
Hamburg ist einer der weltweit führenden Standorte der zivilen Luftfahrt. Mehr als 300 Unternehmen sind hier in der Branche tätig, darunter die großen Arbeitgeber Hamburg Airport, Airbus und Lufthansa Technik. Allein am Flughafen arbeiten mehr als 15 000 Menschen in rund 50 verschiedenen Berufen. Daraus entsteht für die Metropolregion eine jährliche Bruttowertschöpfung von gut 660 Millionen Euro, ermittelte eine neue Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts.

Allmählich erholt sich der Airport dabei auch von den Pandemie-Auswirkungen. Neben den um 9,4 Prozent gestiegenen Passagierzahlen fällt dabei besonders das starke Wachstum beim Frachtumschlag ins Auge. Nach einem Rückgang von 14 Prozent im Jahr 2023 erhöhte sich das Frachtaufkommen 2024 um 39 Prozent – eine Steigerung, die vor allem durch die Verbindung nach Dubai und die neue Strecke nach Doha generiert wurde.
Zu den mehr als 150 am Standort tätigen Luftfracht-Unternehmen gehören internationale Speditionen, Airlines, Logistik- und Spezialdienstleistende. Sie sind ein zentraler Wirtschaftsfaktor für die Metropolregion. „Besonders für die Ersatzteilversorgung von Unternehmen wie Lufthansa Technik und Airbus sowie für die maritime Wirtschaft ist die Luftfracht am Standort unverzichtbar“, glaubt Alexander Müller, Head of Office and Logistics am Hamburg Airport.
Frachtabfertigung optimieren
Der boomende E-Commerce, insbesondere mit chinesischen Anbietern wie Taobao, Temu oder Shein trägt maßgeblich zum weltweit gestiegenen Frachtaufkommen bei. Umso wichtiger ist es, die Verkehrs- und Warenflüsse zu optimieren, etwa mit automatisierten Sortieranlagen. „Die Nachfrage nach schnellen, flexiblen Transportlösungen steigt rasant, was zu Kapazitätsengpässen und steigenden Anforderungen an die Abfertigung führt“, führt Müller aus. Für Hamburg bedeute das: „Es gibt großes Potenzial, aber auch Handlungsbedarf, um im Wettbewerb zu bestehen.“
Dies gilt umso mehr, als andere europäische Hubs oftmals von einfacheren Zoll- und Betriebsbedingungen profitieren. „Viele E-Commerce-Sendungen werden daher nicht über Hamburg, sondern über andere europäische Flughäfen abgewickelt“, bedauert der Logistikexperte.
Hamburg Airport Cargo Center Zentral für die Luftfracht in der Region ist das Hamburg Airport Cargo Center (HACC). Seit seiner Eröffnung im Mai 2016 hat es sich zu einem modernen und leistungsfähigen Luftfrachtzentrum entwickelt. Die Flächen sind vollständig vermietet. Rund 50 Firmen – darunter LUG, Swissport Cargo und Wisag Cargo – nutzen das HACC, in dem etwa 450 Beschäftigte arbeiten. 2019 wurden rund 70 000 Tonnen Fracht abgefertigt. 2020 sank das Volumen pandemiebedingt auf 43 400 Tonnen. Bis 2024 stieg es deutlich auf 65 400 Tonnen. Das HACC bietet eine Jahreskapazität von rund 150 000 Tonnen – also mehr als das Doppelte der 2024 abgefertigten Menge.
Neben diesen bürokratischen Herausforderungen ist die Digitalisierung der Luftfrachtabwicklung ein zentrales Anliegen im Cargo-Geschäft. „Aktuell werden digitale Lösungen geprüft, um den Datenaustausch zwischen allen Beteiligten zu verbessern, Warte- und Abfertigungszeiten zu verkürzen und Fehlerquellen zu minimieren“, erläutert Müller. Auch eine transparentere und nachhaltigere Steuerung der Anlieferungen stehe im Fokus, um Ressourcen bestmöglich einzusetzen.
Neues Flugzeugmodell von Airbus
Ein weiterer starker Treiber für die Hamburger Wirtschaft ist der europäische Flugzeugbauer Airbus mit seinem Betriebsgelände in Finkenwerder. Als Hauptsitz von Airbus Commercial Aircraft in Deutschland ist der Hamburger Standort vor allem auf die Entwicklung und Produktion der A320-Familie spezialisiert. An der Elbe werden zudem Rumpfsektionen für die A330- und A350-Programme gefertigt sowie Kabinendesigns, kundenspezifische Anpassungen und Schulungen für Airline-Mitarbeitende vorgenommen.
Große Hoffnungen der Branche ruhen dabei auf dem Airbus A321XLR. Flughäfen jenseits der großen internationalen Drehkreuze hoffen, mit dem neuartigen Schmalrumpfflugzeug mehr Transatlantikflüge anbieten zu können. Im Herbst 2024 nahm die spanische Fluggesellschaft Iberia das erste Modell nach fünfjähriger Entwicklungszeit in Hamburg in Betrieb. „Der A321XLR wird unzählige neue Nonstop-Ziele ermöglichen und ein neues Kapitel in der Flugverbindung aufschlagen“, erklärt Christian Scherer, CEO Commercial Aircraft bei Airbus.

