Qualifizierte Mitarbeitende sind das Kapital jedes Unternehmens– die Voraussetzung für Produktion, Kundenservice, effizientes Marketing und Innovationen. Doch Betrieben fällt es zunehmend schwer, geeignetes Personal zu finden: Zum Ende des ersten Quartals 2023 sahen rund zwei Drittel der Unternehmen, die an der Konjunkturbefragung der Handelskammer teilnahmen, den Fachkräftemangel als eines der größten Risiken ihrer wirtschaftlichen Entwicklung.
Ein Grund dafür ist häufig die mangelnde Qualifikation potenzieller Mitarbeitender. Und in Zeiten rapiden technologischen Wandels – etwa durch Künstliche Intelligenz wie ChatGPT – reichen einmal erlangte Kenntnisse oft nicht aus, um die aktuellen Anforderungen zu bewältigen: Gefordert ist auch eine kontinuierliche innerbetriebliche Weiterbildung.
Gezielte Maßnahmen, um die Voraussetzungen für ständige Wissenserweiterung zu schaffen, sind also essenziell: Das zeigte auch die erste Bildungskonferenz für lebenslanges Lernen, die im Juni in der Handelskammer mit rund 80 Fachleuten aus Unternehmen, Behörden und Institutionen stattfand.
Produktivität durch Bildung steigern
Ausbildung und Qualifizierung sind seit jeher ein Anliegen der Handelskammer – und sie bilden eine maßgebliche Säule ihrer im November 2022 verabschiedeten Fachkräftestrategie: Darauf verwies Handelskammer-Präses Prof. Norbert Aust in seiner Begrüßungsrede. Das Standpunktepapier gibt entsprechend eine Reihe von Empfehlungen für eine verbesserte schulische und betriebliche Bildung.
Dass gut ausgebildete Mitarbeitende auch die Effizienz massiv steigern können, zeigte Bildungssenator Ties Rabe in seinem Grußwort, in dem er ebenfalls für lebenslange Bildung und Qualifizierung warb. Als Beispiel führte er die Landwirtschaft an, in der sich in den letzten Jahrzehnten trotz sinkender Beschäftigungszahlen der Ertrag vervielfacht habe. Dies sei nur durch massive Produktivitätssteigerungen möglich gewesen, die durch Forschung, Bildung und Qualifizierung ausgelöst wurden.
Lebenslanges Lernen: Der Deutsche Qualifikationsrahmen
Um gezielt weiter- und ausbilden zu können und eine internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, ist es wichtig, verbindliche Kriterien für die Beurteilung von beruflichen Abschlüssen zu besitzen: Das wurde im Vortrag von Prof. Uwe Elsholz deutlich. Der Professor für lebenslanges Lernen an der Fernuniversität Hagen gab einen Abriss über die Geschichte des lebenslangen Lernens von 1970 bis heute und beschrieb, wie 2011 in diesem Zusammenhang der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) entstand. Dieser ordnet die deutschen Bildungsabschlüsse entsprechend der erworbenen Kompetenzen ein; damit sei der Wechsel „vom Input zum Outcome“ als Merkmal für Bildungsabschlüsse vollzogen worden, so Elsholz. Derzeit laufe eine Diskussion zur stärkeren Verrechtlichung des DQR.
Außerdem richtete er den Fokus auf „Future skills“ (Zukunftskompetenzen): Die Bedeutung von Fähigkeiten wie „Digital Literacy“ (also digitale Kompetenz), Innovations- und Veränderungskompetenz wird zunehmend betont, aber erst die Zukunft wird zeigen, welche Rolle sie konkret spielen und wie die einzelnen Bildungseinrichtungen sie aufgreifen und vermitteln.
Praxisbeispiele aus Hamburg – und ein spannendes Projekt aus Irland
Welche Erfahrungen haben Hamburger Unternehmen mit der Qualifizierung von Mitarbeitenden? Das zeigte beispielhaft die folgende Podiumsrunde, in der Fachleute aus Betrieben der Hansestadt ihre Ansätze und Aktivitäten zur Mitarbeitergewinnung, -qualifizierung und -bindung vorstellten. Mit dabei waren Mignon Kashani, Executive Manager des Hotels Reichshof Hamburg, Jan Wehlen, Ausbildungsleiter beim Gabelstaplerhersteller STILL, und Jörn Willert, Leiter des Bildungszentrums von Stromnetz Hamburg.
Doch Hamburg kann auch von den Projekten und Erfahrungen anderer Städte profitieren – etwa denen der irischen Stadt Cork, über deren „Lifelong Learning Festival“ die Veranstalter in einer Live-Schaltung auf der Konferenz berichteten.
Der Wandel Corks von einer Hafen- und Industriestadt zu einem Technologiezentrum war der ideale Nährboden für die Entwicklung zu einer „Learning City“, die sich der stetigen Weiterbildung ihrer Bevölkerung verpflichtet sieht und allen Einwohnerinnen und Einwohnern einen niedrigschwelligen Zugang zur Bildung verschafft.
Zur Umsetzung dieses Anspruchs organisiert die Stadt als Mitglied im Netzwerk des „Institute of Lifelong Learning“ der UNESCO alljährlich das genannte Festival: Dort finden eine Woche lang mehrere Hundert Lernveranstaltungen in nahezu allen Bildungseinrichtungen der Kommune statt. Möglicherweise wäre dies ja auch ein Ansatzpunkt, um die Themen Lernen, Bildung und Qualifizierung auch in Hamburg noch stärker zu verankern.
Dabei hat die Bildung in Hamburg bereits einen hohen Stellenwert. Das zeigte auch das Panel, mit dem die Veranstaltung endete: Hier diskutierten Fachleute aus dem Bildungsbereich (siehe Aufmacherbild) ihre persönlichen Erfahrungen im Bereich Weiterbildung mit dem Publikum.
Die Bildungsplattform für Lebenslanges Lernen der Handelskammer wird die Themen Bildung und Qualifizierung auch in den kommenden Monaten und Jahren im Rahmen unterschiedlicher Veranstaltungsformate vorantreiben. Denn „ein hohes Bildungsniveau stärkt die Innovationskraft einer Volkswirtschaft und ist damit wesentliche Grundlage für Wirtschaftswachstum“, so das Papier zur Fachkräftestrategie der Kammer.
Angebote der Handelskammer Hamburg
Die Bildungsplattform für Lebenslanges Lernen stärkt auch die Berufsorientierung: Seit Mai sind vier Orientierungsmanagerinnen und -manager an den weiterführenden Schulen in Hamburg unterwegs, um gemeinsam mit den Lehrkräften bei der Berufswahl zu helfen.
Über das aktuelle Kursangebot der HKBiS Handelskammer Hamburg Bildungs-Service gemeinnützige GmbH können Sie sich hier informieren.