
Die Autos auf Hamburg Straßen werden immer älter – ein bundesweiter Trend, der seit Jahren anhält. Das Durchschnittsalter der hier zugelassenen Pkw liegt laut Jahresbericht 2024 vom TÜV Nord bei 12,7 Jahren. Kein Wunder, dass die Mängelrate ebenso steigt. Knapp jedes zweite Fahrzeug wies bei der Hauptuntersuchung Mängel auf. Bei jedem vierten Wagen war die Liste so lang, dass zunächst die Werkstatt angesagt war – vorausgesetzt, es gab einen freien Termin.
„Vier Wochen beträgt die aktuelle die Wartezeit“, sagt Martin Krohn, Präsident des „Landesverbandes des Kfz-Gewerbes Hamburg e. V.“ Der 52-jährige Kfz-Meister ist Inhaber einer freien Werkstatt in Hamburg-Bergedorf und weiß, dass die Auftragslage in allen Werkstätten aktuell sehr gut ist. Aber nicht nur die hohe Nachfrage sei an den langen Wartezeiten schuld, sondern auch der Fachkräftemangel.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur schreitet voran. Zum Jahresbeginn zählte Hamburg 3357 E-Ladepunkte, rund die Hälfte davon sind öffentlich. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von 22 Prozent. Bis 2030 will die Stadt das öffentliche Netz massiv ausbauen. In fünf Jahren soll das dreifache an Ladepunkten (an die 10 000) zur Verfügung stehen. Zugleich warnte der „Bundesverband Beratung neue Mobilität e. V.“ in einem offenen Brief vor einer Pleitewelle bei den Anbietern von Ladeinfrastruktur. Danach waren einige im vergangenen Jahr nach dem plötzlichen Förderstopp von E-Mobilität in wirtschaftliche Schieflage geraten.
Ein kleiner Lichtblick: „Mit diesem Lehrjahr konnten 85 Azubis mehr für den Beruf des Kfz-Mechatronikers gewonnen werden“, so Krohn. „Insgesamt sind es 365.“ Für anhaltende Entspannung auf dem Arbeitsmarkt würden diese Nachwuchskräfte aber nicht sorgen, dafür sei der Mangel zu groß. Im Gegenteil: „Kunden müssen sich in Zukunft wohl auf noch längere Wartezeiten einstellen. Denn die Zahl der Kfz-Werkstätten in Hamburg wird abnehmen, da viele keine Nachfolger finden.“
Die Zahl der Werkstätten und Autohäuser schätzt Krohn aktuell auf rund 600 in Hamburg. Bei Letzteren ist die Stimmung derzeit nicht so gut. „Viele klagen über die momentane Kaufzurückhaltung der Kunden“, gibt Krohn die Aussagen aus dem Landesverband wider. Grund dafür sei eine allgemeine Verunsicherung. „Bleibt es beim Aus für den Verbrennermotor? Kommt eine neue Förderung für E-Autos? Diese Fragen muss die neue Regierung schnell beantworten, um Planungssicherheit zu schaffen.“
Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden deutschlandweit in den ersten vier Monaten 2025 mit 907 300 Pkw drei Prozent weniger zugelassen als im Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum letzten Jahr vor der Pandemie (2019) liegt der Rückgang bei den Zulassungszahlen sogar bei 24 Prozent. „Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und jetzt noch die angekündigten Strafzölle machen der Branche zu schaffen“, sagt Martin Krohn. Nicht nur beim Neukauf, auch für die Reparatur müssen Kunden aufgrund teurerer Ersatzteile bis zu 20 Prozent mehr zahlen, was unter anderem dafür gesorgt hat, dass die Versicherer die Beitragssätze zu Beginn des Jahres drastisch angehoben haben.
Auch die politisch gewollte Mobilitätswende bekommt die Autobranche zu spüren. Immer mehr Menschen in Hamburg entscheiden sich gegen ein eigenes Auto und steigen auf Alternativen wie ÖPNV, Rad- und Fußverkehr oder Sharing-Angebote um.

Laut Zählungen der Verkehrsbehörde hat der Radverkehr seit 2019 um 30 Prozent zugenommen, verzeichnet der HVV steigende Nutzerzahlen. Zugleich nimmt die Zahl der zugelassenen Autos in Hamburg seit Jahren ab. Zum Stichtag 1. Januar 2025 waren rund 810 600 Fahrzeuge gemeldet – 2500 weniger als im Vorjahr, zudem sank die Zahl der Neuzulassungen um 2,5 Prozent auf 91 000 Pkw.
Da müssen sich die Automobilhersteller einiges einfallen lassen, um Kaufanreize zu schaffen. Ein Weg sind Showrooms in exklusiver Innenstadtlage, den etablierte Marken wie Ferrari und Cadillac, aber auch chinesische Hersteller beschreiten – etwa Nio und BYD.
BMW hat gerade auf der Automeile Nedderfeld 5,5 Millionen Euro in einen neuen Ausstellungsraum investiert, Mercedes eröffnet im September sein neues AMG Brand Center am Friedrich-Ebert-Damm. AMG ist ein Tochterunternehmen von Mercedes, dessen Kundschaft Wert auf Technik, leistungsstarke Motoren und Design legt.
Der 1400 Quadratmeter große AMG-Neubau will mit außergewöhnlicher Architektur punkten: „Mit dem AMG Brand Center schaffen wir einen neuen Erlebnisort für Performance und Markenidentität“, sagt Matthias Kallis, Vorsitzender Geschäftsleitung Mercedes-Benz Niederlassungsverbund Nord. „Wir investieren gezielt in den stationären Handel, um unseren Kundinnen und Kunden emotionale, hochwertige Markenerlebnisse zu bieten.“
Der Schlüssel zum Erfolg heißt für Mercedes Flexibilität. „Immer mehr Kundinnen und Kunden wünschen sich Wahlfreiheit bei Antrieb und Ausstattung“, so Kallis. Mercedes sei vom E-Antrieb überzeugt. „Wir gestalten die Transformation aktiv mit.“ Die Akzeptanz hänge maßgeblich von der Alltagstauglichkeit ab. Infrastruktur, Ladezeiten, Reichweiten, aber auch politische Rahmenbedingungen spielen hier eine Schlüsselrolle.
