Ob Gesundheit oder Umweltschutz, Mobilität oder Landwirtschaft, Marketing oder Industrie: Kaum eine Branche wird in Zukunft ohne Künstliche Intelligenz (KI) auskommen. Hamburg ist bereits gut aufgestellt. Hier finden sich zahlreiche Institutionen und Netzwerke, die KI erforschen, entwickeln und das notwendige Know-how vermitteln. Und eine Reihe von Unternehmen entwickelt KI-Lösungen – vom Start-up bis hin zu großen Konzernen.
So betreiben etwa IBM und Philips eigene KI-Forschungseinrichtungen in der Hansestadt. IBM arbeitet dort an branchenübergreifenden KI-Angeboten wie dem im Sommer vorgestellten WatsonX. Diese neue, aus drei Modulen bestehende KI- und Datenplattform soll es Unternehmen unter anderem ermöglichen, Modelle für maschinelles Lernen zu implementieren sowie die Datenverwaltung und -auswertung zu verbessern.
Philips konzentriert sich hingegen auf KI-Lösungen im Gesundheitssektor und bereitet den Marktstart seiner KI-Plattform „AI Manager“ für die Radiologie vor. Sie soll es ermöglichen, Röntgenbilder schneller und genauer diagnostisch auszuwerten und bei Anomalien etwa frühzeitige Warnhinweise ausgeben.
Hapag-Lloyd wiederum setzt eigens auf das Unternehmen zugeschnittene KI-Technologie ein – unter anderem das KI-Tool DAISY, das E-Mails automatisiert klassifiziert, direkt an die passenden Mitarbeitenden weiterleitet und damit Antwortzeiten drastisch reduziert.
Erfolg mit KI-Start-ups
Innovative KI-Lösungen entwickeln auch kleinere Softwareschmieden. Hamburg bietet allein 125 KI-Start-ups, so das Kompetenznetzwerk „Artificial Intelligence Center Hamburg“ (ARIC). Zu diesen gehört etwa PANDA, dessen dreiteiliges KI-Kit PANDA | IDI dafür sorgt, dass Maschinen und Sensoren in der Industrie aussagekräftige Daten in einheitlicher Form liefern, und diese automatisch auswertet: ein Mittel, um Ausfälle zu vermeiden, die Ursachen von Fehlfunktionen rasch herauszufinden und die Qualität der Produktion zu sichern. „Das KI-System von PANDA ist besonders geeignet für Unternehmen mit einem hohen Automatisierungsgrad wie zum Beispiel in der Medizintechnik sowie in der Lebensmittel- und Kunststoffindustrie“, sagt Ingo Kaiser, Gründer und CEO von PANDA, zu dessen Kunden Tesa, Harting und B.Braun zählen.
Zwei weitere Start-ups wurden auf dem AI.SUMMIT Ende Juni im CCH ausgezeichnet. Veranstalter des hochkarätig besetzten Events waren Petra Vorsteher und Ragnar Kruse, die 2020 die Initiative AI.HAMBURG in Zusammenarbeit mit Hamburg@work, Hamburger Universitäten und städtischen Partnern geründet haben: eine Institution, die Vernetzung, Wissensaustausch und -vermittlung im KI-Bereich fördern und im Zusammenspiel mit der Politik dazu beitragen will, Hamburg zu einem Vorreiter in der KI-Entwicklung zu machen. Schließlich könnte KI das Bruttoinlandsprodukt der Stadt bis 2030 um etwa elf Prozent erhöhen, so die beiden Fachleute.
KI-Summit Der vierte KI-Summit der Handelskammer in Kooperation mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Hambirg (MDZ) und ARIC findet am 31. August in der Katholischen Akademie, Herrengraben 4, 20459 Hamburg, statt. Moderation: Anke Nehrenberg, Vorsitzende des IT-Ausschusses der Handelskammer. Weitere Informationen hier.
Digitalkongress Vom 6. bis zum 8. September läuft die „Solutions – Der Kongress für digitale Transformation“ auf Kampnagel. Unter anderem hält Isabel Schwerdtfeger, IBM Deutschland, am 8. September gegen 17 Uhr einen Vortrag: „ChatGPT – Vor- und Nachteile Künstlicher Intelligenz im Einkauf“.
