Rasante Entwicklung

Künstliche Intelligenz ist ein elementarer Treiber der Hamburger Wirtschaft. Entsprechend haben sich 2024 zahlreiche Unternehmen mit KI-gestützten Lösungen in Stellung gebracht. Und im kommenden Jahr warten schon neue Chancen und Herausforderungen.
Yvonne Scheller
Ein Modell zum KI-unterstützten Baggage-Handling von Lufthansa Industry Solutions ist im Showroom des Artificial Intelligence Center Hamburg (ARIC) ausgestellt.

Von Alois Krtil, 29. November 2024 (HW 6/2024)

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ARIC
Michael Koch, Director AI der in Hamburg ansässigen Lufthansa Industry Solutions

Über die transformative, branchenverändernde Kraft der generativen KI wird spätestens seit der Markteinführung von ChatGPT im November 2022 diskutiert. Auch aus wirtschaftlicher Perspektive, denn jedes fünfte Unternehmen nutzt bereits Künstliche Intelligenz, wie die diesjährige Befragung des Digitalverbandes Bitkom ergab. Noch vor zwei Jahren waren es nur neun Prozent. „Das Potenzial der KI für Wirtschaft und Gesellschaft hier in Deutschland ist enorm“, sagt Handelskammer-Vizepräses Kathrin Haug. „330 Milliarden Euro könnte generative KI in Zukunft zur deutschen Brutto-Wertschöpfung beitragen.“

2024 war geprägt von einer Flut neuer KI-Modelle, die leistungsfähiger sind als je zuvor – oft begleitet von Berichten über große Investments, Finanzierungsrunden und Übernahmen. Diese Veröffentlichungsdichte ist beispielhaft für das globale KI-Wettrennen, das Länder und Unternehmen inzwischen ausfechten. Ein Ende ist derzeit nicht abzusehen. „Wir stehen kurz vor einer Veröffentlichungswelle, bei der ganz viele Produkte eine eingebaute KI haben werden“, betont Michael Koch, Director AI der in Hamburg ansässigen Lufthansa Industry Solutions (LHIS).

Vor allem Open-Source-Modelle – ein Beispiel ist das vom Facebook-Konzern Meta kostenlos zur Verfügung gestellte Sprachmodell „Llama 3.1“ – prägten das vergangene Jahr. Aufgrund zunehmender, zum Teil kostenloser Veröffentlichungen „vortrainierter“ Modelle und Tools nehmen auch Prototypisierung und Umsetzung in den eigenen Produkten und Dienstleistungen an Fahrt auf. Das Hamburger E-Learning-Unternehmen PINKTUM beispielsweise nutzt KI-Sprachmodelle, um das Lernen zu personalisieren und einen nachhaltigen Lernerfolg zu erzielen.

Start-ups und Betriebe können heute KI-basierte Produkte und Dienstleistungen in einem Bruchteil der Zeit entwickeln, die noch vor wenigen Jahren erforderlich gewesen wäre. Es ist aber auch die Kombination von Open-Source-Tools und Cloud-Diensten, die die Zeit von der Idee bis hin zur Markteinführung signifikant verkürzt hat.

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Volker Strey
Handelskammer-Vizepräses Kathrin Haug ist überzeugt vom Potenzial der KI.

Der Mehrwert für Produkte und Services durch Künstliche Intelligenz und die Implementierung von KI in bestehende Geschäftsmodelle ist unbestritten. Eine Tatsache, die den kürzlich auf dem fünften KI Summit der Handelskammer diskutierten Grundsatz „From Excitement to Execution“ bekräftigt: Es darf nicht bei bloßer Spielerei bleiben. KI wird erst dann das versprochene Potenzial entfalten, wenn die Technologie sorgfältig und substanziell in die Kerngeschäftsprozesse eingebettet ist.

Daran arbeitet beispielsweise Lufthansa Industry Solutions. Die anspruchsvollen Projekte, die LHIS mit Kunden etwa in der Logistik und auch in der kritischen Infrastruktur wie jener im Hafen umsetzt, haben große Anforderungen an Sicherheit, Robustheit und Qualität.

Die Unternehmen sind gut beraten, sich intensiver mit generativer KI zu befassen. Bereits im kommenden Jahr ist ein verstärkter Einsatz sogenannter „multimodaler KI-Modelle“ zu erwarten. Sie sind in der Lage, mit Texten, Grafiken, Bildern und Sound gleichzeitig umzugehen, und könnten KI-Anwendungen möglicherweise revolutionieren oder sie in jedem Fall erheblich erweitern. Auch KI-Agenten dürften schon in naher Zukunft viele Alltagsarbeiten (halb)automatisch durchführen können.

Die Entwicklung wird 2025 rasant voranschreiten, sodass sich KI zunehmend über Schnittstellen in die herkömmlichen Systeme integrieren lässt und sich alte und neue Software-Welt besser miteinander verbinden. Je leistungsfähiger KI-Systeme werden, desto mehr rücken dringende Fragen im Zusammenhang mit ethischen und rechtlichen Herausforderungen ins Sichtfeld, die sich unter dem Schlagwort „Responsible AI“ zusammenfassen lassen.

Unter der Leitung des „Artificial Intelligence Center Hamburg“ (ARIC) und des „LawCom.Institute“ haben sich in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsbehörde zahlreiche Unternehmen und Institutionen der Hansestadt in einer Allianz zusammengetan, um gemeinsam die Leitplanken für einen sicheren und verantwortlichen KI-Einsatz zu legen.

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Stefan Bungert
ARIC-Geschäftsführer Alois Krtil beim KI Summit in der Handelskammer

ALOIS KRTIL / ARIC Alois Krtil ist Gründer und Geschäftsführer des „Artificial Intelligence Center Hamburg“ (ARIC). Die Einrichtung trägt unter anderem dazu bei, das Thema KI in der Metropolregion Hamburg voranzubringen und weiterzuentwickeln. Ziel ist es, einen Wissenstransfer zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft herzustellen. Zudem arbeitet ARIC daran, ein umfassendes KI-Netzwerk und Ökosystem in der Metropolregion zu etablieren. Es gilt, Impulse für neue KI-Aktivitäten und KI-Trends zu geben und anwendungsorientierte Forschung und praxisbezogene Anwendung zu ermöglichen. Ebenfalls steht im Fokus von ARIC, KI-Fachkräfte und IT-Know-how am Standort zu gewinnen, zu halten und weiterzuentwickeln.


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