PRO
Eine zeitgemäße Alternative
Patrick Zimmermann (40)
Wir sind in eine Viertagewoche gewechselt, weil Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen dazu führen, dass wir in weniger Wochenstunden die gleichen Ziele erreichen. Die Viertagewoche hat für beide Seiten – Arbeitgebende und Arbeitnehmende – viele Vorteile.
Für mich als Arbeitgeber bedeutet sie eine erhöhte Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen, da diese mehr Zeit für Erholung und persönliche Verpflichtungen haben. Wir glauben, dass Mitarbeitende, die regelmäßig Zeit für sich selbst haben, weniger gestresst und dafür motivierter sind, was wiederum zu weniger Krankenständen und höherer Qualität der Arbeit führt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir mit diesem Arbeitsmodell auch die Motivation der Mitarbeitenden stärken und sie fester an die Firma binden möchten. Eine Viertagewoche kann zu einer Win-win-Situation führen, indem Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen verbessert und parallel die Kosten für Krankenstand und Fluktuation reduziert werden.
Zugleich erhalte ich Feedback von unserem Team, das zeigt, dass die Viertagewoche für alle Beteiligten sinnvoll ist: Sie ermöglicht mehr Zeit für die Familie, für Hobbys und andere Interessen und führt so zu einer ausgeglicheneren Work-Life-Balance.
Insgesamt stellt die Viertagewoche bei vollem Gehalt eine zeitgemäße Alternative dar. Es ist wichtig, dass wir uns an die sich verändernden Bedingungen anpassen und innovative Arbeitsmodelle ausprobieren, um Wohlbefinden und Leistung unseres Teams zu steigern. Produktivität und Leistung hängen letztlich nicht nur von der Zeit ab, die zur Verfügung steht, sondern werden maßgeblich auch durch Motivation und Freude an der Arbeit beeinflusst. Also ja, ich finde eine Viertagewoche bei vollem Gehalt sinnvoll.
KONTRA
Das Maß der Mitte halten
Rafael Robert Pilsczek (54)
Seit den 1960er-Jahren ist die Fünftagewoche mit 40 Wochenstunden bewährt. Erst seit kurzer Zeit wächst die Forderung, dass es flexiblere Angebote bräuchte, um die vielfältigen Modelle der heutigen Gesellschaft zu berücksichtigen.
Doch was bedeutet diese Vielfalt? Zahlt das Unternehmen auch bei weniger Arbeitsstunden gute Gehälter? Gibt es eine Wahlmöglichkeit? Die Aussage, eine Reduzierung der Arbeitszeit hätte eine gute Auswirkung auf Kreativität und Produktivität, ist in der Praxis nicht abgesichert.
Dass längere Erholungsphasen einer Viertagewoche bei vollem Gehalt eine Stressprävention seien, ist ebenso strittig. Die „Deutschland AG“ hat insgesamt viel Wohlstand, viel Freizeit in vielen Branchen erbracht. Wer wie ich beim bewährten Modell bleiben möchte, kann dadurch auch dem Industrieverband begegnen, der unlängst eine Erhöhung der 40-Stunden-Woche und eine weitere Anhebung des Renteneintritts forderte.
Viele Unternehmen fürchten nach wie vor höhere Kosten, wenn die Mitarbeiter weniger im Einsatz sind. Viele Arbeitnehmer fürchten gleichzeitig einen Karriereknick. Auch der Urlaubsanspruch käme in Schwierigkeiten. Ich plädiere entschieden dafür, gute Arbeitsplätze an fünf Tagen zu schaffen; in allen Bereichen, in denen dies möglich ist. In bestimmten Branchen wie in der Pflege geht es vor allem erst einmal darum, gute Arbeitsplätze im alten Sinne zu schaffen. Um raschen Überstundenabbau, weniger Wochenendarbeit, pünktlichen Feierabend, 30 Urlaubstage. Wir Unternehmen stehen am Ende im harten Wettbewerb in einem dynamischen internationalen Wirtschaftsmodell.
Das E (Einnahmen) muss stets höher sein als das A (Ausgaben). Dazu gehört auch, kurzfristigen Verlockungen zu widerstehen, die sich nicht rechnen. Krisen kommen stets. Das ist systemimmanent. Und dann Mitarbeiter zu halten, das ist die Kunst und die Aufgabe eines Arbeitgebers. Daher halte ich eine Viertagewoche bei vollem Gehalt nicht für sinnvoll. Ich bin für eine gute Fünftagewoche. Das ist das derzeitige Maß der Mitte.
Die Corona-Krise hat Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Resultat: Veränderte Arbeitsmodelle liegen im Trend. Neben Homeoffice rückt zunehmend die Viertagewoche in den Fokus – ein Modell, bei dem die gleiche Arbeitszeit an vier statt wie üblich an fünf Tagen geleistet wird. Laut einer Statista-Umfrage aus dem vergangenen Jahr können sich dieses Modell viele Erwerbstätige (77 Prozent) gut vorstellen. Unter Erwerbstätigen aus der Industrie gab rund ein Viertel der Befragten an, eine Viertagewoche auch dann zu befürworten, wenn dadurch finanzielle Einbußen entstehen würden. Bei Befragten aus Handel und Vertrieb fiel der entsprechende Anteil mit rund neun Prozent weitaus geringer aus.