Früher Sonntagnachmittag im Kaisersaal des Hamburger Rathauses. Eine Pressekonferenz informiert über eine Kooperation, welche die Beziehungen zwischen Hamburg und Kyiv (so die ukrainische Standardschreibweise für die Hauptstadt) intensivieren soll. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, teilt sich die Bühne mit Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg, und Tatjana Kiel von der Initiative „#WeAreAllUkrainians“. Früher organisierte sie die Boxkämpfe der Klitschkos, doch seit Kriegsbeginn vor rund 60 Tagen wurde Kiel zur versierten Logistik-Expertin für Hilfsgüter-Lieferungen in die Ukraine. Per Video zugeschaltet ist aus Kyiv der dortige Bürgermeister Vitali Klitschko.
Peter Tschentscher berichtet, dass die Partnerschaft von der Handelskammer Hamburg unterstützt und getragen werde. Die Initiative „#WeAreAllUkrainians“ und der Verein Hanseatic Help übernähmen die Umsetzung. Zwei Stufen sehe die langfristig angelegte Kooperation vor: Angesichts der humanitären Katastrophe stehe zunächst die Unterstützung Kyivs durch Hamburg im Vordergrund. In der zweiten Phase sollen dann „wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Beziehungen gestärkt werden, um den Wiederaufbau Kyivs und die positive Entwicklung beider Städte zu fördern. „Eine wichtige Rolle“, so Tschentscher, „sehen wir in der Kooperation unserer Wirtschaftsvereinigungen, insbesondere der Handelskammer Hamburg und ihrer Partner in Kyiv.“
Handelskammer Präses Norbert Aust betont, dass nun eine neue Phase des Krieges beginne, in der auch die humanitäre Unterstützung angepasst und ausgebaut werden müsse. „Wir wollen als Hamburger Wirtschaft langfristig helfen. Der ,Pakt für Solidarität und Zukunft‘ ermöglicht neben der kurzfristig notwendigen humanitären Unterstützung den Aufbau struktureller, langfristiger Beziehungen.“ Mit dem Städtepakt. so Aust, werde nun „ein offizielles und starkes Band zwischen Kyiv und Hamburg“ geknüpft, das „für eine friedliche und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft beider Städte wirken soll und wird.“
Die Handelskammer koordiniert
Tatjana Kiel erklärt, momentan würden insbesondere Trinkwasser und lang haltbare, sofort verzehrfertige Nahrung wie zum Beispiel Nuss-Frucht-Mischungen benötigt. Die Handelskammer ist dabei momentan die Schnittstelle zwischen den Unternehmen und der Initiative, welche die Lieferungen organisiert. Durch den direkten Draht nach Kyiv über den ehemaligen Hamburger Vitali Klitschko können hiesige Unternehmen nun noch gezielter spenden und unterstützen. Erste Partner verkündet Norbert Aust bereits bei der Pressekonferenz: „Ich freue mich sehr, dass ich heute schon Unternehmen vorstellen kann, die sofort zugestimmt haben, sich für den Städtepakt zu engagieren. Budnikowsky, die Hamburger Sparkasse, fritz-kola oder die Fruitwork Handelsgesellschaft sind dabei, wie auch die REWE Region Nord und die PSD Bank Nord.“ So wird fritz-kola eine umfangreiche Lieferung von Trinkwasser in die Ukraine organisieren. Fruitwork stellt zehn Europaletten Frucht- und Nussmischung zur Verfügung, Budnikowsky startet eine neue „Aufrunden“-Spendenaktion unter seiner Kundschaft, während die Hamburger Sparkasse eine große Spende versprach und Babystrampler in ihren Filialen sammeln wird. Doch Norbert Aust wünscht sich weitere Partner: „Ich rufe alle Hamburger Unternehmen auf: Helfen Sie mit Spenden und Aktionen, füllen Sie den Pakt für Solidarität und Zukunft mit Leben!“
Bürgermeister Klitschko ist bewegt
Angesichts der großen Solidarität seiner „zweiten Heimat“ zeigt sich Bürgermeister Vitali Klitschko im Videobild sichtlich bewegt: „Ich liebe Hamburg sehr. Es gibt viele Ähnlichkeiten zu Kyiv. Der Krieg hat angefangen, weil die Ukraine sich entschieden hat, ein Teil der europäischen Familie zu sein – und ein europäisches Land zu bauen. Mit den wichtigsten Prioritäten und Werten: Menschenrechte, Pressefreiheit, Demokratie. Das passt nicht in die Mission des russischen Aggressors.“ Der nun verkündete „Pakt für Solidarität und Zukunft“ sei ein friedliches, aber starkes Zeichen dafür, dass die Ukraine weiter zu einem freien Europa gehören solle.
Um den Städtepakt drehte sich auch eine Veranstaltung am 8. Juni 2022:
So können Sie helfen
Unter kyiv.hamburg.de finden Sie Informationen, wie Sie sich an der Hilfsaktion beteiligen können – und den Wortlaut des Pakts für Solidarität und Zukunft. Die Internetseite wird fortlaufend aktualisiert und steht auch in ukrainischer Sprache zur Verfügung. In sozialen Netzwerken verwenden die Projektbeteiligten das Hashtag #HamburgKyiv.
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