

Rund 935 Millionen Euro Umsatz hat die Filmbranche im Jahr 2023 zur Hamburger Wirtschaft beigetragen. Dafür sorgten 1444 Unternehmen mit knapp 4700 Beschäftigen. Die Herstellung von Filmen ist ein oft kleinteiliger Prozess. Das gilt für Kino- und Fernsehfilme ebenso wie für Filme, die ausschließlich für das Internet produziert werden.
Wenige große Player wie etwa Studio Hamburg stehen unzähligen kleinen Betrieben und Solo-Selbstständigen gegenüber, die nur für die Dauer eines Drehs angeheuert werden – als Location Scouts, für Szenenbild, Kamera oder Postproduktion.
All diese Gewerke sind stark von der allgemeinen Auftragslage abhängig. Wird gedreht, geht es der Branche gut. Können Projekte nicht finanziert werden, sieht es hingegen schlecht aus.
Im Spätsommer dieses Jahres konnte Hamburg nicht klagen. „Durch unsere gute Förderpolitik haben wir aktuell recht viele Drehs in der Stadt“, weiß Helge Albers, Geschäftsführer der für Hamburg und Schleswig-Holstein arbeitenden MOIN-Filmförderung. „Sönke Wortmann hat im August ‚Die Ältern‘ abgedreht, Doris Dörrie ist im Herbst mit ‚Frau Winkler verlässt das Haus‘ in der Förderregion. Fatih Akin dreht gerade ‚Geister weinen nicht‘ und Sven Unterwaldt die Komödie ‚Horst Schlämmer sucht das Glück‘ mit Hape Kerkeling. Die erfolgreiche Jugendbuchreihe ‚Alea Aquarius‘ spielt als große Serie hier. Es ist also einiges los in Sachen Dreharbeiten in Hamburg und Umgebung.“
Ob an einem Standort gedreht wird, hat nicht nur mit der Schönheit der Motive zu tun oder dem Hype, den eine Stadt oder Region gerade bei Kreativen und Filmfinanciers erfährt. Die Entscheidung hängt auch von Faktoren wie Förderpolitik, Drehbedingungen und der lokalen Job-Infrastruktur ab.

„Eines der Pfunde, mit denen wir wuchern können, ist die Unkompliziertheit Hamburgs“, so Helge Albers. „Wir sind eine sehr drehfreundliche Stadt. Es ist viel schwieriger, in Städten wie Berlin, Köln oder München zu drehen als bei uns. Es geht vor allem um Genehmigungen, denn Dreharbeiten sind immer ein Eingriff ins öffentliche Leben.“
Die von Albers genannten Konkurrenzstädte sind nicht zufällig gewählt. Hamburg gilt derzeit als Nummer vier in Deutschland, was die Größe der Filmindustriestandorte betrifft.
Michael Lehmann, Geschäftsführer der Studio Hamburg Production Group, bestätigt dieses Ranking: „Hamburg hat, was die Senderdichte betrifft, ein wenig das Nachsehen gegenüber Köln und München. Und wir haben keine Verleiher. Berlin wiederum punktet – ebenso wie Hamburg – mit einer starken Förderkultur. Es hat ebenfalls Verleiher und eine starke Anziehungskraft auf viele Kreative. Internationale Vertriebe sitzen eher in anderen Städten.“
Insofern habe man in Hamburg eine Zeit lang in der Ansiedlungspolitik etwas verpasst. Andere Städte hätten damals mehr um Menschen gebuhlt. Dem Hanseaten hingegen sei es in der Regel etwas unangenehm, für sich selbst zu werben. „Mittlerweile hat sich das total geändert, und wir sind zufrieden. Vor allem die hiesige Filmförderung unter der Führung von Helge Albers ist heute exzellent.“
Studio Hamburg ist mit großem Abstand die wichtigste Produktionsfirma der Hansestadt. Dort entstehen neben vielen anderen Projekten Langzeitserien wie „Großstadtrevier“, „Notruf Hafenkante“ oder „Die Pfefferkörner“. Produktionen, die dem Standort Hamburg auch als weiche Faktoren dienen, indem sie ihn zum Beispiel „touristisch verlockend“ mit der Kamera einfangen.
Die Studio Hamburg Production Group hat in den vergangenen Jahren einen durchschnittlichen Umsatz von 150 Millionen Euro erwirtschaftet. Zu ihr gehören 13 eigenständige Tochterunternehmen an sechs Standorten: Letterbox Filmproduktion (Hamburg), Nordfilm (Kiel), Real Film Berlin (Berlin), SHUK – Studio Hamburg UK (London), Amalia Film (München), 307 Production (Köln), Friday Film (Berlin), Doclights (Hamburg), Riverside Entertainment (Hamburg), AlwaysOn (Hamburg), Eco Media (Hamburg), Doc.Station (Hamburg) und Albolina Film (Bozen). Die Unternehmen beschäftigen 200 feste Mitarbeitende sowie – je nach Projektlage – zusätzlich 1000 bis 2000 freie Fachkräfte.
Wer mit Menschen spricht, die sich in der Filmbranche gut auskennen, hört oft, dass Hamburg gegenüber anderen deutschen Städten aufholt. 2026 dürfte ein besonders spannendes Jahr für die hiesige Filmlandschaft werden, denn gleich mehrere wichtige Branchen-Events konnten in die Hansestadt geholt werden.
Neben einer deutlichen Anhebung des Etats der MOIN-Filmförderung von 16 auf rund 21 Millionen Euro seit 2025 vermittelt auch das eine klare Botschaft: Mit Hamburg ist wieder zu rechnen.
Neben diesen guten Nachrichten für die Stadt muss sich die Branche allerdings auch mit einem Prozess auseinandersetzen, der in den kommenden Jahren vieles umkrempeln wird: der KI-Transformation. Nicht wenige Prozesse in der Herstellung von Filmen könnten demnächst automatisiert ablaufen.
Pacco Nitsche von der Hamburger Produktionsfirma „27KM“ kennt sich in diesem Bereich aus. Er arbeitet wie nur wenige deutsche Filmunternehmen mit Weltkonzernen wie OpenAI oder Google in Sachen Künstlicher Intelligenz zusammen. Beim YouTube-Festival Ende August in Berlin stellte sein auf Werbefilme, Shows und Dokus fokussiertes Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Google-KI-Filmsoftware „Veo 3“ erstmals drei Werbespots renommierter Marken vor, die KI-generiert waren.