Bis Oktober 2024 hat das Unternehmen bereits mehr als 500 Bestellungen für das Flugzeug erhalten. Airbus verspricht einen um 30 Prozent geringeren Treibstoffverbrauch pro Sitzplatz im Vergleich zu Konkurrenzflugzeugen der vorherigen Generation sowie reduzierte Emissionen von Stickstoffoxiden und Lärm. Wie alle Airbus-Flugzeuge kann der A321XLR mit bis zu 50 Prozent Sustainable Aviation Fuel, also nachhaltigem Treibstoff aus nichtfossilen Rohstoffen, betrieben werden. Bis 2030 sollen es 100 Prozent sein.
Innovationen bei Lufthansa Technik
Lufthansa Technik, mit rund 10 000 Mitarbeitenden in Hamburg einer der größten Arbeitgeber der Stadt, setzt ebenfalls auf Innovation, um die Luftfahrt umweltverträglicher auszurichten. AeroSHARK etwa ist ein gemeinsam mit BASF entwickelter Oberflächenfilm. Diese mikroskopische Struktur ahmt Haifischhaut nach und optimiert so die Luftströmung am Flugzeug, wodurch sich Treibstoff sparen und der CO2-Ausstoß verringern lässt. Ein Erfolgsmodell „made in Hamburg“: Mit der südamerikanischen Airline Latam sowie den asiatischen Unternehmen Ana und Eva Air wurden 2024 erstmals Fluglinien außerhalb der Lufthansa Group mit AeroSHARK ausgerüstet.

„Die Perspektiven für den Standort sind sehr gut“, sagt Harald Gloy, Chief Operations Officer von Lufthansa Technik. „Wir wollen unsere Präsenz weltweit ausbauen. In Hamburg schlägt weiterhin das Herz von Lufthansa Technik, hier sind wir zu Hause.“ Das zeigt sich auch im bisher größten Modernisierungsprogramm zum Standort: „Wir investieren aktuell einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag in unsere Basis am Flughafen“, sagt Gloy. Zugleich geht Lufthansa Technik gezielt Herausforderungen wie Kostensteigerungen und Fachkräftemangel an. In den vergangenen drei Jahren wurden in Hamburg mehr als 2000 neue Mitarbeitende eingestellt.
Das Unternehmen ist unter anderem Gründungs- und Vorstandsmitglied des Luftfahrt-Clusters „Hamburg Aviation“ und Gesellschafter im „Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung“ (ZAL). Um die Mobilität im Luftverkehr effizienter zu organisieren, bietet es mittlerweile über das „Digital Tech Ops Ecosystem“ digitale Lösungen für den gesamten technischen Betrieb von Fluggesellschaften an.
Das System besteht aus drei Teilen: der Engineering- und Maintenance-Software AMOS, der Plattform AVIATAR, mit der sich Datenströme aus dem Flugbetrieb managen und wertschöpfend nutzen lassen, und flydocs mit Lösungen für die Digitalisierung und Ablage flugzeugrelevanter Dokumente. Eine fünfstellige Anzahl an Flugzeugen wird weltweit bereits mit diesem System versorgt.
Zudem baut Lufthansa Technik sogenannte Campus-Netzwerke auf Basis des Mobilfunkstandards 5G auf: Kundinnen und Kunden können so zeit- und kostensparend aus der Ferne mit einem Mechanikteam vor Ort in Hamburg interagieren, um per Videostream ihre Triebwerksteile zu begutachten und wichtige Reparaturentscheidungen zu treffen. Da solche Aufträge nicht selten sechsstellige Summen umfassen, sind dafür eine hohe Video-Auflösung sowie eine stabile Verbindung essenziell. Eines von zahlreichen Beispielen, die den Luftfahrtstandort Hamburg als Mobilitätsknotenpunkt ökonomisch und innovativ attraktiver machen.
Flughafen 14,83 Millionen Passagiere reisten 2024 über den Hamburg Airport – ein Anstieg von 9,4 Prozent im Vergleich zu 2023. Das Vor-Corona-Niveau ist allerdings noch nicht ganz wieder erreicht, derzeit liegt es auf 86 Prozent der Zahlen von 2019. Am Flughafen operierten 2024 55 Airlines, mit 127 000 Starts und Landungen. 125 Ziele wurden direkt angeflogen. Bei Urlaubsreisen ist Spanien mit gut 21 Prozent am beliebtesten, gefolgt von der Türkei und Großbritannien. Rund 1,6 Millionen Fluggäste mit Reiseziel in der Region Hamburg generierten 2023 Einnahmen von 436 Millionen Euro, wovon Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Transportsektor profitierten.
