Der Tag beginnt, jetzt schnell zur Arbeit! Draußen fährt das Auto vor, ferngesteuert und souverän ist es die wenigen Straßen vom Parkplatz bis zur Haustür gekurvt. Also einsteigen, starten und zum Zielort fahren … Und nach dem Aussteigen übernehmen wieder Menschen in einem Cockpit die Kontrolle: Aus der Ferne lenken sie den Wagen zum nächsten Treffpunkt, die lästige Parkplatzsuche entfällt.
Förderung
Mit der Innovationsinitiative mFUND fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um digitale datenbasierte Anwendungen für die Mobilität der Zukunft. Der aktuelle Aufruf für die Förderlinie 1 (kleine Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Machbarkeits- und Vorstudien mit ausgeprägtem Bezug zu Daten aus dem Geschäftsbereich des BMDV) läuft noch bis zum 31. Dezember.
Zukunftsmusik? Nein, ein reales Angebot. Jedenfalls innerhalb eines vordefinierten Bereiches in Hamburg-Bergedorf, in dem das Berliner Start-up Vay als erstes Unternehmen in Europa seit Februar 2023 teilautonome Testfahrten auf öffentlichen Straßen durchführen darf. Der neue Service ergänzt die bisherigen Carsharing- und Tür-zu-Tür-Dienste und will sich langfristig als Alternative zum Privatauto etablieren.
Der größte Vorteil: Es ist nicht mehr nötig, den Mietwagen abzuholen oder an einen geeigneten Standort zurückzubringen. Und auch für Sicherheit auf den fahrgastlosen Strecken ist gesorgt: Die hauseigene Vay Teledrive Academy verspricht, dass die Menschen im Fernsteuerungscockpit die bestmögliche Schulung erhalten. Und falls das Funksignal einmal ausfällt, kann das System jederzeit auf ein anderes Netz wechseln. So ist eine konstante Verbindung zum Fahrzeug gewährleistet.
Moderne Logistik: autonome Lkw
Solche und andere innovative Projekte zur Digitalisierung des Verkehrs haben in Hamburg Priorität. Mit autonomen Fahrzeugen, digitaler Steuerung der Verkehrsflüsse und smarten Buchungs-Apps will die Hansestadt zur „Metropol-Modellregion Mobilität“ werden.
Innovationsideen betreffen nicht nur den Privatverkehr. Das zeigt etwa das Ende 2021 abgeschlossene Pilotprojekt „Hamburg TruckPilot“, ein Gemeinschaftsvorhaben von Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und MAN Truck & Bus. Dieses wies erfolgreich nach, dass sich selbstfahrende Lkw effizient in Logistikabläufe integrieren lassen.
Das autonome Fahren wird ein Gamechanger im Transportwesen sein.
Dr. Frederik Zohm
In Testfahrten über insgesamt 5000 Kilometer bewegte sich ein solcher Lkw sicher über das Gelände des HHLA Container Terminal Altenwerder (CTA) und erreichte präzise seine Zielparkposition – lediglich überwacht von einem Sicherheitsbegleiter auf dem Fahrersitz. Auch die Be- und Entladung erfolgte voll automatisiert, und nach dem Containerumschlag tourte der Lkw ebenso eigenständig zurück zum Check-Gate.
Solche Technologien ermöglichen es zum Beispiel, dass der eigentliche Lkw-Fahrer im Hafen Pause macht. „Das autonome Fahren wird ein Gamechanger im Transportwesen sein“, sagte Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei MAN, bei der Vorstellung der Projektergebnisse auf dem ITS World Congress 2021 in Hamburg – und formulierte das Ziel, „ab 2030 selbstfahrende Lkw zur Serienreife zu bringen“.
Smarte Lieferzonen für die Innenstadt
Manchmal ist nicht der Weg, sondern das Ziel die eigentliche Herausforderung. Zum Beispiel beim Be- und Entladen von Liefertransporten in oftmals zugeparkten innerstädtischen Bereichen. Abhilfe verspricht das Projekt „SmaLa“ (Smarte Liefer- und Ladezonen), ein virtuelles Buchungssystem für Lieferverkehre, das die Hansestadt 2019 entwickelt hat und nun kontinuierlich erweitert.
Über die SmaLa-App können Paketdienste, Kuriere oder Frachttransporteure Lieferzonen im Voraus reservieren und damit zeitraubende Suchmanöver vermeiden. Die ersten vier Modellladezonen in der Innenstadt haben sich bereits bewährt, weitere 25 Zonen in den Bezirken Mitte, Altona und Eimsbüttel sollen bis Ende 2023 folgen. Damit will Hamburg auf die immer weiter steigenden Zahlen im Online-Handel und den dadurch vermehrten Lieferverkehr reagieren sowie den CO2-Ausstoß senken.
Autonome Minibusse und Sammeltaxis
Stark verändern wird sich auch die Mobilität im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV): Bis 2030 sollen rund 10 000 autonome Fahrzeuge fahrerlos und autonom durch Hamburg fahren, darunter Sammeltaxis und Minibusse. Damit will die Stadt dazu beitragen, den Straßenverkehr zu entlasten und klimafreundlicher machen – und nimmt eine Vorreiterrolle in Deutschland ein.
Den Auftakt macht die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH), die zunächst ihren städtischen On-Demand-Shuttle-Service „hvv hop“ um 20 autonome Fahrzeuge ergänzt, so das Unternehmen. Diese sollen ab 2025 die „letzte Meile“ abdecken, also den Weg von der Bushaltestelle zum Ziel. Die Hamburger Hochbahn wiederum plant von 2024 an Testfahrten mit dem autonomen Kleinbus HOLON Mover, ab 2025 auch den Einsatz von Serienfahrzeugen.
Der Bund fördert das Projekt „ahoi“ (Automatisierung des Hamburger On-Demand-Angebotes) mit 18 Millionen Euro. Projektziel ist es, On-Demand-Angebote und autonomes Fahren zu verbinden sowie eine Flotte von Kleinbussen unter realen Bedingungen zu testen. Diese sollen sowohl autonom als auch mit manueller Steuerung fahren können.
Die schwarz-goldenen Sammeltaxis von Moia sind ebenfalls Teil des Systems. Sie lassen sich bisher zwar nicht über „hvv hop“ buchen, sind nun aber enger ans HVV-Netz angebunden: Seit Januar 2023 darf Moia Fahrgäste an 29 Bushaltestellen aufsammeln oder herauslassen. Auf ihren Fahrten sammeln die Moia-Gefährte Daten, die als Grundlage für die Entwicklung selbstfahrender Taxis dienen sollen. Erste Versuche mit solchen Fahrzeugen will Moia-CEO Sascha Meyer schon dieses Jahr starten und ab 2024 „mit einer geschlossenen Nutzergruppe Menschen tatsächlich im Straßenverkehr von A nach B befördern“.