100 Jahre im Einsatz für Redlichkeit

Der Verein PRO HONORE engagiert sich seit seiner Gründung für Compliance und Fairplay im Geschäftsleben. Im April feiert er seinen 100. Geburtstag. Geschäftsführer Dr. Malte Passarge erklärt, was heute von der Politik gefordert ist.
Ulrich Perrey
Friedrich-Joachim Mehmel (früherer Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichtes), Christian Graf (Chefjustiziar der Handelskammer), PRO-HONORE-Geschäftsführer Dr. Malte Passarge (v. li.)

Von Felix Schoen, 24. März 2025

„Helft mit, daß Treu und Glauben, die stets der Stolz und der Ruhm der Kaufmannschaft an der deutschen Wasserkante waren, nach wie vor die unverrückbare Grundlage im geschäftlichen Verkehr bilden, daß nicht Schiebung und listige Uebervorteilung, sondern ehrliche Arbeit am Beschaffen und Verteilen der Lebensnotwendigkeiten das Wesen des freien Handels sein und bleiben wird“: Mit diesen Worten wandte sich PRO HONORE Ende 1926 an die Hamburger Kaufmannschaft.

Jubiläum Zur Feier seines 100-jährigen Bestehens bittet PRO HONORE alle Interessierten zum „11. Hanseatischen Compliance Tag“ am 16. April in die Handelskammer. Nach einer Reihe von Vorträgen, etwa zum richtigen Umgang mit Meldungen und zu „KI & Compliance“, klingt der Tag mit einem Jubiläumsdiner im Café de Paris aus. Die Teilnahmegebühr beträgt 550 Euro für Nichtmitglieder. Anmeldungen sind bis zum 7. April hier möglich.

Die am 7. April 1925 von einer Reihe Hamburger Institutionen und Persönlichkeiten, darunter dem Bürgermeister Dr. Petersen und Vertretern der Handelskammer, gegründete Institution hatte sich damals gerade mit dem „Großhamburgischen Ausschuß zur Bekämpfung der Schwindelfirmen“ vereinigt. Ihr gemeinsames Ziel: der Kampf gegen „das Bestechungs- und Schmiergelderunwesen“, gegen unlauteren Wettbewerb, betrügerische Praktiken sowie „mit der kaufmännischen Ehre nicht vereinbare Unsitten und Gebräuche“.

Meldestelle und Schmiergelderrevers

Um „die Schwindler in ihrer Tätigkeit lahmzulegen und Mißbräuche und Auswüchse abzustellen“, nahm der „Ausschuß Pro Honore“, der im Sommer 1927 als Verein eingetragen wurde, „Anzeigen jeder Art entgegen“. Dabei bot er schon damals „dem Anzeigenden die Gewähr, daß sein Name, mit dem er für die Richtigkeit seiner Behauptungen eintritt, in keiner Weise genannt oder bekannt wird, falls das gewünscht wird“; von anonymen Meldungen bitte man allerdings „nach Möglichkeit abzusehen“.

Anzeige 1926_neu
Mit dieser Anzeige informierte der Ausschuss 1926 in der Zeitung „Hamburgischer Correspondent“ über seine Tätigkeit.

Im Jahr 1927 verzeichnete der Verein bereits 370 neue Fälle. Dabei versprach er, „die gegebenen Hinweise über Unerlaubtheiten weiter zu verfolgen, ohne immer sogleich die Behörden anzurufen“, was Strafanzeigen natürlich nicht ausschloss: „Pro Honore warnt und wird Verletzungen des Gesetzes als Verein mit derjenigen Autorität verfolgen, die dem einzelnen Staatsbürger nicht zu Gebote steht“, hieß es in einer Werbeanzeige (siehe Bild). Außerdem setzte die Einrichtung auf Beratung ihrer Mitglieder sowie Selbstverpflichtungen der Wirtschaft – und warb insbesondere für einen „Schmiergelderrevers“, „der von Lieferanten zu unterzeichnen ist und mit dem diese sich bei Konventionalstrafen verpflichten, keine Bestechungen vorzunehmen“.

Die im „Revers“ vereinbarten Strafen waren durchaus empfindlich. So hieß es dort: „Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichten wir uns, den zwanzigfachen Betrag der gewährten, versprochenen oder angebotenen Zuwendung, mindestens aber 1000 Reichsmark an Sie zu zahlen.  Daneben bleiben Sie berechtigt, jeden Schaden geltend zu machen, welcher Ihnen durch Nichterfüllung der obigen Verpflichtungen erwächst.“

Im Kampf gegen Schwindelfirmen

Auf Basis der Informationen von PRO HONORE veröffentlichte die bereitwillig kooperierende Hamburger Presse schon ab 1926 eine Fülle von Meldungen zu gefährlichen Türgeschäften, inkompetenten Baugenossenschaften, betrügerischen Job- und Kreditvermittlern oder auch Firmen, die „Lebens- und Genußmittel im Wege des Schneeballsystems vertreiben“.

So warnte das „Hamburger Echo“ am 28. Dezember 1926 unter Verweis auf PRO HONORE vor einem „Nebenerwerbsschwindler“: Gegen Einsendung von „1,50 Mark für nähere Informationen“ bot dieser „bequeme Schreibtischarbeit“ an, „mit der man monatlich 180 Mark verdienen kann“. „Mit diesen 1,50 Mark macht Adam Weber ein besseres Geschäft als die Einsender“, so das Fazit.

Presseartikel HHer Volkszeitung 12.1.1927
PRO HONORE warnte regelmäßig vor betrügerischen Firmen – am 12. Januar 1927 etwa über die „Hamburger Volkszeitung“.

