Anderen helfen, das eigene Profil stärken

Sich für die gute Sache einzusetzen, fördert nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern wirkt sich auch positiv auf das Unternehmen aus.
Hanseatic Help
Hanseatic Help versorgt bedürftige Menschen unter anderem mit Kleidung.

Von Birgit Reuther, 9. Dezember 2022 (HW 6/2022)

Weihnachten ist die Zeit, in der viele Firmen noch einmal in besonderem Maße überdenken, wie es um ihr soziales Engagement bestellt ist. Was früher als „Wohltätigkeit“ oder „für den guten Zweck“ bezeichnet wurde, läuft heute in großen Konzernen unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“, kurz CSR. Doch auch kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigene Abteilung für soziale Verantwortung unterhalten, finden in Hamburg zahlreiche Möglichkeiten, sich unkompliziert einzubringen. Sei es durch Geld-, Sach-, Zeit- oder Know-how-Spenden. Mit positiven Effekten für die Gesellschaft, aber auch für den eigenen Betrieb. Inwiefern sich eine Firma aktiv für gemeinschaftliche Ziele einsetzt, ist für viele Fachkräfte ein zunehmend entscheidendes Kriterium, eine Stelle anzunehmen oder zu behalten.

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Michael Kuhn
Marc Hübscher ist Vorsitzender des Handelskammer-Ausschusses „Gesellschaftliche Verantwortung“.

Prof. Dr. Marc Hübscher, Vorsitzender des Handelskammer-Ausschusses „Gesellschaftliche Verantwortung“, empfiehlt Betrieben, die sich erstmals mit dem Thema befassen, in die unmittelbare Nachbarschaft zu schauen. „Engagement fängt mit kleinen Schritten an“, sagt Hübscher, Partner bei der Unternehmensberatung Deloitte. „Das kann das Trikot-Sponsoring für die Handballmannschaft um die Ecke sein.“

Hübscher versteht Firmen als Teil eines regionalen Ökosystems, dem es etwas zurückzugeben gilt. Mit diesem Prinzip der gemeinnützigen Standortpflege verweist er auf Ausschuss-Mitglied Cord Wöhlke: Die von dem Drogeriemarktchef mitbegründete „Budnianer Hilfe“ feiert in diesem Jahr ihr 25. Jubiläum. Mehr als 5000 Kinder- und Jugendliche wurden in Hamburg und Umgebung bisher mit rund 6,5 Millionen Euro unterstützt. Ein Verein, der einst von der Belegschaft ins Leben gerufen wurde. Marc Hübscher rät dazu, diese Ressource zu nutzen und die Mitarbeitenden nach Organisationen zu fragen, die sie fördern möchten. So lasse sich auch der viel zitierte „Purpose“ stärken, also der sinnstiftende Zusammenhalt eines Unternehmens.

Soziales Engagement ist klasse für die Mitarbeiterbin­dung und ein gutes Marketing­instrument.

Claudia Meister

Ganz auf die innere Motivation setzt auch die Kommunikationsagentur Faktor 3, die mit 230 Angestellten ihren Sitz in Hamburg hat und in Sachen „Corporate Volunteering“ aktiv ist (dieser Begriff bezeichnet die Förderung gesellschaftlichen Engagements von Mitarbeitenden). An einem „Corporate Volunteering Day“ im Oktober dieses Jahres haben 44 Freiwillige insgesamt acht Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) unterstützt, darunter das Trauma-Therapiezentrum „Ankerland“, die Loki Schmidt Stiftung, den Umweltschutzverein „Sea Shepherd“ sowie die Initiative „Clean Up Your Alster“. Und acht Mitarbeitende haben bei der Hamburger Hilfsorganisation „Hanseatic Help“ einen Tag lang Kleider- und Hygienespenden sortiert.

