Bewohnerparken: Siegt die Vernunft?

Nach einer Initiative der Handelskammer stoppt der Senat vorläufig den Ausbau der Bewohnerparkzonen und öffnet sich dem Dialog. Kommt eine praktikable Lösung für Gewerbetreibende?
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Lange Bearbeitung, restriktive Genehmigungspraxis: Nur wenige Gewerbetreibende erhalten die Erlaubnis, ihr Geschäftsfahrzeug in Bewohnerparkzonen zu parken. Die Politik ist gefordert, rasch für Abhilfe zu sorgen.

Von Eric Leimann, 11. April 2023 (HW 2/2023)

„Es ist morgens der erste Gedanke, wenn ich aufwache, und abends der letzte, bevor ich einschlafe: Wenn ich unser Fahrzeug nicht nutzen kann, muss ich meinen Laden zumachen!“ Alexandra Stahnke klingt verzweifelt, wenn sie über ihre größte unternehmerische Sorge spricht: die Bewohnerparkzone vor ihrer Geschäftstür. Ein Problem, das sie mit vielen anderen Gewerbetreibenden teilt. Denn Ausnahmegenehmigungen für das Parken von Geschäftsfahrzeugen in Bewohnerparkzonen werden nur spärlich erteilt, sind teuer und aufwendig zu erhalten. Laut einer Umfrage der Handelskammer vom November 2022 wurden nur knapp zehn Prozent der Anträge positiv beschieden, teils nach monatelanger Bearbeitungszeit.

Hilfe der Handelskammer

Die Handelskammer unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen beim Stellen von Anträgen für Ausnahmegenehmigungen und berät zu zahlreichen weiteren Verkehrsthemen. Hierfür wenden Sie sich gern an Anja Zarse, Telefon 36138-311. Die kompletten Forderungen der Handelskammer an die Hamburger Politik zum Thema „Bewohnerparken“ finden Sie hier.

Und mit bis zu 260 Euro pro Jahr (190 Euro bei Ablehnung) sind die Genehmigungen weit teurer als reguläre Bewohnerparkausweise (65 Euro jährlich). Angesichts der teils dramatischen Situation für kleinere Unternehmen forderte die Handelskammer im März deshalb von der Politik unter anderem, den Ausbau der Bewohnerparkzonen vorerst zu stoppen und die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen unbürokratisch zu beschleunigen. Mit Erfolg: Nach dem großen Medienecho reagierte der Senat mit einem schnellen Moratorium und einem Dialogangebot. Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks kündigte an, das Bewohnerparken erst dann weiter auszubauen, wenn seine Behörde mit allen Beteiligten gesprochen und man eine Lösung gefunden habe.

Gewerbetreibende in Not

Wie bitter nötig eine Neuregelung ist, zeigt die Situation von Alexandra Stahnke, die in Winterhude wohnt, aber ihr Geschäftsfahrzeug in Eppendorf parken müsste. 2018 eröffnete sie „Meine Hundetagesstätte“ im Eppendorfer Weg. Bis zu 14 Hunde werden hier täglich betreut, während Herrchen und Frauchen arbeiten gehen. Zum Geschäftsmodell der Vierbeiner-Oase gehören tägliche Ausflüge des „Rudels“ in grüne Regionen wie den Volkspark, das Raakmoor oder zum Bramfelder See. Dort kann die ausgebildete Hundetrainerin den Tieren artgerechten Freilauf bieten. Dafür erwarben Stahnke und ihr Team für 28 500 Euro einen nach Vorgaben des Veterinäramtes ausgebauten, „Trudchen“ getauften Kastenwagen, der unter anderem Transportboxen für unterschiedliche Hundegrößen und eine Klimatisierung bietet.

Wenn ich unser Fahrzeug nicht nutzen kann, muss ich meinen Laden zumachen!“

Alexandra Stahnke

Seit November 2022 darf das Spezialfahrzeug jedoch nicht mehr in der Nähe der Hundetagesstätte parken: Stahnkes Antrag beim zuständigen Landesbetrieb Verkehr (LBV) wurde abschlägig beschieden. Die Begründung: Das Fahrzeug sei nicht zum Transport von „betriebsnotwendigen und schweren Gegenständen“ erforderlich. Für Stahnke eine unverständliche Entscheidung, schließlich sieht sie ihr Spezialfahrzeug als „unerlässlich für den Betrieb“, so die Anforderung der Straßenverkehrsordnung.

„Die täglichen Ausflüge sind nicht nur artgerecht, sondern auch Teil unseres Geschäftsmodells“, erzählt die Unternehmerin, deren Kundschaft auf die Ausflüge ihrer felligen Familienmitglieder großen Wert legt. Hinzu kommen zeitlich kritische Einsätze im Sinne des Tierwohls. „Neulich hatten wir einen Notfall und mussten binnen einer Stunde zum Tierarzt. Per HVV war der Hund nicht mehr transportfähig, und Taxen nehmen Hunde auch nur eingeschränkt mit. Das Veterinäramt steht da absolut hinter uns und ist wie wir mehr als fassungslos, dass wir kein Auto vor der Tür haben dürfen.“

Forderungen an die Politik

Stahnkes Beispiel zeigt deutlich, dass die bisherige Genehmigungspraxis für Ausnahmeanträge teils existenzbedrohende Konsequenzen für kleinere Betriebe hat. Nun hoffen Gewerbetreibende rund um die Alster, in den zentraleren westlichen Stadtteilen und in Flughafennähe, wo das Bewohnerparken bereits Realität ist, auf einen Sieg der Vernunft und praktikablere Lösungen. Die Handelskammer fordert unter anderem, dass die Hamburger Behörden ihren Ermessungsspielraum bei der Beantragung von Ausnahmegenehmigungen voll ausschöpfen und die Stadt Hamburg in einer Bundesratsinitiative auf eine Novellierung der StVO hinwirkt: „Das Ziel muss sein, das ,Bewohnerparken‘ zum ,Anliegerparken‘ weiterzuentwickeln.“

Im Interesse der Wirtschaft, aber auch der Attraktivität und Lebensqualität der Quartiere mit ihrem bunten Gemisch aus kleinen Geschäften und Wohnen – und nicht zuletzt der Umwelt. Schließlich wird das Ziel einer Verringerung von CO2-Emissionen durch lange Parkplatzsuche ad absurdum geführt, wenn Geschäfte an den Stadtrand verdrängt werden und lange Anfahrtswege entstehen. Die Politik ist gefordert, damit auch Alexandra Stahnke und andere Gewerbetreibende wieder besser schlafen und sich auf ihr eigentliches Geschäft abseits des Parkens konzentrieren können.

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