Der Jury-Preis des AI.SUMMIT ging an das Start-up CLOUDSUPPLIES für seine Software MILTON, die KI-Teams in Betrieben unterstützt. Sie „übernimmt langweilige Routinearbeit in der IT, die kein Mensch gerne machen möchte beziehungsweise die einfach Zeit fressen, wie Passwörter zurücksetzen oder Programme für neue Mitarbeitende einrichten“, erklärt Olaf Schaefers, Mitgründer und Geschäftsführer des Start-ups.
Mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde die 2018 von der Informatikerin Dr. Diana Knodel mitgegründete Bildungsplattform fobizz. Sie bietet Lehrkräften neben Fortbildungen im Digital- und KI-Bereich eine Reihe von Tools, mit denen sie etwa Audio-Feedbacks erstellen, Video-Aufnahmen teilen, kollaborative Wortwolken nutzen, Dateien bereitstellen sowie temporäre Webseiten online stellen können.
Zentral ist dabei auch eine selbst entwickelte KI-Assistenz für den Unterricht und seine Vorbereitung. „Begleiten statt verbieten!“ ist das Motto von fobizz für den KI-Einsatz in Schulen. „Heute ist fobizz Deutschlands größte digitale Weiterbildungsplattform, die von 280 000 Lehrkräften im deutschsprachigen Raum genutzt wird“, freut sich Knodel über den Erfolg. Die Lösung basiert auf dem KI-Chatbot ChatGPT, den die HW in der Juni-/Juli-Ausgabe vorstellte.
KI vermitteln – und am Ball bleiben
Wie wichtig die Vermittlung und Implementierung von digitalem und KI-Wissen ist, hat auch Hapag-Lloyd erkannt. So rief das Unternehmen bereits 2019 ein weltweites, inzwischen massiv erweitertes Team von 100 Digital Managern ins Leben, die als „Transformation Ambassadors“ fungieren und den über 14 000 Mitarbeitenden ihr Know-how in unterschiedlichen Formaten weitergeben – etwa mithilfe des betriebseigenen TV-Studios in Hamburg. Karsten Ramm, Director Digital Products & Innovation, empfiehlt Unternehmen, KI-Know-how durch die Einstellung oder Weiterbildung von ein bis zwei Mitarbeitenden zu integrieren und technologische Übersetzer zu haben, um die Fragen „Wo stehen wir?“, „Was muss ich jetzt wissen?“, „Was kann ich jetzt tun?“ zu beantworten. „Es ist wichtig, am Ball zu bleiben.“
Das bekräftigt auch Alois Krtil, Gründer und CEO des Kompetenzzentrums und Netzwerkes ARIC, das das Know-how in der Metropolregion bündelt: „KI gibt es nicht erst seit ChatGPT. Und nicht jeder Use Case lässt sich damit einfach lösen. Wir brauchen eine fundierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der KI und Übersetzer:innen, die sowohl die Unternehmenswelt als auch die KI-Welt kennen und entsprechend sinnvoll und fundierte Brücken bauen.“
Dabei können Unternehmen auf ARIC zählen. „ARIC ist als Non-for-profit institutionalisiert an der Schnittstelle zwischen anwendungsorientierter Forschung und praxisnaher Anwendung. Insbesondere dem Mittelstand hilft ARIC, die sich schnell entwickelnde Schlüsseltechnologie zu begreifen und selbst anzuwenden“, so Krtil.
KI ist die Zukunft – und um sie weiterzuentwickeln, innovative Ideen vorzustellen und über Praxis und Potenzial von KI zu informieren, organisiert die Handelskammer in Zusammenarbeit mit ARIC und dem Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg dieses Jahr ihren vierten KI-Summit. „Unser KI-Summit hat sich über die letzten Jahre als branchenübergreifende Netzwerkveranstaltung etabliert“, sagt Jenny Kersten, Referentin „IT & Digitalisierung“ bei der Handelskammer. Die KI-Summit unter dem Motto „Verstehen. Entwickeln. Anwenden“ findet am 31. August als Teil des fAIstival 2023 statt – alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen, gemeinsam neue KI-Entwicklungen kennenzulernen.
ARIC Das „Artificial Intelligence Center Hamburg“ (ARIC) bietet umfassendes Know-how für die Hamburger Wirtschaft sowie die Gesellschaft, zum Beispiel Weiterbildungsformate, Workshops und KI-Lunch-Talks.
Standpunkte Im September 2020 hat die Handelskammer das Positionspapier „KI – Chancen für die Hamburger Wirtschaft nutzen“ veröffentlicht. Sie finden es mit weiteren Informationen hier.