Große Projekte: Neue Quartiere an Elbe und Bille

Oberbillwerder, Stadtquartier Eimsbüttel oder Science City Bahrenfeld – Hamburg entwickelt eine Reihe attraktiver neuer Quartiere, die Wohnen, Arbeiten und Freizeitangebote verbinden sollen.
ADEPT mit Karres + Brands IBA Hamburg
Das geplante Quartier in Oberbillwerder soll bis zu 7000 Wohnungen, 5000 Arbeitsplätze sowie viele Freizeitangebote und Grünflächen bieten.

Von Kerstin Kloss, 11 April 2023 (HW 2/2023)

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Duplex Architekten
Blick in einen ruhigen, begrünten Innenhof des Stadtquartiers Eimsbüttel

Wie lässt sich die Metropole an Elbe, Alster und Bille so entwickeln, dass sie lebenswert bleibt, aber auch Fachkräfte aus dem In- und Ausland anzieht? Welche Lösungen gibt es für die drängenden Probleme wie Wohnraummangel oder Mobilität? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, setzen die Akteure in Hamburg – vom Senat über die Handelskammer bis hin zu den Quartiersinitiativen – auf intensive Diskussionsprozesse unter Beteiligung der Bevölkerung, auf ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm, aber auch auf die Entwicklung neuer Viertel. Im Zentrum steht dabei die Idee einer innovativen Mischung von Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur und Freizeit.

Neue Viertel an der Bille

Eines dieser Vorhaben ist das nach der HafenCity zweitgrößte Stadtentwicklungsprojekt Oberbillwerder im Bezirk Bergedorf, das allein bis zu 7000 neue Wohnungen und 5000 Arbeitsplätze vorsieht. Die städtische Entwicklungsgesellschaft IBA Hamburg erstellte den Masterplan von 2019 gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern. In „lebendigen Nachbarschaften“, so die Idee, sollen Sport, Bewegung und Gesundheit eine zentrale Rolle spielen und internationalen Modellcharakter haben. Mitte der 2020er-Jahre soll der 118 Hektar große 105. Hamburger Stadtteil erschlossen werden, etwa zwei Jahre später der Hochbau starten.

Doch der weitläufige Stadtraum entlang der „Bille-Achse“ zwischen Hammerbrook und Bergedorf bietet noch reichlich weitere Flächen für neue Gewerbe- und Wohngebiete. So verabschiedete die Handelskammer bereits 2015 ein Papier, das Konzepte für die Entwicklung dieses Wachstumsraums vorstellte. Christoph Färber, Referent für Stadtentwicklung bei der Handelskammer, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Gebiet und betont, die Kammer habe „immer wieder erfolgreich Impulse gesetzt, damit Quartiersentwicklung stattfinden kann“.

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Isadora Tast für Beiersdorf
Im temporären Zukunftslabor der „Stadtmacherei“ konnten Interessierte an der Entwicklung des autofreien Stadtquartiers Eimsbüttel mitwirken und Anregungen für Städtebau und Freiräume, Wohnen, soziale Infrastruktur, ergänzende Nutzungen sowie Mobilität einbringen.

Großes Potenzial hat etwa der „Billebogen“ am westlichsten Punkt der Bille-Achse in Rothenburgsort, der als „Speicherstadt des 21. Jahrhunderts“ für innerstädtische Güterproduktion auf mehreren Etagen vorgesehen ist. Die städtische Billebogen Entwicklungsgesellschaft legt hier den Fokus auf „wertschöpfende innovative gewerbliche Nutzungen sowie auf Forschung und Entwicklung, Start-ups, Makerspaces und kreative Ideenschmieden“, so die Website. Aufgrund des starken Verkehrs sei Wohnen „nur begrenzt möglich“.

Das elf Hektar große Gelände zwischen Billhorner Brückenstraße, Billstraße und S-Bahnstation Rothenburgsort soll, so die Idee, bis zu 3000 Arbeitsplätze bieten. Nach Auskunft von Susanne Bühler, Sprecherin der Billebogen Entwicklungsgesellschaft, ist die Grundstücksvermarktung in Vorbereitung. Das entsprechende Planrecht müsse noch geschaffen werden, erste Interessierte seien da: „Für die Ansiedelung des Hygieneinstitutes im Bereich des Billebogens gibt es eine Anhandgabe, das hochbauliche Verfahren ist bereits gestartet worden.“ Seit Herbst 2018 betreibt die Hamburgische Staatsoper in dem neuen Quartier bereits Werkstätten und einen Kulissenfundus.