Die Agentur hat ihre Teams für diese Einsätze nicht nur freigestellt, sondern sie auch logistisch unterstützt – mit Fahrmöglichkeiten und Verpflegung. Die Aktionen sieht Faktor 3 als Beitrag dazu, die Welt ein wenig besser zu gestalten. „Von diesem unmittelbaren Nutzen abgesehen: Über unsere Arbeit lernen wir tolle engagierte Leute kennen und schaffen uns so Gelegenheiten für Kooperationen mit ehrenamtlich arbeitenden Organisationen“, erklärt Taina Schraps, die bei Faktor 3 das Corporate-Volunteering-Programm mitverantwortet. Im Anschluss dokumentiert die Agentur ihre Aktivitäten auf den Social-Media-Kanälen bei Instagram und LinkedIn mit Fotos und Links zu den NGOs, die sie unterstützt hat.

„Soziales Engagement ist klasse für die Mitarbeiterbindung und ein gutes Marketinginstrument. Die Firma sagt damit: Wir machen nicht nur Profit, sondern wir bringen uns auch in die Gesellschaft ein“, erklärt Claudia Meister, Geschäftsführerin bei Hanseatic Help. Seit 2015 versorgt die Organisation bedürftige Menschen wie Geflüchtete und Obdachlose mit Kleidung und Artikeln des täglichen Bedarfs, seit diesem Jahr auch über drei „Hanseatic Help Stores“ im Stadtgebiet.

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Rosemarie-Schoenthaler
Claudia Meister, Geschäftsführerin bei Hanseatic Help

Mittlerweile beschäftigt die Initiative knapp 20 Festangestellte, ebenso viele geförderte Beschäftigte, acht Bundesfreiwillige sowie etwa 150 regelmäßige Ehrenamtliche. Hinzu kommen die sogenannten „Social Days“, an denen vor allem Freiwillige aus Betrieben mithelfen. Für Claudia Meister haben diese Einsätze auf mehreren Ebenen eine enorme Wirkung. „Sie können niedrigschwellig an soziales Engagement heranführen. Und vielen hilft das konkrete Anpacken auch, mit einem Gefühl von Ohnmacht – wie jetzt während des Ukraine-Krieges – klarzukommen.“ Zudem erlebe sie, wie sich Mitarbeitende noch einmal ganz anders kennenlernen. Gerade unter „Kopfarbeitenden“ sei der Teambuilding-Effekt immens.

Wer als Firma nach einer gemeinnützigen Initiative, Organisation oder „guten Sache“ sucht, um diese zu unterstützen, kann sich an den Handelskammer-Ausschuss „Gesellschaftliche Verantwortung“ wenden oder online die Gemeinwohlbörse der Handelskammer nutzen. Auf dieser Vermittlungsplattform lassen sich unter den Rubriken Soziales, Kultur, Sport, Umwelt, Gesundheit und Bildung regionale Projekte finden.

„Bis zum Jahresende sind wir jeden Tag ausgebucht“, sagt Meister über die Social Days. Sie plädiert jedoch für ein Engagement, das nicht an die karitative Hochsaison um Weihnachten gebunden ist. Bei vielen Unternehmen bemerke sie bereits einen Trend, sich mittel- und langfristig zu binden. „Viele kommen inzwischen zwei-, dreimal im Jahr.“ So wurden die 140 Social Days bei Hanseatic Help im Jahr 2022 von 75 Betrieben bestritten.

Kleinen und mittleren Unternehmen, die sich engagieren möchten, gibt Meister den Tipp, auf die eigene Kompetenz zu schauen. „Bei Hanseatic Help würden wir uns zum Beispiel über eine Rechtsanwaltskanzlei freuen, die uns pro bono berät. Oder über Menschen aus der Software-Entwicklung oder dem Handwerk.“ Zudem rät Meister dazu, nicht selbst direkt mit Betroffenen in Kontakt zu treten, sondern sich lieber an Institutionen zu wenden, die geschult sind im Umgang mit beispielsweise traumatisierten Menschen. Wichtig bei der Suche sei zudem, dass die Organisation transparent erscheine und etwa eine Ansprechperson auf der Website zu finden sei.

Claudia Meister hat beobachtet, dass sich das hanseatische Prinzip des „nicht lange schnacken, einfach machen“ durch die gesamte Bevölkerung und Wirtschaft zieht. Trotz Inflation und Energiekrise ist sie zuversichtlich: „Die Solidarität in Hamburg wächst.“

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