„Warnung vor Schwindelfirmen“ titelte die „Hamburger Volkszeitung“ am 12. Januar 1927 (siehe Bild) – und zwei Tage später „Achtung, Schwindelfirma“. Der „Ausschuß Pro Honore“, informierte die zweite Meldung, warne vor einer Firma, die ein Preisausschreiben mit „sehr verlockenden Preisen“ wie einer „kompletten Wohnungseinrichtung“ veröffentlicht habe, aber zunächst Geld forderte: „Es wird dringend davon abgeraten, bei dieser Firma irgendwelche Geldbeträge einzusenden.“

Vor einem anderen Gewinnspiel warnte das „Hamburger Echo“ am 30. Oktober 1927: Diesmal ging es um „Tischsprechapparate“, bei denen ein „Betrag von etwa 7,50 Mark für Unkosten, Fracht und Verpackung“ berechnet wurde – „hinausgeworfenes Geld“, so PRO HONORE.

Und die Institution war damit auch ein Ansprechpartner für die Wirtschaft, wie ihr Jahresbericht für 1926 zeigt. Dort hieß es laut „Hamburger Echo“: „Das Gewerbe der Beerdigungsunternehmer, bei welchem Schmiergelder und Provisionen seit Jahrzehnten in so hohem Maße verausgabt werden, daß man von einem öffentlichen Skandal sprechen kann, hat sich an Pro Honore gewandt, um mit dessen Hilfe diesen Mißständen Einhalt zu tun.“

Bis heute im Dienst der Wirtschaft

Die 1920er-Jahre sind lange vorbei, doch PRO HONORE setzt sich nach wie vor „für die Interessen von Unternehmen ein, die nachhaltiges und ehrbares Wirtschaften in den Mittelpunkt stellen“, erklärt Geschäftsführer Dr. Malte Passarge. Damit steht der Verein „in einer Reihe mit den anderen Hütern der Prinzipien der Ehrbaren Kaufleute in Hamburg, nämlich unserer Handelskammer, der Versammlung Ehrbarer Kaufleute zu Hamburg e. V. und der Handwerkskammer“, betont Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Malte Heyne in der Festschrift zum 100. Geburtstag.

Das Hinweisgeber­schutzgesetz schafft kleinteilige Regulierungs­vorgaben, die Hinweisgeber nicht nur nicht schützen, sondern ihnen sogar schaden können. 

Dr. Malte Passarge

Statt vom „Schutz des lauteren Wettbewerbs“ spreche man heute von Compliance, sagt Passarge – und viele Unternehmen hätten mittlerweile verstanden, dass diese „wie eine Versicherung schützt“. Nicht nur vor Strafanzeigen und Bußgeldern, sondern auch vor Reputationsverlust. Der Verein unterstützt Mitgliedsbetriebe daher beim Einrichten eines Compliance-Management-Systems.

Außerdem erstellt er „eine für den Mittelstand maßgeschneiderte Zertifizierung von Compliance-Management-Systemen“, erklärt Christian Graf, Chefjustiziar der Handelskammer, in der Festschrift. Dabei sei „auch der Marketingeffekt des Zertifikats wichtig“, da „der Nachweis einer rechtstreuen Organisationsstruktur des Betriebs“ etwa von Geschäftspartnern und Finanzierungsgebern erwartet würde.

Getreu seiner Tradition richtete der Verein im Jahr 2003 die „Hamburger Hinweisstelle zum Schutz vor Korruption in der Wirtschaft“ ein – eine damals einzigartige Institution, bei der Whistleblower bis heute Missstände im Betrieb melden können, ohne negative Folgen zu befürchten. Inzwischen schreibt das Hinweisgeberschutzgesetz eine solche Meldestelle für alle Betriebe ab 50 Beschäftigen vor, und PRO HONORE hilft seinen Mitgliedern, sie einzurichten.

Allerdings sei das Gesetz „leider für seine Zwecke kaum brauchbar“, kritisiert Geschäftsführer Passarge. „Es greift in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit ein und schafft kleinteilige Regulierungsvorgaben, die entgegen dem Zweck Hinweisgeber nicht nur nicht schützen, sondern ihnen sogar schaden können.“ Wichtige Themen würden nicht geregelt, etwa zu internen Ermittlungen. Statt beim Thema Compliance ein Vorbild zu sein, würden Politik und Verwaltung zudem „Hinweisgeber aus eigenen Reihen weitgehend schutzlos stellen“.

Studie Wie wirkt sich das Hinweisgeberschutzgesetz vom Sommer 2023 auf mittlere Hamburger Unternehmen aus? Das möchte PRO HONORE mithilfe einer anonymen Umfrage ermitteln. Sie sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen.

Für die Zukunft sei zentral, „dass die Politik praxisnahe, verlässliche und international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen“ schafft, „die es Unternehmen ermöglichen, gesetzeskonform und zugleich wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten“, erklärt Passarge. Wichtig sei es auch, effizient gegen Mandatsträgerbestechung vorzugehen und „Interessenkonflikte in Legislative, Exekutive und Justiz offenzulegen“. „Erfolgreiche Compliance zeichnet sich nicht durch ein Höchstmaß an bürokratischen Strukturen, Dokumentationspflichten und Tip-the-Box-Ansätze aus, sondern durch die ethisch eigenverantwortliche Einhaltung von Regeln.“

PRO HONORE ist so aktiv wie eh und je – und seit 1925 ein zuverlässiger Partner der Handelskammer bei der „Prävention von Kriminalität gegen die Wirtschaft und aus der Wirtschaft“, unterstreicht Christian Graf.


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