
Fast die Hälfte der Firmen nutzt KI inzwischen für Marketing und Kommunikation, so eine Umfrage des Digitalverbandes bitkom. Kein Wunder: Generative KI-Modelle wie ChatGPT bieten eine Fülle von Möglichkeiten, Marketingkosten zu sparen und Routineaufgaben effizienter zu erledigen.
Umfrage Der Digitalverband bitkom hat 603 Unternehmen mit über 20 Mitarbeitenden in Deutschland zum Einsatz von digitalen Technologien und KI befragt. Einige Ergebnisse: 53 Prozent haben Probleme mit der Digitalisierung, 26 Prozent sehen die Existenz ihrer Firma durch KI bedroht – und 88 Prozent betrachten Datenschutz als besonders großes Digitalisierungshemmnis. Zur Umfrage geht es hier.
Doch die Unsicherheit ist nach wie vor groß, insbesondere bei kleineren Unternehmen (KMU): Wo kann ich KI am besten einsetzen? Was muss ich bei der Einführung beachten? Und welche Gefahren lauern beim KI-Einsatz?
Breite Einsatzzwecke
„Auch wenn viele Unternehmen KI primär für Texte und weiteren Content verwenden, ist ihr Potenzial im Marketing weit größer“, erklärt der zertifizierte KI-Berater Thomas Roß, Inhaber der Firma TR3M. „Die Tools helfen insbesondere bei Recherche und Analyse. Sie ermöglichen es, Märkte und Zielgruppen schneller zu verstehen, Werbekampagnen auszuwerten und aus Daten konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten.“
Als Beispiele nennt Roß etwa Wettbewerbsanalysen, das Beobachten von Trends oder die schnelle Auswertung von Kundendaten zwecks gezielter Ansprache und dem Erstellen typischer Nutzergruppen („Personas“). „KI kann auch ermitteln, was in einer Kampagne funktioniert hat und was nicht. Sie analysiert Kennzahlen, erstellt Reports und zeigt, welche Maßnahmen welche Wirkung entfalten.“
Klare Strategie erforderlich
Gerade in Betrieben mit wenig KI-Erfahrung ist die Skepsis jedoch oft groß – und Roß empfiehlt, die Tools schrittweise einzuführen, um Vertrauen zu schaffen. „Zunächst sollten KMU sich fragen: Welche Aufgaben kosten uns im Marketing am meisten Zeit und Geld – und wo ist der Leidensdruck am größten?“, so der KI-Berater. „Genau dort lohnt es sich, zuerst auf KI zu setzen.“ Danach sei es sinnvoll, zunächst mit einem kleineren Pilotprojekt zu starten und die Erfahrungen auszuwerten, bevor weitere Mitarbeitende an Bord geholt und die KI-Einsatzzwecke erweitert werden.
Plattform Die KI-Plattform Langdock unterstützt Unternehmen dabei, generative KI DSGVO-konform mit internen Daten zu integrieren und Workflows zu automatisieren.
Sehr wichtig sei dabei, alle Beteiligten zu schulen: Wie stelle ich die richtigen Fragen? Welche Daten darf ich eingeben – und welche nicht? Wie prüfe ich Ergebnisse? „Ein häufiger Irrtum lautet: Mitarbeitende könnten KI intuitiv richtig einsetzen“, sagt Roß. „Doch privat ChatGPT zu nutzen heißt noch lange nicht, es professionell zu beherrschen.“
Der Experte berichtet von einem Fall aus seiner Beratungspraxis, bei dem eine Führungskraft im Rahmen des Ausprobierens von KI-Tools „mal eben“ vertrauliche Finanzdaten in ein frei verfügbares Tool eingegeben hat. „Solche Fälle zeigen: Ohne Regeln wird es schnell gefährlich. Firmen müssen Prozesse und Abläufe festlegen, damit Ergebnisse reproduzierbar und rechtssicher werden, und brauchen verbindliche KI-Richtlinien, um nicht gegen Datenschutz- und Compliance-Regeln zu verstoßen.“
Vorsicht bei der Wahl der KI-Tools
Vorsicht sei auch bei der Wahl der KI-Tools erforderlich. „Gratisversionen haben in Unternehmen nichts zu suchen, da sie meist erhebliche Datenschutzprobleme mit sich bringen“, so Roß. Er empfiehlt KMU, frühzeitig Beratung einzuholen und etwa europäische KI-Plattformen wie Langdock zu nutzen, damit die Datenverarbeitung im Rahmen des EU-Rechtsrahmens stattfindet.
Kurse Zahlreiche Kurse zur Nutzung von KI, den rechtlichen Rahmenbedingungen und eine IHK-Zertifizierung zum KI-Manager bietet der Bildungsservice der Handelskammer HKBiS.
Vor dem Einsatz von KI-Ergebnissen in der Praxis sei zudem eine systematische Qualitätssicherung nötig – schließlich produziert KI häufig Falschaussagen. ChatGPT etwa „erfindet“ Quellen und Zitate, „neigt zu sehr zu starken Vereinfachungen“ und dazu, statt echter Werte „plausibel klingende Prozentwerte oder Marktgrößen“ anzugeben – so die Eigenaussage der KI. Diese betont: „KI ist keine Faktenquelle, sondern generiert Vorschläge. Sprachmodelle optimieren auf Stimmigkeit, nicht auf Wahrheit.“
Nutzende sollten daher unter anderem die KI anweisen, sichere und unsichere Infos zu unterscheiden, sowie Quellen anfordern und prüfen, sagt Roß. Sinnvoll sei es auch, die KI-Recherche und -Analyse auf interne, geprüfte Datenquellen zu begrenzen.
Der Einsatz von KI erfordert also einige Anstrengungen. Doch ähnlich wie das Internet und Tools wie Google seit über 20 Jahren nicht mehr aus der Praxis wegzudenken sind, wird auch generative KI bald selbstverständlich sein. Nicht als Wunderwerk, sondern als zeit- und ressourcensparendes Hilfsmittel – das im Übrigen sogar präzise Antworten zum richtigen Umgang damit gibt, wenn man denn nachfragt.
