Sorgfaltspflichten werden verschärft

Die EU macht ernst bei der Umsetzung des Green Deal, die regulatorischen Vorgaben zum Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards und die Compliance-Risiken wachsen. International tätige Unternehmen jeder Größe müssen sich damit auseinandersetzen. 
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Großunternehmen müssen sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette beachtet werden.

Von Tim Klingenberg und Arne Olbrisch, 27. September 2023 (HW 5/2023)

Am 1. Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten. Es verpflichtet Großunternehmen in Deutschland, die mehr als 3000 (ab 2024 mehr als 1000) Mitarbeitende im Inland beschäftigen, zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards in der globalen Lieferkette und regelt die unternehmerische Verantwortung für deren Einhaltung durch die Umsetzung definierter Sorgfaltspflichten. Diese Pflichten gelten für den eigenen Geschäftsbereich, für das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer Zulieferer – und wirken sich damit auf zahlreiche weitere Unternehmen aus.

Beträchtliche Anforderungen

Einer repräsentativen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge sind 51 Prozent aller international tätigen Unternehmen indirekt durch das LkSG betroffen und wurden von Geschäftspartnern bezüglich menschenrechts- und umweltbezogener Risiken in den Lieferketten kontaktiert. Viele Unternehmen stellt das bereits vor beträchtliche Anforderungen. Doch der Anteil der Betroffenen wird sich durch die geplante EU-Lieferketten-Richtlinie noch erweitern, die voraussichtlich Anfang 2024 beschlossen und ab 2026 sukzessive in nationales Recht umgesetzt wird – und sieht deutlich verschärfte unternehmerische Sorgfaltspflichten vor.

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Das LkSG soll auch die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie verbessern (hier: Indien).

Die Compliance im Außenhandel wird noch durch weitere Regelwerke bestimmt. So sieht ein Verordnungsvorschlag der EU-Kommission ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem EU-Binnenmarkt vor. Bereits im Juni in Kraft getreten ist eine Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten. Rohstoffe und Produkte dürfen hiernach ab 30. Dezember 2024 nur dann auf dem EU-Markt angeboten werden, wenn sie nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen und gleichzeitig im Einklang mit den Gesetzen des Ursprungslands produziert wurden. Für die Waren Holz, Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk und Soja sowie relevante daraus hergestellte Erzeugnisse gelten damit weitere bedeutende Sorgfalts- und Compliance-Pflichten – und zwar unabhängig von der Unternehmensgröße.

Eine weitere Herausforderung für Unternehmen stellt der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) dar, der die CO2-Reduktion der EU zum Ziel hat. Bereits ab Oktober 2023 beginnt dessen schrittweise Implementierung. Die entsprechende Verordnung betrifft europäische Unternehmen jeder Größe, die ausgewählte emissionsintensive Produkte aus einem Drittland in die EU importieren: Für diese Waren wird ein „Klimazoll“ in Form eines CO2-Zertifikatskaufs zu entrichten sein. Neben Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Elektrizität und Düngemitteln sind davon auch weitere importierte vor- und nachgelagerte Waren betroffen.

Unternehmen müssen gezielt vorsorgen

Diese und weitere Regelwerke zeigen die zunehmende Komplexität, der international tätige Unternehmen jeder Größe gegenüberstehen. Um den regulatorischen Vorgaben im Außenwirtschaftsverkehr Rechnung zu tragen, müssen sie sich intensiv damit auseinandersetzen, inwieweit sie betroffen sind und welche Sorgfaltsverpflichtungen für sie gelten. So können sie geeignete und angemessene organisatorische Vorkehrungen treffen.

„Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz“, darunter eine grundsätzliche Einführung und Erklärungen unterschiedlicher Sorgfaltspflichten, finden Sie hier.

Compliance-Vorschriften gehen regelmäßig auch mit dem Risiko einher, sie nicht zu erfüllen und wegen Sorgfaltsverstößen mit Bußgeldern oder Sanktionen belegt zu werden. Deshalb gilt es, klare Zuständigkeiten im Unternehmen zu benennen, eine geeignete Infrastruktur zu schaffen und die Mitarbeiter durch regelmäßige Schulungen zu sensibilisieren. Durch die Implementierung eines unternehmensinternen Compliance-Programms, ein regelmäßiges Screening der Lieferkette auf Risiken und ein aktuell gehaltenes Dokumentationswesen lassen sich entsprechende Risiken minimieren. Da sich die Regelungsinhalte der vorgestellten Gesetze teilweise überschneiden, ist es zudem möglich, Synergien im Risikomanagement nutzen.


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