Eimsbüttel erhält neues Wohnquartier

Infos zu neuen Quartieren

Eine Übersicht über aktuelle Stadtentwicklungsprojekte findet sich unter anderem auf der Internetseite der Stadt Hamburg. Der Masterplan Oberbillwerder von 2019 ist hier einzusehen. Das Bauprojekt am Billebogen wird hier näher beschrieben, die Planung des neuen Wohnquartiers am alten Standort von Beiersdorf in Eimsbüttel hier. Informieren Sie sich auch über das Standpunktepapier der Handelskammer zur Bille-Achse aus dem Jahr 2015 und über das Standpunktepapier von 2017 zum Bahnhofsquartier Altona.

Platz für neue Wohnungen schafft der Umzug der Beiersdorf-Zentrale ab diesem Sommer. Bis 2030 sollen unmittelbar am Park „Am Weiher“ 800 neue Mietwohnungen für knapp 2000 Menschen entstehen. Im temporären, lokalen Zukunftslabor „Die Stadtmacherei“ konnten alle Interessierten an der Entwicklung des autofreien Stadtquartiers mitwirken und Anregungen für Städtebau und Freiräume, Wohnen, soziale Infrastruktur, ergänzende Nutzungen sowie Mobilität einbringen.

Das Konzept sieht vor, Verkehrsflächen rad- und fußgängerfreundlich zu gestalten. Für den Lieferverkehr größerer Geschäfte sowie Paketdienstleister ist ein spezieller Anlieferbereich vorgesehen, zusätzlich eine zentrale Paketbox für Online-Einkäufe. Während der künftige Beiersdorf-Campus in der Eimsbütteler Troplowitzstraße 3000 Arbeitsplätze bietet, ist das neue Quartier rund um Unna- und Quickbornstraße überwiegend fürs Wohnen reserviert. In den Erdgeschosszonen sind Büros, Gastronomie und kleinteiliger Einzelhandel lediglich „vorstellbar“.

Auf zur 15-Minuten-Stadt

Die Handelskammer begrüßt die neuen Quartiere, die zum nachhaltigen Wachstum Hamburgs in den Dimensionen Wertschöpfung, Bevölkerung und Lebensqualität beitragen. Und ihre Bedeutung geht „über die rein gewerbliche Wirtschaft hinaus“, erklärt Kammerreferent und Diplom-Ingenieur für Stadtplanung Christoph Färber: „Genauso wichtig ist auch, dass die Fachkräfte in Hamburg Wohnraum finden.“

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ADEPT mit Karres + Brands IBA Hamburg
ADEPT mit Karres + Brands IBA Hamburg

Deshalb empfiehlt die Zukunftsstrategie der Handelskammer „Hamburg 2040“, Wohnen und Gewerbe zu durchmischen und intelligente Mobilitätslösungen zu entwickeln. Vision ist eine „15-Minuten-Stadt“: Angebote für Einkauf, Kultur, Bildung, Sport, Gastronomie oder Erholung, aber auch Behörden und Arbeitsorte sollen in einer Viertelstunde zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein. Diese Vorgaben berücksichtigen so unterschiedliche neue oder geplante Quartiere wie Mitte Altona und Diebsteich, das Westfield-Überseequartier in der HafenCity oder das derzeit entwickelte Stadtviertel Grasbrook.

Das Konzept liegt auch der künftigen Science City Bahrenfeld zugrunde. Auf 125 Hektar der bisherigen Trabrennbahn entstehen hier neue „Quartiere am Volkspark“ mit rund 3000 Wohnungen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Dienstleistungs- und Einzelhandelsangeboten, Schulen, Sport- und Spielangeboten. Ziel ist es, Wissenschaft und Wirtschaft enger zu verzahnen. Dafür erweitern das Forschungszentrum DESY, Stadt und Universität auf dem DESY-Campus gemeinsam Kapazitäten mit zunächst mindestens 25 Labor- und 20 Büroarbeitsplätzen für Start-ups aus dem Biotechnologiebereich. In diesem Jahr soll im Innovationspark Altona am Vorhornweg der tecHHub eröffnen, 2025 dann die DESY Innovation Factory mit langfristig weiteren Labor- und Büroflächen.

Innovationsparks

Die Hamburger Hotspots für Wirtschaft, Wissenschaft und Start-ups gehen maßgeblich auf Vorschläge der Handelskammer von 2011 zurück. Rund um das Helmholtz-Zentrum DESY entsteht die Science City Bahrenfeld mit den Schwerpunkten Chemie, Physik und Biologie. In Finkenwerder dominiert die Luftfahrt, mit Airbus als Ankerunternehmen. Der Innovationspark Harburg wächst kontinuierlich, unter anderem mit einem „Innovation Campus Green Technologies“. Das Technologiezentrum Energie-Campus in Bergedorf legt den Fokus auf innovative optische Technologien, Energiespeicherung und zukunftsweisende Logistikkonzepte. Weitere Informationen erhalten Sie hier.

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