„Hamburg muss sich endlich als Innovations- und Technologiestandort begreifen“

In seiner Rede anlässlich der Jahresschlussversammlung der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns“ sprach Präses Prof. Norbert Aust unter anderem davon, wie Hamburg mit einem „Innovations-Dreisprung“ in die Weltspitze der Innovationsstandorte aufsteigen soll.
Melanie Gibbat
Präses Norbert Aust spricht vor einem nahezu voll besetzten Börsensaal.

Von Frank Schlatermund, 30. Dezember 2022

Nachdem 2021 coronabedingt nur wenige Zuschauer zugelassen waren, war die traditionelle Jahresschlussversammlung der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ (VEEK) in diesem Jahr wieder auf ein großes Publikum ausgelegt. Rund 1200 Gäste – darunter Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft – fanden sich zur Ansprache von Präses Prof. Norbert Aust im Börsensaal der Handelskammer ein.

Neben Themen wie Klimaschutz, Energieversorgung und Fachkräftemangel ist für Aust vor allem die Steigerung der Innovationsfähigkeit Hamburgs von Bedeutung. Er sprach in seinem Vortrag von einem „Innovations-Dreisprung“, mit dem die Hansestadt an die Weltspitze der Innovationsstandorte aufsteigen soll.

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Handelskammer-Präses Norbert Aust (li.) und VEEK-Vorsitzender Gunter Mengers

Mit dem ersten Sprung gelte es, den Kurs abzustecken und sich auf vorhandene Stärken zu konzentrieren. Derzeit sei die Innovationslandschaft in der Hansestadt zwar vielfältig, aber unübersichtlich. Hamburg müsse sich endlich als Innovations- und Technologiestandort begreifen und sich konsequent auf Technologien mit besonderem Potenzial fokussieren wie autonome Mobilität, Grüner Wasserstoff, Künstliche Intelligenz und mRNA-Technologie. „Die Handelskammer setzt sich dafür ein, die künftige Förderung klar auf diese Bereiche zu konzentrieren.“

Um bei der Entwicklung von Innovationen schneller zu werden, fordert die Kammer, in einem zweiten Sprung sogenannte „Sonderinnovationszonen“ für Fokus-Technologien einzurichten. In diesen Sonderinnovationszonen, mit denen Hamburg „ein echtes Alleinstellungsmerkmal“ hätte, sollen Start-ups, etablierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammenkommen, um beispielsweise entwickelte Technologien erproben zu können.

Die Rede von Präses Prof. Norbert Aust können Sie hier im Wortlaut nachlesen. Wenn Sie sich die Aufzeichnung der Veranstaltung anschauen möchten, klicken Sie bitte hier.

Als dritten Sprung nannte Norbert Aust eine „Investitionsoffensive für Technologien, die in Hamburg im Fokus stehen“, sowie ein eigenes Innovationsbudget – zentral an einer Stelle angesiedelt, mit klarer Zielsetzung und Verantwortlichkeit. „Das wäre ein deutliches Signal und zugleich transparent und nachvollziehbar.“ Und weil die Umsetzung dieser Schritte viel Geld kostet, schlug der Präses vor, eine „Zukunftsmilliarde“ aus privatwirtschaftlichen Erträgen der Stadt zu gewinnen. Als Beispiel nannte er die Dividenden aus der Beteiligung an der Reederei Hapag Lloyd.

Zugleich appellierte Präses Aust an Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, sich im Rahmen seiner Bundesratspräsidentschaft für eine politische Initiative gegen die drohende Deindustrialisierung in Deutschland einzusetzen. „Wir bieten Ihnen unsere unbedingte Unterstützung an, lassen Sie uns gemeinsam Hamburger Impulse für eine neue deutsche Industriepolitik geben.“

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Gruppenfoto auf der Galerie (v. li.): Dr. Malte Heyne, Prof. Norbert Aust, Eva-Maria und Dr. Peter Tschentscher sowie Marita Waterkotte und Gunter Mengers

Dafür benötigt es allerdings auch in der Hansestadt einer Politik, die der Bedeutung des Industriestandortes angemessen ist. Klare Priorität muss laut Handelskammer dabei auf der zukunftsfähigen Entwicklung des Hafens liegen. Mit diesem Appell richtete sich Präses Aust insbesondere an Hamburgs neue Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard.

