3 Fragen an: Start-up-Expertin Andrea Diewald aus New York 

Andrea Diewald von der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in New York über die USA als Start-up-Standort und die größten Zukunfts-Trends im Foodbereich.
 

Liebe Frau Diewald, deutsche Gründer:innen zieht es immer öfter in die USA – nicht nur ins Silicon Valley, sondern auch nach New York oder Boston. Welche Gründe haben die jungen Unternehmen dafür?

Deutsche Gründer fühlen sich schon immer stark von den USA angezogen. Das Silicon Valley gibt dabei den Takt in den USA vor. Rund 330 Milliarden US-Dollar Venture Capital wurden 2021 in Tech Start-ups in den gesamten USA investiert, davon ca. 97 Milliarden US-Dollar allein in Kalifornien. In New York waren es im vergangenen Jahr immerhin stattliche 28 Milliarden US-Dollar Wagniskapital, welche in dortige Tech-Startups investiert wurden. Das macht New York zum zweitgrößten Venture Capital Standort in den USA.  Neben höherem Wagniskapital zieht es deutsche Start-ups aber auch aufgrund der risikofreudigeren Mentalität amerikanischer Investoren in die USA. Alle diese Vorteile – zusammen mit einem weniger strikten Datenschutz wie in Deutschland bzw. Europa ­ – ermöglichen jungen Unternehmen ein schnelleres Wachstum. Ein zusätzlicher Pluspunkt: Die amerikanische Kultur ist uns vertraut und auch die englische Sprache stellt zumeist keine große Hürde da. Ein Markteintritt in Asien wäre da sicherlich um einiges schwieriger. 

Neben dem Silicon Valley sind die Start-up-Ökosysteme New York und Boston sehr attraktiv für deutsche Start-ups. Insbesondere New York hat sich im Bereich FinTech, Artificial Intelligence,  InsurTech, ConsumerTech, LegalTech und Media als Standort enorm entwickelt. Um das Jahr 2000 begann der Siegeszug des „Silicon Alley“ rund um das Flatiron-Gebäude und beherbergt bis heute nicht nur hochrangige High-Tech-Unternehmen, sondern auch Inkubatoren, Akzeleratoren und über 200 Investmentfirmen. Beliebt als Standorte in der Gründerszene sind auch Tribeca, Brooklyn, Hudson Yards oder Roosevelt Island, wo eine der weltbesten technischen Universitäten, die Cornell-Tech Universität, ihren Sitz hat. Insgesamt haben sich in der pulsierenden Weltstadt mehr als 9.000 Startups niedergelassen, es gibt über 120 Unis und rund 320.000 Tech-Jobs im Big Apple. 

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New York gehört ebenfalls zu den Top Ten Global Food Innovation Standorten. Wie ist dieser Erfolg gelungen? 

Es macht New Yorker stolz zu den „first movers“ zu gehören und anders zu sein. Die Stadt möchte sich um jeden Preis auch von dem Rest der USA abheben. New York ist daher einer der wichtigsten Innovationsstandorte in den USA – auch beim Thema Food.

Drei gesellschaftliche Entwicklungen spielen dabei eine Rolle:

1. Steigendes Klimabewusstsein: Das Bewusstsein für den eigenen ökologischen Fußabdruck steigt. Themen wie „Awareness“ und „Conscious Eating“ nehmen zu. Man beschäftigt sich sehr bewusst mit den Lebensmitteln, die man verzehrt und deren Einfluss auf die Umwelt.

2. Lieferkettenproblematiken: Alltäglich gewordene Produkte wie Kaffee oder Avocados werden teurer und verbrauchen sehr viele Ressourcen. Die Inflation hat derzeit einen Höchststand erreicht. Der Trend geht wieder hin mehr zu lokalen Produkten, zu „farmers markets“ und „urban gardening“.

3. Bedürfnis nach pflanzenbasierten Produkten steigt: Alternativen zu Fleisch werden auf Basis von Tofu, Pilzen, Getreidesorten, Nüssen hergestellt oder in Laboren auf Basis von Tierzellen gezüchtet. Schon Ende 2022 soll die Zulassung für das erste Laborfleisch kommen.

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Was sind die größten Zukunfts-Trends im Foodbereich?

 Der Trend in der Nahrungsmittelbranche geht hin zu mehr lokalen Produkten, bzw. ist ein Stück weit eine Rückbesinnung. Die Globalisierung ist im Angesicht der Corona-Pandemie mit ihren gestörten Lieferketten und neuen kriegerischen Konflikten an ihre Grenzen gestoßen. Fleischkonsum wird bewusster erfolgen und auch die Akzeptanz für künstlich erzeugtes Fleisch steigt, wenn nachgewiesen werden kann, dass es unschädlich ist und die Kommunikation glaubwürdig erfolgt. Zudem wird der Fairness-Gedanke immer wichtiger. Viele Menschen denken um und wollen ihren Kindern einen Planeten hinterlassen, der auch ihnen eine faire Chance auf ein Leben in Glück und Wohlstand ermöglicht.  

Über Andrea Diewald 

Seit 2011 arbeitet Andrea Diewald für die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in New York (GACC New York). Seit April 2014 leitet Frau Diewald die Außenstelle der GACC New York in Hamburg und hat dort einen neuen Geschäftsbereich – die sogenannten “Startup, Investor & Innovation Relations” – etabliert. Zielgruppe sind deutsche Startups, für die die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in New York passgenaue Kurzzeitreiseprogramme nach New York, Boston und ins Silicon Valley anbietet. Seit 2020 existiert das STEP USA Programm auch als virtuelles Format und bietet deutschen Startups auch aus dem Homeoffice die Möglichkeit, ihren US-Markteintritt zu verwirklichen. 

(11. April 2022)

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