Sollte sich ein Unternehmen in der Öffentlichkeit politisch positionieren?

Marc Opelt, Vorsitzender Bereichsvorstand OTTO, und Joy-Patrick Vellguth, Geschäftsführender Gesellschafter DAHLER & COMPANY Hamburg Alster-Ost, antworten kontrovers in der Rubrik „Pro & Kontra“.
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Von Frank Schlatermund, 13. März 2024 (HW 2/2024)

PRO

Sich herauszuhalten, ist keine Option.

Marc Opelt (61), Vorsitzender Bereichsvorstand OTTO
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Andreas Sibler
 

Politische Positionierung bedeutet für uns nicht parteipolitische Positionierung. Sie bedeutet zuvorderst die Verantwortungsübernahme in gesellschaftspolitischen Diskursen und ein klares Bekenntnis zur Verfassung und der demokratischen Grundordnung. Sich aus gesellschaftspolitischen Diskussionen herauszuhalten, ist für mich keine Option.

Im Gegenteil: Als Unternehmen sind wir Teil der Gesellschaft und tragen die Verantwortung, diese aktiv mitzugestalten. Mit dem „Code of Ethics“ der Otto Group haben wir hierfür einen klaren Wertekompass. Vielfalt und die Gleichberechtigung aller Menschen etwa, egal, woher sie kommen, wer sie sind und wen sie lieben, sind als Werte tief in unserer Unternehmenskultur bei OTTO verwurzelt.

Und gleichzeitig sind sie per Grundgesetz auch ein elementarer Pfeiler der Gesellschaft, in der wir leben und leben wollen. Dafür setzen wir uns ein – intern wie extern. Denn eine glaubwürdige gesellschaftspolitische Positionierung ist aus meiner Sicht nur dann möglich, wenn Unternehmen auch intern die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen fördern.

Eine wichtige Rolle kommt hier unseren fünf Diversity-Netzwerken zu. Wir fördern unser queeres Netzwerk MORE*, unser Fe*Male Network PLAN F sowie das Cross-Generation-Netzwerk #experienced, unser Väternetzwerk und unser antiRacism-Netzwerk.

All diese Netzwerke sind auf Eigeninitiative von Mitarbeitenden entstanden. OTTO unterstützt die Netzwerke finanziell sowie strukturell mit einem Diversity&Inclusion-Team, das sich hauptberuflich um diese Themen kümmert. Die Netzwerke fördern Diskussion im Unternehmen, aber zeigen auch: In der Sache stehen wir zusammen – für Vielfalt und gegen Ausgrenzung. Diese Position wollen und müssen wir nach außen vertreten. Heute mehr denn je.


KONTRA

Wir positionieren uns nicht politisch.

Joy-Patrick Vellguth (54), Geschäftsführender Gesellschafter DAHLER & COMPANY Hamburg Alster-Ost
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Herbert Ohge
 

Es entspricht dem heutigen Zeitgeist, zu allem eine Meinung zu haben und diese auch öffentlich kundzutun. Vor allem von größeren Unternehmen wird fast schon erwartet, dass sie politisch Stellung beziehen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil, wir alle können uns freuen, in einem Land leben zu dürfen, in dem Meinungsfreiheit im Grundgesetz verankert ist.

Wir von DAHLER allerdings sehen unsere Aufgabe eher darin, uns auf das Vermittlungsgeschäft hochwertiger Immobilien zu fokussieren. Es entspricht nicht unserer Unternehmensphilosophie, uns in irgendeiner Weise zu jeglichen Themen, die nichts mit unserem Kerngeschäft zu tun haben, öffentlich zu äußern. Aber das dürfte für die meisten Firmen der Dienstleistungsbranche gelten.

Wir von DAHLER positionieren uns nicht politisch. Allerdings distanzieren wir uns ganz klar von jeder Form von Extremismus, aber das ist auch schon das einzige Statement, das wir in dieser Hinsicht abgeben. Wir haben gewisse Werte, nach denen wir arbeiten, für die wir einstehen und auf die sich unsere Kunden verlassen können. Gemeint sind Ehrlichkeit, Wertschätzung, Verantwortung und Professionalität. Das ist unsere Haltung, die wir auch nach außen vertreten.

In der Kommunikation mit unseren Kunden, im täglichen Austausch, treffen wir auf eine breite Zielgruppe mit entsprechend vielfältigen Einstellungen zu den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Belangen. Dem müssen wir Rechnung tragen, indem wir uns neutral verhalten, wenngleich auch hier gilt, bei Äußerungen, die unseren eigenen Werten widerstreben, Haltung zu zeigen.

Dürfen Mitarbeitende ihre politischen Ansichten auch am Arbeitsplatz kundtun? Ja, sie dürfen. Die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit gilt auch dort. Allein wegen einer bestimmten politischen Gesinnung darf niemandem gekündigt werden. Anders sieht es aus, wenn politische Meinungsäußerungen in Hetzkampagnen und provozierende parteipolitische Auseinandersetzungen umschlagen. Die Grenzen des Zumutbaren sind laut Bundesarbeitsgericht (BAG) dann erreicht, wenn der Betriebsablauf und die arbeitsvertraglichen Pflichten der Mitarbeitenden ernsthaft beeinträchtigt werden. Dies braucht der Arbeitgeber nicht zu dulden. Nach entsprechender Abmahnung kann er eine Kündigung aussprechen.


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