Nach einem positiven Trend in der ersten Jahreshälfte hat sich die Stimmung unter Hamburgs Unternehmen im Herbst wieder eingetrübt. Laut jüngstem Konjunkturbarometer der Handelskammer ist der Geschäftsklimaindikator zum Ende des dritten Quartals um fünf auf nunmehr 89,5 Punkte abgerutscht.
Das Minus zeigt die gedämpfte Stimmung in Hamburgs Wirtschaft – zumal der Start ins Jahr positiver ausgefallen war, als ursprünglich erwartet: Zum Jahreswechsel 2023/2024 hatte der Geschäftsklimaindikator bei 86,5 Punkten gelegen, der Frühling brachte dann einen Aufschwung auf 92,9 Punkte.
Nach der leichten Sommererholung mit 94,5 Punkten folgt nun also die Herbstflaute. „Auffällig ist zudem, dass seit nunmehr elf Quartalsbefragungen das Geschäftsklima unterhalb des langfristigen Mittelwertes von 107 Punkten seit dem Jahr 2000 liegt“, sagt Dr. Torsten König, Leiter der Handelskammer-Abteilung „Fachkräfte“.
Fast die Hälfte (46,1 Prozent) der insgesamt 685 Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben, bewertet ihre aktuelle Geschäftslage in diesem Herbst immerhin noch als „befriedigend“ oder „saisonüblich“. Allerdings gibt es mehr negative Einschätzungen (29,5 Prozent) als positive (24,4 Prozent).
Besonders alarmierend ist die Stimmung im Einzelhandel und im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Groß- und Außenhandel. Eher positiv fielen die Bewertungen in der Gesundheitswirtschaft, bei personenbezogenen Dienstleistern und im Finanzsektor aus.
Für Dr. Peter Bielert, Geschäftsführer der F. REYHER Nchfg. GmbH & Co. KG, die auf Verbindungselemente und Befestigungstechnik spezialisiert ist, liegen die Gründe für die gedrückte Stimmung auf der Hand: „Nach der Corona-Pandemie sind die Geschäfte für viele Unternehmen unerwartet gut gelaufen. Jetzt aber gibt es große Unsicherheiten.“
Gründe dafür gibt es seiner Ansicht nach genug: Ukraine-Krieg, Zinserhöhungen, Bürokratielasten, allgemeine Konjunkturlage samt Inflationsentwicklung und Tarifabschlüsse sowie darüber hinaus Faktoren aus der volatilen politischen Gesetzgebung in Sachen E-Mobilität und Klima. Viele Firmen, so Bielert, wüssten nicht mehr, wohin sie investieren sollen.
Damit sich die Stimmung verbessert, müsse es einen generellen „Aufbruchsimpuls“ geben, so der REYHER-Chef. „Wenn die Konfliktsituationen in der Welt geklärt werden könnten, es einen Durchbruch bei der Energietechnologie gäbe oder wenn anstehende Wahlergebnisse für eine politische Stabilisierung sorgen würden, könnte sich die Stimmung in der Wirtschaft und bei den Konsumenten insgesamt verbessern.“
Allerdings glaubt Peter Bielert nicht daran, dass sich die Probleme 2025 in Luft auflösen. „Ich rechne erst mal nicht damit, dass sich die geopolitischen Konflikte oder die Energiepreise in der ersten Jahreshälfte ändern“, sagt er. Ähnlich pessimistisch blicken auch die anderen von der Handelskammer befragten Firmen in die Zukunft.
Für die kommenden zwölf Monate erwarten 57,6 Prozent eine „stabile“ Geschäftslage, aber 28,9 Prozent rechnen mit einer „eher ungünstigen“ und nur 13,5 Prozent mit einer „eher günstigen“ Lage. Die Top-Benennungen unter den größten Risiken für die Betriebe sind laut Befragung wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, Inlandsnachfrage, Fachkräftemangel und Arbeitskosten.
Wie es um die Wirtschaft in der Hansestadt bestellt ist, hat auch das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) ermittelt. Die Studie „Hamburg 2040: Ein Fortschrittsbericht zur Standortentwicklung“ zielt darauf ab, die Fortschritte in Richtung der definierten Ziele der Standortstrategie „Hamburg 2040“ deskriptiv zu messen. Durch die Analyse relevanter Indikatoren und die Betrachtung Hamburgs im Bundesländervergleich dokumentiert der Bericht nicht nur die bisherige Entwicklung, sondern definiert auch weitere Entwicklungspotenziale der Stadt.
Die wirtschaftliche Schwächephase spiegelt sich zum Ende des dritten Quartals in den Personal- und Investitionsplanungen wider. Die meisten Betriebe wollen sowohl die Zahl ihrer Mitarbeitenden als auch ihre Investitionen stabil halten. Allerdings gehen 29,6 Prozent davon aus, im Jahr 2025 weniger zu investieren. Nur 23,8 Prozent wollen ihre Investitionen erhöhen.
„Die Hamburger Wirtschaft steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die deutsche Wirtschaft insgesamt“, sagt Prof. Dr. Michael Berlemann. Der Wissenschaftliche Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitutes (HWWI) sieht im Bundesvergleich jedoch Vorteile für die Hansestadt: „Im Hinblick auf die Problematik des Arbeitskräftemangels ist Hamburg etwas besser als der Bundesdurchschnitt aufgestellt, da die demografische Entwicklung hier günstiger ist.“ Zudem sei die Hamburger Wirtschaft stärker als der Bundesdurchschnitt von Dienstleistungsunternehmen geprägt – und auch dieser Sektor entwickele sich aktuell günstiger als der Schnitt der Gesamtwirtschaft.
Eine positive Nachricht bietet das Konjunkturbarometer der Handelskammer aber doch: Die Exportaussichten haben sich erneut leicht verbessert. 32,3 Prozent der Hamburger Firmen gehen aktuell davon aus, dass sich ihr Exportvolumen in den kommenden zwölf Monaten erhöht, nur 18,2 Prozent rechnen mit einem geringeren Exportvolumen. Ein Lichtblick im trüben Herbst.