Hermann-Dieter Schröder (66)
Associated Researcher Leibniz-Institut für Medienforschung I Hans-Bredow-Institut
Die Auflagen sinken stetig; wir erleben den Niedergang der Publikumszeitschriften. Ihr Geschäftsmodell war und ist die Spezialisierung des Angebotes. Aber das bietet heute auch das Internet, mit noch mehr Variationen und geringeren Preisen. Für den Medienplatz Hamburg ist diese Entwicklung dann besonders schmerzhaft, wenn bei Zeitschriften nicht nur der traditionelle Verbreitungsweg wegfällt, sondern wie jetzt im Falle von RTL auch ein anspruchsvolles journalistisches Angebot ganz verschwindet.
Tanya Kumst (56) und Mathias Forkel (53)
Geschäftsführer VKM Verlagskontor für Medieninhalte GmbH
Alle Unternehmen müssen aktuell schauen, wie sie noch wirtschaftlich arbeiten können. Da macht RTL keine Ausnahme. Wir finden es richtig zu prüfen, ob ein Magazin wie die „Brigitte“ tatsächlich elf Line Extensions (Ableger) benötigt. Wichtig ist, dass am Ende Jobs nachhaltig gesichert werden und Einschnitte nicht auf Kosten und zulasten der Gesundheit verbleibender Mitarbeiter gehen. Dass die Axel Springer Gruppe einen ähnlichen Weg beschreiten wird, ist schade, aus wirtschaftlichen Erwägungen aber leider nachvollziehbar.
Lars Haider (53)
Chefredakteur Hamburger Abendblatt
Sie sind ein warnendes Beispiel für alle, die glauben, Medienunternehmen genauso führen zu können wie jede andere Firma. Journalismus ist nicht ein x-beliebiges Produkt, das man nach Rendite und Wachstumschancen beurteilen kann. Es geht, auch wenn das pathetisch klingt und nicht so leicht zu fassen ist wie ein EBITDA, um die Demokratie und die Gesellschaft. Wer ein Medienhaus leitet oder besitzt, hat eine Verantwortung, die weit über Zahlen hinausgeht, und sollte sich dieser Verantwortung bewusst sein – was sich die meisten Verlegerinnen und Verleger, das ist die gute Nachricht, nach meiner Erfahrung auch sind.
Dr. Katharina Schaefer (47)
Geschäftsführerin Hamburg Media School
Hamburg zeichnet sich durch eine aktive Digital- und Medienlandschaft aus. Dazu gehört natürlich auch RTL. Die Einschnitte sind bitter. Aber RTL und Bertelsmann können auch viel Potenzial für den Standort Hamburg haben. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass die angekündigten 80 Millionen Euro nur der Beginn von umfassenden Investitionen in zukunftsfähige Geschäftsmodelle am Standort Hamburg durch RTL und den gesamten Bertelsmann Konzern sind. Davon könnten dann in Zukunft alle profitieren.
Michael Grahl (63)
Vors. Geschäftsführung Sat.1 Norddeutschland GmbH
Eine vorhersehbar falsche Unternehmensstrategie, gewürzt mit überzogenen Renditeerwartungen und einer überraschenden Prise Fantasielosigkeit sind die Hauptzutaten dieses bitteren Cocktails. Bitter auch die späte Erkenntnis, dass sich digitaler Wandel schneller vollzieht, als nachhaltige Geschäftsmodelle entwickelt und Systeme, die keine Veränderung mögen, zukunftsfähig gemacht werden können. Auch der Medienstandort Hamburg sollte daraus lernen. Transformation kümmert sich nicht um Tradition.