Marktchancen sichern, Innovation fördern

Firmen profitieren von ihren Patenten. Sich frühzeitig damit zu beschäftigen, ist für alle Unternehmen relevant, insbesondere für Start-ups.
Hydrodyn
Für den „HydroCleaner“ reichte die im Jahr 2015 gegrün dete HydroDyn Recycling GmbH ihr erstes Patent ein.

Von Chan Sidki-Lundius und Niklas Samuel Hackmann, 27. September 2024 (HW 5/2024)

Vom praktischen Alltagsgegenstand bis hin zum absoluten Hightech-Produkt: Sofern Patente zugrunde liegen, haben diese in hart umkämpften Märkten viele Vorteile. Vor allem aber ermöglichen sie es Unternehmen, ihre geistigen Schöpfungen und Ideen vor Nachahmung und unerlaubter Nutzung zu schützen.

Dennoch ist innerhalb der EU nur eines von zehn kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) Inhaber von eingetragenen Schutzrechten für Marken, Geschmacksmuster oder Patente. Zu diesem Ergebnis kommt das KMU-Barometer 2022, das vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) herausgegeben wurde.

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Michael Hofmann ist Gründer und Geschäftsführer der HydroDyn Recycling GmbH.

Denkwürdig ist diese Tatsache insbesondere vor dem Hintergrund, dass Firmen ganz erheblich von der Nutzung gewerblicher Schutzrechte profitieren. Wie eine Studie des Europäischen Patentamtes (EPA) und des EUIPO aus dem Jahr 2021 zeigt, erwirtschaften Betriebe, die Inhaber eines Patentes sind, im Durchschnitt 36 Prozent höhere Einnahmen pro Mitarbeitendem als jene ohne solche Rechte.

Noch höhere Einnahmen pro Kopf erzielen Start-ups und KMU, die unterschiedliche Rechte des geistigen Eigentums kombinieren. Kleine Firmen, die sowohl über Patente als auch über Marken verfügen, erwirtschaften rund 75 Prozent mehr an Einnahmen als vergleichbare KMU ohne geistige Eigentumsrechte.

Ein Hamburger Unternehmen, das sich bereits um die 100 Patente gesichert hat, ist die im Jahr 2015 als Start-up gegründete HydroDyn Recycling GmbH, die auf die Entwicklung von Wasch- und Aufbereitungslösungen für stark verschmutzte Kunststoffabfälle spezialisiert ist. „Unsere Reise begann mit der ersten Patentanmeldung für den wegweisenden HydroCleaner“, berichtet Michael Hofmann, Unternehmensgründer und Geschäftsführer mit Verantwortlichkeit für strategische Geschäftsentwicklung und Vertrieb.

Damals ein Patent anzumelden, hatte für ihn mehrere Beweggründe. „Unsere Erfindungen waren so einfach, dass sie leicht zu kopieren gewesen wären“, sagt er. Das Patent einfach und dennoch mit einer starken Schutzwirkung zu gestalten, habe eine der größten Herausforderungen dargestellt. „Nicht minder aufwendig war die umfassende Patentrecherche, um zu erfahren, welche Schutzrechte schon existieren und wie damit umzugehen ist.“

Der Aufwand hat sich ausgezahlt. HydroDyn ist heute als Technologielieferant für Recyclinganlagen führend, die eine effektive Kreislaufwirtschaft ermöglichen. „Patente sind essenziell für das Geschäft“, bilanziert der Unternehmensgründer. „Alle Wettbewerber hätten unsere Technologie schon längst kopiert. Außerdem hätte unser neuer Hauptgesellschafter, die österreichische Next Generation Group, ohne die Patente nicht investiert.“

Neuheit und Erfindungshöhe sind der alleinige Maßstab für eine Patenterteilung.

Michael Hofmann

Das Beispiel untermauert, dass Patente – abgesehen vom Einnahmen-Plus und der damit verbundenen Wertsteigerung des Unternehmens – geschäftliche Entscheidungen erleichtern. Vor allem beim Technologietransfer kommt ihnen eine wichtige Rolle zu. Denn sie helfen nicht nur dabei, Partner für weitere Entwicklungen und unternehmerische Kooperationen zu finden. Sie können auch zweckdienlich sein, um beispielsweise Innovationen zu fördern und Fördermittel einzuwerben. Ferner trägt die Eintragung von Patenten dazu bei, hohe Entwicklungskosten abzusichern, das eigene Image zu verbessern und auch Rechtssicherheit zu schaffen, indem klare Rahmenbedingungen festgelegt werden.

Angesichts der vielen Pro-Aspekte für Patente stellt sich die Frage, warum so viele Start-ups und KMU die Anmeldung eines Patentes versäumen und sich damit der Gefahr aussetzen, dass sich der Wettbewerb an den eigenen Errungenschaften bedient und dann kassiert. Fehlen entsprechendes Wissen, erforderliche Sensibilität oder auch Zeit?

Laut KMU-Barometer halten 20 Prozent der befragten Betriebe ihr geistiges Eigentum nicht für innovativ oder marktfähig genug. 19 Prozent wissen schlichtweg nicht über ihre Schutzrechte Bescheid, und oftmals fehlen vor allem Start-ups und kleineren Firmen die finanziellen Mittel für eine Eintragung. Michael Hofmann rät den Verantwortlichen in Start-ups und KMU dennoch unbedingt dazu, sich in Sachen Patententwicklung und -anmeldung kundig zu machen und entsprechend aktiv zu werden.

Um das eigene geistige Eigentum effektiv durch IP-Rechte zu schützen, ist im Vorfeld eine gründliche Recherche unerlässlich. Das Innovations- und Patent-Centrum (IPC) der Handelskammer informiert zu gewerblichen Schutzrechten und bietet Unterstützung bei Recherchen an. Zudem ist eine kostenfreie Rechtsberatung möglich. Hier gelangen Sie zur Handelskammer-Broschüre „Innovative Ideen erfolgreich schützen“.

Die Fachleute des Innovations- und Patent-Centrums (IPC) der Handelskammer schlagen vor, sich möglichst frühzeitig mit der Sicherung des geistigen Eigentums, bestenfalls bereits in der Gründungsphase, zu befassen – und mit Bedacht zu prüfen, welche Innovationen exklusiv gesichert werden können, um damit Werte zu schaffen und den Geschäftserfolg langfristig zu sichern. Denn ist ein Produkt erst einmal am Markt, wird es schwer sein, es zu schützen.

Zum Thema „Schutz“ hat auch Michael Hofmann noch einen Tipp: Geheimhaltungsvereinbarungen mit Geschäfts- und Kooperationspartnern sollten unbedingt schriftlich fixiert werden, um das hohe Risiko der Vorveröffentlichung auszuschließen: „Patente sind leicht zu Fall zu bringen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Erfindung vor der Anmeldung bekannt gegeben wurde.“ Sofern ein Unternehmen weltweit aktiv werden wolle, sei eine internationale Patentanmeldung (PCT-Anmeldung) vorzuziehen.

In der Phase zwischen Anmeldung und Offenlegung könnten Patente noch nachgebessert werden, sollte es neue Erkenntnisse in Forschung und Entwicklung geben, betont Hoffmann zu guter Letzt. Allerdings müssten dazu die verschiedenen Varianten, die man möglicherweise noch in Versuchen erprobt, im allgemeinen Teil der Anmeldung vorgesehen werden. „Hier lieber mehr als zu wenig einplanen, ohne das Wichtigste für eine Erteilung zu gefährden. Denn Neuheit und Erfindungshöhe sind der alleinige Maßstab für eine Patenterteilung.“


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