Rund 53 Prozent der Befragten in Deutschland sehen die Viertagewoche als wichtigen Trend, aber genauso viele meinen, dass sich die Wirtschaft das Modell bei vollem Lohnausgleich nicht leisten könne. 45 Prozent befürchten, es gefährde die Wettbewerbsfähigkeit: So das Ergebnis der XING-Studie „Der Arbeitsmarkt der Zukunft“, die New Work im Dezember 2023 in Hamburg veröffentlichte. Doch speziell für jüngere Generationen sind Homeoffice, flexible Zeiteinteilung, ortsunabhängiges Arbeiten oder Sabbaticals wichtig. Und etliche Hamburger Unternehmen kommen diesem Wunsch bereits entgegen.
Bei Ladage & Oelke etwa, dem Ausstatter für englische Herrenmode am Alten Wall, gilt samstags zwar „all hands on deck“, ebenso zum Jahresende. Ansonsten ermöglicht das Hamburger Traditionshaus mit 18 Beschäftigten dem Vollzeitpersonal jedoch eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. „Für den Einzelhandel ist das eine Herausforderung“, sagt Geschäftsführer Thomas Wegmann. Konsumzurückhaltung, Insolvenzen und Fachkräftemangel verlangen der Branche viel ab.
A1-Bescheinigung
Unternehmen, die Homeoffice oder „Workation“ im europäischen Ausland anbieten, müssen sich mit der Arbeitnehmerentsendebescheinigung A1 auskennen. Sie ist in EU-Ländern, Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz mitzuführen, um Schwarzarbeit zu bekämpfen sowie Sozialversicherungsbetrug zu vermeiden. Rechtsgrundlage bildet die EG-Verordnung 883/2004. Für Antragstellende, die keine Entgeltabrechnungsprogramme nutzen, gibt es seit Oktober 2023 ein Meldeportal für A1-Bescheinigungen. Die Registrierung ist bis Ende März 2024 kostenlos.
Zwecks Mitarbeiterbindung testete Ladage & Oelke von März bis Dezember vergangenen Jahres das flexible Arbeitszeitmodell, bei dem pro Kopf 100 Stunden im Jahr wegfallen. Voraussetzung ist eigenverantwortliches Arbeiten mit zwei rollierenden freien Tagen pro Woche. Die Testphase habe sehr gut funktioniert, berichtet Wegmann. Das Personal fühle sich erholter und sei motivierter, die Viertagewoche werde 2024 fortgesetzt.
Die 25hours Hotels, die zu Ennismore Germany in der HafenCity gehören, bieten dieses Modell schon seit April 2022 an. Laut einer Sprecherin nutzen es in Hamburg inzwischen 80 Prozent der berechtigten Mitarbeitenden. Während des Pilotprojekts zwischen November 2021 und Februar 2022 habe sich die Anzahl der Bewerbungen in den ersten Wochen im Vergleich zu den Vormonaten verzweihundertfacht. Service-, Empfangs- oder Küchenpersonal im Schichtdienst arbeitet bei dem Viertagemodell je neun Stunden täglich. Überstunden gleichen die Differenz zur vertraglich geschuldeten Wochenarbeitszeit aus.
Auch Lufthansa Technik setzt auf neue Wege, um mehr Freizeit zu ermöglichen. Arbeitsrechtler Dr. Andreas Schönhöft ist dort für Arbeits- und Vergütungsbedingungen verantwortlich. Das Wartungsunternehmen habe „seit sehr vielen Jahren flexible Arbeitszeitmodelle“, berichtet er. Konkret können außertariflich Beschäftigte bis zu drei Monate Auszeit nehmen – das betrifft ein Fünftel der 9750 Personen in Hamburg und Norderstedt.
Mehr Informationen zum Thema „Homeoffice“ erhalten Sie auf der Seite der IHK München und Oberbayern. Über Innovative Arbeitszeitmodelle informiert die Handelskammer Hamburg auf ihrer Homepage.
„Unser ‚Time Out‘ finanziert sich aus dem nächsten Bonus“, erklärt Kollegin Andrea von Hardenberg. Das Modell „MyFlexTime“ ermöglicht bis zu vier Wochen zusätzlichen Urlaub im Jahr. Tariflich Mitarbeitende haben hingegen die Möglichkeit, Wertguthaben auf Langzeitkonten anzusparen. „Beliebt ist das für mehr Freizeit und Urlaub, bestimmte Familiensituationen oder Weiterbildung“, so von Hardenberg. Das im administrativen Bereich viel genutzte Homeoffice lässt sich europaweit mit Reisen verbinden, doch nur wenige machten bislang von „Workation“ Gebrauch. Die Viertagewoche bietet Lufthansa Technik für „Engpassqualifikationen“ wie Avioniker an, sagt Andreas Schönhöft. Bei Ladage & Oelke dagegen wird erst wieder ab Mitte Oktober fünf Tage pro Woche gearbeitet.