Wobei „Macher“ ebenso wie Fachleute betonen, dass KI zwar Jobs kosten wird, sie diese in neuen Bereichen und Funktionen aber auch erschaffen wird. Wie in anderen Branchen gilt auch beim Film: Profitieren von der KI-Revolution werden hauptsächlich Kreative, die den gesamten Ablauf verstehen. „Wenn man alle dramaturgischen und szenischen Prozesse eines Films mitdenkt und die eigene Expertise ins Drehbuch einbringt, wird man weiter gefragt sein“, so Nitsche. „Wenn du jedoch nur deinen Job mit der Kamera in der Hand machen kannst oder willst, dann wird es weniger zu tun geben.“

Die 27 Kilometer Entertainment GmbH zählt mit 100 Mitarbeitenden in Hamburg, München, Berlin und Lissabon zu den Aufsteigern und Hoffnungsträgern der hanseatischen Filmlandschaft. 27 bis 28 Millionen Euro Umsatz erwartet Nitsche für das Jahr 2025.
Angefangen hat das Unternehmen 2007 als Vorreiter für Online-Bewegtbild im Netz. Heute arbeitet Pacco Nitsche daran, dass die Branche ihre vielleicht größte technische Revolution nicht verschläft und in die richtigen Bahnen lenkt.
Auch Michael Lehmann von Studio Hamburg sieht KI als Herausforderung und nicht als Ende des Filmemachens an. „Es ist nicht angebracht, vor der Zukunft Angst zu haben“, sagt er. „Ich glaube daran, dass wir Menschen am Ende diejenigen sein werden, die Maschinen führen.“
Lehmann weiß, dass KI die Filmherstellung verändern wird. Nicht nur Planung und Postproduktion von Drehs wird weniger menschliche Arbeitskraft beanspruchen. Auch die Herstellung sowohl fantastischer als auch ganz natürlich wirkender Bildwelten durch KI ist heute bereits möglich.
„KI wird nichts billiger machen, aber sie wird unsere filmischen Welten weiten“, so Lehmann. „Billiger würde es nur dann, wenn Filme in Zukunft vorwiegend von Maschinen gemacht werden sollten. Daran glaube ich jedoch nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Mensch auch in Zukunft bei kreativen Prozessen führt und die Maschine uns helfen wird.“
2026 finden drei wichtige Branchen-Events neu in Hamburg statt. Ab dem 11. März stärken die im Rahmen des Filmfestes Hamburg stattfindenden Kongresse „European Work in Progress“ und „International Film Distribution“ die Business-Seite des Festivals. Ab dem 13. Mai zieht mit dem Filmtheaterkongress „KINO“ Deutschlands größter Kinokongress in die Hansestadt. Ab dem 17. Juli finden die „Filmtage Köln“ – ein neuer Name wird noch gesucht – am Standort Hamburg statt. Das Event ist ein zentraler Treffpunkt für die Kino- und Verleihbranche und verzeichnet jährlich mehr als 1000 Gäste.
