Mode ohne schlechtes Gewissen

Kaufen, tragen, wegwerfen: Wie Hamburger Modehändler mit nachhaltigen Konzepten den Teufelskreislauf durchbrechen.
Globetrotter
Der Outdoor-Händler Globetrotter hat ein großes Secondhand-Angebot.

Von Undine Gerullis, 11. Februar 2025 (HW 1/2025)

Rund 92 Millionen Tonnen an Kleidung landen Jahr für Jahr auf dem Müll. Manches davon sogar ungetragen. Und die Bekleidungsindustrie produziert immer weiter Fast Fashion auf Kosten der Umwelt. CO2-Ausstoß und Wasserverbrauch bei der Produktion sind immens. Die Bekleidungsindustrie verursacht mit bis zu zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen mehr als die internationale Luft- und Seeschifffahrt zusammen.

Hosen, Shirts, Schuhe: Pro Jahr leisten sich die Deutschen rund 60 neue Bekleidungsstücke. Immer mehr von ihnen konsumieren billige Fast Fashion direkt auf asiatischen Plattformen wie Shein und Temu. Dort haben laut BTE, dem „Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren“, deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher 2023 rund eine Milliarde Bekleidungsstücke bestellt. Im selben Jahr setzte der deutsche Textil-Einzelhandel rund 67,4 Milliarden Euro um. Der Online-Handel erwirtschaftete mit Mode in Deutschland 18,52 Milliarden Euro. Laut Statista führte 2022 zalando.de den E-Commerce-Modemarkt an, gefolgt von otto.de und amazon.de. aboutyou.de landete 2022 mit einem Umsatz in Höhe von 699 Millionen Euro auf dem vierten Platz.

„Angesichts dieser Zahlen sehen wir in der Kreislaufwirtschaft eine große Chance“, sagt Dr. Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Die Kreislaufwirtschaft basiere auf dem Prinzip, Ressourcen zu schonen, Abfall zu vermeiden und Produkte so zu gestalten, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden können. Das wiederum berge ein „großes wirtschaftliches Potenzial“, das auch in Hamburg noch weiter gehoben werden müsse. Darüber, wie das gelingen kann, wurde jüngst bei der Handelskammer-Veranstaltung „Mode im Kreislauf denken“ gesprochen.

Einer, der viel zu diesem Thema zu sagen hat, ist der Outdoor-Artikelhändler „Globetrotter“. Dem Hamburger Unternehmen liegt das Thema Nachhaltigkeit schon immer am Herzen, und das nicht nur, „weil die Kunden als Outdoor-Fans in der Regel Naturliebhaber sind“, so Globetrotter-PR-Managerin Miriam Ersch-Arnolds. „Als wir über unsere Kreislaufstrategie nachgedacht haben, war uns schnell bewusst, dass unser Fokus darauf liegen muss, Produkte so lange wie möglich im Kreislauf zu halten – etwa durch Reparatur, Verleih und secondhand.“

Die Kunden können selbst entscheiden, ob sie online oder in einem der 22 bundesweiten Stores ein neues oder ein gebrauchtes Produkt erwerben möchten. Immer mehr greifen zur Secondhand-Ware. „Im Jahr 2024 haben wir 40 000 gebrauchte Outdoor-Artikel angekauft und ebenso viele verkauft“, sagt die Globetrotter-Sprecherin.

Der Secondhand-Bereich sei „ein relevanter Umsatzbringer“, der Umsatz habe sich hier in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt. Das bedeute aber nicht, dass die Kundinnen und Kunden weniger Neuware kaufen. „Wir sehen in dem Angebot eine sinnvolle Ergänzung zu unserem regulären Sortiment und können dadurch neue Kundengruppen erschließen“, so Miriam Ersch-Arnolds.

Im Jahr 2024 haben wir 40 000 gebrauchte Outdoor-Artikel angekauft und ebenso viele verkauft.

Miriam Esch-Arnolds

Der Handel mit gebrauchter Kleidung boomt. Das Volumen des Secondhand-Marktes in Deutschland soll laut einer Prognose der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers auf bis zu sechs Milliarden Euro in diesem Jahr ansteigen. Ein riesiger Markt, an dem auch die Hamburger Otto Group mit ihrer ehemaligen Tochter „About You“ partizipiert.

Im Jahr 2023 ging das Modeunternehmen mit „Momox Fashion“, einem der führenden Re-Commerce-Unternehmen für Secondhand-Mode im Online-Handel, eine Kooperation ein und konnte auf einen Schlag sein Angebot an gebrauchter Kleidung vervierfachen – auf derzeit rund 850 000 Hosen, Shirts, Kleider und Pullis. Kürzlich wurde bekannt, dass „About You“ von seinem Konkurrenten, dem E-Commerce-Händler Zalando, für mehr als eine Milliarde Euro übernommen wird.

Inzwischen startete OTTO auch seine nachhaltige „Circular Collection“, für die nur Rohstoffe genutzt werden, die wiederverwendet werden können „Jedes Kleidungsstück verfügt über einen digitalen Pass, der Infos zum Material, zur Produktion und zum Rückgabekanal enthält“, sagt OTTO-Sprecher Frank Surholt.

88 Prozent der OTTO-Kundschaft ist das Thema Nachhaltigkeit wichtig, so Surholt. Das bedeute am Ende aber nicht, dass sich die Kundinnen und Kunden dann auch für nachhaltige Mode entscheiden. „Gekauft wird trotzdem leider oft nur nach dem Preis.“


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