Den Hafen mobil machen

Infrastrukturmaßnahmen und Digitalisierung müssen ineinandergreifen, um Hamburg besser anzubinden und Schiffs- sowie Terminalverkehr effizient zu steuern.
Thies Rätzke/HHLA
Containerbrücken am CTA werden künftig teilautomatisiert und ferngesteuert betrieben, nicht wie bisher aus einer Kanzel vor Ort. Die drei ersten Brücken dieser Art wurden im Dezember am CTA angeliefert, bis Ende des Jahres soll der Betrieb starten.

Von Birgit Reuther, 5. Juni 2025

Die Abläufe im Hamburger Hafen sind komplex und herausfordernd: Schließlich gilt es, anlaufende Schiffe an den passenden Kai zu dirigieren, Fracht zeitnah zu löschen und zu laden sowie ihre An- und Ablieferung per Hinterlandverkehr passend zu takten.

Als größter Eisenbahnhafen Europas und führender deutscher Logistikhub ist der Hafen damit auch ein Reallabor, in dem erprobt wird, wie sich Verkehrs- und Warenströme lenken lassen – und wie Digitalisierung und Infrastrukturmaßnahmen sie optimieren können.

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Hamburg Port Authority
In der nautischen Zentrale der HPA informiert eine Software unter anderem zur aktuellen Liegeplatzbelegung, Verkehrs- und Baustellensituation.

Ein zentraler Akteur ist dabei die Hamburg Port Authority (HPA), die ihre Lösungen für eine digitalisierte, nachhaltige und effiziente Hafenwirtschaft unter dem Titel „smartPORT“ bündelt. Über den PORTMonitor zum Beispiel lassen sich die aktuelle Liegeplatzbelegung und Verkehrssituation abrufen.

Diese Leitstandsoftware gibt zudem eine Übersicht über Baustellen und andere Arbeiten im Gewässer, über Tide- und Pegelstände sowie weitere für die nautische Zentrale relevante Informationen.

Eines von zahlreichen Mobilitätsprojekten der HPA ist die „Quanten-inspirierte Technologie zur Echtzeitsteuerung des Ampelnetzes“. Über Sensoren wird das Verkehrsaufkommen im Hafen gemessen und mithilfe eines digitalen Zwillings, also eines virtuellen Modells, analysiert.

Die Berechnungen fließen direkt in die Ampelschaltungen, sodass sich die Verkehrsflüsse im Hafen verbessern. „Wir versprechen uns davon, nicht nur die Kapazitäten der Infrastruktur im stark belasteten Hafennetz besser auszuschöpfen, sondern auch Emissionen zu reduzieren“, erklärt HPA-Sprecherin Sinje Pangritz. „Seit Ende 2024 haben wir dieses Netzsteuerungsprojekt im Betrieb und optimieren es kontinuierlich.“

Immer mehr automatisiert wird auch der Gütertransport innerhalb des Hafens. Der damit einhergehende Wandel verändert zahlreiche Jobprofile – und auch die Ausbildung. So hat die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) am Container Terminal Altenwerder (CTA) einen neuen Containerbrücken-Simulator in Betrieb genommen. Im digitalen Trainingszentrum können Fachkräfte lernen, das Löschen und Laden der Schiffsfracht per Fernsteuerstand durchzuführen.

Denn die Containerbrücken der Zukunft werden am CTA teilautomatisiert und ferngesteuert betrieben, nicht wie bisher aus einer Kanzel vor Ort. Die drei ersten Brücken dieser Art wurden im Dezember am CTA angeliefert, bis Ende des Jahres soll der Betrieb starten.

Um die Aus- und Weiterbildung für diese Remote-Arbeitsplätze voranzutreiben, ist die HHLA Teil des Qualifizierungsprojekts „DigiRemote2030“. Es wird vom Maritimen Competenzcentrum (ma-co) und der HPC Hamburg Port Consulting GmbH gemeinsam durchgeführt.

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Oliver Tjaden/Hapag-Lloyd
Das Hapag-Lloyd-Schiff „Hamburg Express“ kann neben konventionellem Treibstoff auch Flüssiggas (LNG) bunkern.

Ein weiterer Motor für Innovationen: Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat sich auf strengere Umweltschutzregeln verständigt, sodass der globale Schiffsverkehr bis 2050 klimaneutral ablaufen soll. Sowohl von staatlicher als auch von Kundenseite steigt der Druck, ein glaubwürdiges Reporting zu erstellen.

Mit dem Projekt DIVMALDA entwickelt das in Hamburg ansässige „Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen“ (CML) ein System, um digitale Echtzeit-Reportings von Emissionsdaten zu ermöglichen.

In der Schifffahrt sind umweltschonende Kraftstoff-Lösungen entsprechend stark nachgefragt. Der im November 2024 getaufte Hapag-Lloyd-Frachter „Hamburg Express“ etwa wird von einer Dual-Fuel-Technologie angetrieben. Das Schiff kann also mit herkömmlichen Kraftstoffen ebenso fahren wie mit emissionsärmeren Alternativen wie Flüssiggas (LNG) oder Methanol. 

Gerade solche Containerriesen will Hapag-Lloyd künftig allerdings im tieferen und küstennäheren Hafen Wilhelmshaven be- und entladen lassen. Damit der Hamburger Hafen wettbewerbsfähig bleibt, sind also dezidierte Maßnahmen erforderlich – wie sie die Handelskammer bereits im Februar 2024 in einem Impulspapier gemeinsam mit dem „Unternehmensverband Hafen Hamburg e. V.“ einforderte.

Ein Plus bleibt Hamburgs gute Hinterlandanbindung per Eisenbahn. Wie Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Malte Heyne  anmahnt, fehlt jedoch auch im aktuellen Koalitionsvertrag ein grundsätzliches Flächenkonzept für den Hafen. Auf Steinwerder etwa ließen sich Industrie und Hafenunternehmen im großen Stil ansiedeln. Mehr Investitionen fordert die Handelskammer zudem bei wichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekten wie der neuen Köhlbrandbrückenquerung und der Hafenpassage A26 Ost.

Um Hamburgs Hafen im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig aufzustellen, wird die Analyse von Navigationsdaten immer entscheidender. Mit dem Projekt GLASS, kurz für „Global Liner Analytics and Shipping Statistics“, bietet das „Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen“ ein Werkzeug für Hafenbetriebe, Reedereien, Spediteure und Behörden: Anhand von Daten aus dem Automatischen Identifikationssystem AIS wertet GLASS Schiffsbewegungen aus, berechnet Liegezeiten sowie die Aus- und Überlastung von Terminals. So lässt sich die Konkurrenz beobachten und eine fundierte globale Mobilitätsstrategie aufsetzen. Infos der Handelskammer rund um den Hafen finden Sie hier.


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