Hamburg hebt ab

Dank zahlreicher wegweisender Projekte und eines soliden Netzwerkes gilt Hamburg als eine der Drohnen-Hauptstädte Europas. Derzeit ist eine Reihe von Testvorhaben am Start.
Thorsten Indra/HHLA
HHLA Sky betreibt eigene Industrie-Drohnen, die für den Einsatz in kritischen Infrastrukturen geeignet sind.

Von Andreas Eckhoff, 5. Juni 2025

Mit mehr als 50 Kilometern pro Stunde rennen 30 Giraffen durch die Kalahari-Wüste, und dank Virtual-Reality-Brille fühlt man sich in dem rasanten Getümmel wie „mittendrin“. „Ein wahnsinniges Erlebnis“, sagt Nicolas Chibac, Gründer des Start-ups Spherie in der Speicherstadt, und erzählt stolz: „Um dieses Erlebnis möglich zu machen, sind wir extra zu Filmaufnahmen nach Namibia gereist.“

Hamburg gilt als ein führender Standort für urbane Luftmobilität in Europa.

Christina Große-Möller

Dort hat das Team das Giraffenrennen mithilfe der patentierten Spherie-Drohnen gedreht, die dank sechs darauf montierter Kameras eine 360-Grad-Perspektive ermöglichen. Das Ergebnis konnte man schon 2024 während der „Dschungelnächte“ in Hagenbecks Tierpark bestaunen, in diesem Jahr ist Spherie erneut dabei.

Nicht nur dieses Beispiel zeigt: Der Einsatz von Drohnen wird auch im zivilen Bereich immer alltäglicher. Und meist geht es dabei um ganz praktische Zwecke: Die Fluggeräte sollen die Mobilität der Zukunft mitgestalten und Probleme lösen – etwa bei der Inspektion von Brücken, Straßen oder Kaimauern, in der Immobilienbranche oder bei Rettungseinsätzen.

Wie der Branchenreport von „Drone Industry Insights“ konstatiert, hat die Drohnenbranche dabei mittlerweile das „Tal des Todes“, also die kritische Phase zwischen Pilotprojekten und wirtschaftlicher Skalierung, hinter sich gelassen. Immer mehr Geschäftsmodelle erreichen Marktreife, die Zahl konkreter Anwendungen wächst.

Innovative Hamburger Projekte

In Hamburg sind etliche zukunftsweisende Projekte am Start. Bereits 2017 wurde das Netzwerk „Windrove“ ins Leben gerufen, um die wirtschaftliche Nutzung von Drohnen in der Metropolregion voranzubringen. Das städtisch geförderte Projekt, ein Teil der Clusteragentur „Hamburg Aviation e. V.“, verbindet alle relevanten Akteure – von Start-ups über Industrieunternehmen bis hin zu Behörden und Wissenschaft –, ermöglicht Fachaustausch und Vernetzung.

„Hamburg gilt als ein führender Standort für urbane Luftmobilität in Europa“, erklärt Christina Große-Möller, Projektleitung „Windrove und UAM“ („Urban Air Mobility“). „Windrove erhöht dabei effektiv die öffentliche Sichtbarkeit der Chancen und Potenziale von Drohnen.“

In der Öffentlichkeit wächst die Zustimmung zum Einsatz von Drohnen. In einer Online-Befragung mit 2998 Teilnehmenden ermittelte die „Europäische Studie zur Akzeptanz von unbemannten Luftfahrzeugen“ breite Zustimmungswerte für öffentliche und zivile Anwendungen im Katastrophenmanagement, in der Forschung und für Medizintransporte. Die Einstellung gegenüber Hobby-Drohnen, kommerziellen Anwendungen sowie einem Transport von Personen bleibt aber weiterhin aufgrund von Sicherheitsbedenken und dem Wunsch nach Privatsphäre eher kritisch.

Wie lassen sich die Bewegungen unbemannter Luftfahrzeuge (UAS, „Unmanned Aircraft Systems“) sicher und automatisiert koordinieren, steuern und überwachen

Dieser Frage widmet sich das Projekt „BLU-Space“ – ein breites Konsortium, zu dem unter anderem die Hansestadt, HHLA Sky, die HPA und die DFS Deutsche Flugsicherung gehören. Unter Federführung von Hamburg Aviation erprobt es derzeit unter realen Bedingungen die Umsetzung eines Leitsystems für das UAS-Verkehrsmanagement in Hamburg. 

An Strategien für ein Landeplatz- und Luftraummanagement in Städten und der Implementierung von Drohnen im Verkehrssystem arbeitet das von der EU geförderte transnationale Projekt „CITYAM“. In Helsinki, Stockholm und Hamburg sollen dafür bis zum kommenden Jahr jeweils Teststrecken eingerichtet werden.

Das Windrove-Flaggschiffprojekt „medifly“ schließlich, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BDVM) gefördert wird, untersucht die Machbarkeit des Transports von Gewebeproben per Drohne sowie deren Integration in die Krankenhausprozesse. Dieses Projekt verdeutlichte allerdings auch die Hürden des Drohnenbetriebs.

Gerade in Städten wie Hamburg mit seinem innerstädtischen Flughafen bestehen nämlich enge regulatorische Grenzen. Medifly-Geschäftsführerin Sabrina John klingt im Gespräch fast etwas frustriert, als sie sagt: „Im Augenblick müssen wir erst einmal die Voraussetzungen schaffen, dass ein Regelbetrieb mit Drohnen in der Stadt möglich ist.“ Dass Medifly-Drohnen rund um die Uhr mit Medikamenten oder Blutkonserven durch die Stadt fliegen, sehe sie in naher Zukunft nicht.


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