahnen gebaut und
ich habe eben mitgemacht“, erzählt sie.
Mehr oder weniger zufällig wurde daraus
dann für beide ein Beruf.
Vom Sauerland aus sind die Eheleute
nach Hamburg gezogen. Und eigentlich
wollten beide weiter nach Lübeck. „Dort
hatte mein Mann einen Job im Labor in
einem neuen Stahlwerk angeboten be
kommen“, erinnert sich Hesse. „Doch das
Werk war schon Konkurs, bevor es über-
haupt eröffnet wurde.“
Da bot ihr der Modellbahnhändler
ihres Vertrauens in seinem Geschäft eine
Stelle an. Wenig später folgte Uwe Hesse
und übernahm die Leitung einer zweiten
Filiale. Motiviert durch das positive Feed-
back der Kunden, machte sich das Paar
im Sommer 1984 selbstständig.
Ihre Stammkunden in Europa, Russ-
land, Abu Dhabi und Australien hat Mar-
tina Hesse in erster Linie durch Mund-