Um in der sich ändernden Weltordnung weiter wettbewerbsfähig zu bleiben und Wohlstand zu sichern, forderte Norbert Aust in seiner Rede eindringlich dazu auf, mit den transatlantischen Partnern, in der EU, im Bund, in Norddeutschland und in Hamburg zusammenzustehen und vor allem die Ukraine weiter entschlossen zu unterstützen.

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Es war die letzte Rede von Gunter Mengers als VEEK-Vorsitzender – nach neun Jahren Amtszeit scheidet der Unternehmer satzungsbedingt aus dem engeren Vorstand aus.

Für die Unternehmen sei wichtig, ihre Produktions- und Absatzmärkte zu diversifizieren. Dafür müsse die Politik jetzt schnellstmöglich die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen – ohne den Betrieben weitere bürokratische Lasten aufzuerlegen. Sinnvolle Instrumente seien EU-Freihandelsabkommen wie das jüngst mit Kanada abgeschlossene CETA-Abkommen oder das MERCOSUR-Abkommen zwischen der EU und den Staaten Südamerikas.

Eröffnet wurde die VEEK-Jahresschlussversammlung vom Vorsitzenden Gunter Mengers, der nicht nur Handelskammer-Präsidium, Plenum und gesamtem Ehrenamt ein großes Lob für ihren „unverzichtbaren Beitrag“ für das Gemeinwesen und das Funktionieren der Hamburger Wirtschaft aussprach, sondern auch den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kammer: „Ich spreche dieses Lob gern aus, da die Zusammenarbeit erstklassig ist.“ Auch Mengers sieht eine Zeitenwende gekommen, für die Friedensordnung in Europa und die internationale Ordnung – ein „Paradigmenwechsel“, der massive weltpolitische, ökonomische und teilweise auch gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringe, deren Folgen sich noch nicht einschätzen ließen.

Der VEEK-Vorsitzende rief zum Zusammenhalt auf, da die aktuellen Krisen nur gemeinsam zu meistern seien: „Hamburg hat seine Stärke auch dadurch entwickeln können, Kooperationen einzugehen, Allianzen zu bilden und sich auf Veränderungen in der Weltwirtschaft einzustellen. Denn nur aus einer starken Position heraus ergibt sich die Chance, ein adäquater Partner zu sein.“ Unter anderem kritisierte Mengers den immer größer werdenden Einfluss der Politik auf den Handel. Die Wirtschaft dürfe nicht politisiert werden.

Es war Gunter Mengers letzte Rede als VEEK-Vorsitzender. Nach neun Jahren Amtszeit scheidet der Gesellschafter der Gayen & Berns Homann GmbH satzungsbedingt zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern aus dem engeren Vorstand aus, der erweiterte Vorstand wird komplett neu besetzt. Mengers Nachfolger wird Jochen Spethmann, Gesellschafter der Laurens Spethmann AG & Co. KG, der am 10. November auf der Mitgliederversammlung der Organisation gewählt wurde.

Die „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e. V.“ (VEEK) ist mit rund 1200 persönlichen Mitgliedern die größte werteorientierte Vereinigung Deutschlands. Die persönliche Mitgliedschaft setzt die Anerkennung des Leitbildes der VEEK voraus. Dieses steht auf drei Säulen: Verantwortung als Mensch, als Unternehmer:in und als Manager:in sowie als Mitglied der Gesellschaft. Persönliche Mitglieder der VEEK können Kaufleute oder Unternehmer:innen aus Hamburg oder Umgebung sein, die in leitender Position unternehmerische Budget- und Personalverantwortung tragen.

Die Übereinkunft gemeinsamer Werte wie Beständigkeit, Weltoffenheit und Verlässlichkeit haben seit dem Zusammenschluss der VEEK im Jahr 1517 Bestand. Die Prinzipien, zu deren Einhaltung sich die Mitglieder verpflichtet haben, sind in der Vision und Mission der VEEK zusammengefasst. Einen großen Fokus legen wir bei unseren Aktivitäten auf die Förderung des kaufmännischen Nachwuches, der Verankerung unserer Werte in Wirtschaft und Gesellschaft sowie auf den Schutz vor Wirtschaftskriminalität. Hier finden Sie mehr über unsere Vision und Mission, unsere Kooperationen, unsere Ausschüsse, unsere Projekte und wie Sie Mitglied werden können.

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