Wirtschaftsfaktor Lebensqualität

Hamburg besitzt zahlreiche Trümpfe, die maßgeblich zur Lebensqualität und Wertschöpfung beitragen – vom reichen Bildungs-, Sport-, Kultur- und Einzelhandelsangebot bis hin zu Natur und Naherholung.
Der Elbstrand lockt auch in den Abendstunden viele Menschen an, um vor der eindrucksvollen Hafenkulisse ihre Freizeit zu verbringen – hier mit Lagerfeuer und Musik.
Jörg Modrow/Mediaserver Hamburg
Der Elbstrand lockt auch in den Abendstunden viele Menschen an, um vor der eindrucksvollen Hafenkulisse ihre Freizeit zu verbringen – hier mit Lagerfeuer und Musik.
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Von Heiner Schote, 29. Juli 2025

„Städte mit einem vielfältigen Bildungsangebot ziehen junge Menschen an, vor allem dann, wenn sie mit hoher Lebensqualität punkten können“, sagt Alexander Schulz, Geschäftsführer der Reeperbahn Festival GmbH und der RBX GmbH. Denn wer sich nach der Schule für eine Ausbildung oder ein Studium entscheidet, wechselt dafür häufig in eine Stadt, die besonders anziehend erscheint.

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Kati Jurischka
Alexander Schulz ist unter anderem Gründer und Geschäftsführer des „Reeperbahn Festivals“ und Inhaber sowie Geschäftsführer der Hamburger Eventagentur „Inferno Events“ und des Hamburger Musikclubs „Häkken“.

Etwa in die Metropole Hamburg, die Anfang 2025 fast 121 400 Studierende zählte und in der 2024 rund 17 220 Menschen eine Berufsausbildung gestartet haben. Schließlich punktet sie nicht nur mit mehr als 20 Hochschulen, sondern auch mit Elbe und Alster, der Nähe zu Nord- und Ostsee, mit drei bekannten Bundesliga-Sportvereinen sowie zahlreichen Konzerten, Clubs und Festivals.

Lebensqualität hat viele Facetten

Solche Pull-Momente sind entscheidende Standortfaktoren – schon aufgrund des Fachkräftemangels, den Hamburger Unternehmen laut Konjunkturbarometer seit Jahren als eines ihrer größten Geschäftsrisiken sehen. Es gilt also, die Stadt gezielt als lebenswerte Metropole weiterzuentwickeln. Um Fachkräfte zu gewinnen – aber auch, um sie zu halten. Hierfür Impulse zu setzen, hat sich der Handelskammer-Ausschuss „Lebenswerte Metropole“ zum Ziel gesetzt, der das Plenum der Handelskammer zu diesem Thema berät.

Wie Workshops mit Unternehmen zeigten, hat Lebensqualität dabei ganz unterschiedliche Aspekte. „Dazu gehören gute Bildungsangebote, kostenfreie Kindergärten und eine verlässliche Nachmittagsbetreuung für Schulkinder, aber auch sauberes Trinkwasser“, so Alexander Schulz, der den Ausschuss leitet.

Auch die Elbphilharmonie, die großen Sportstadien, leistungsfähige Krankenhäuser wie das UKE und die Clubkultur auf St. Pauli, die in ihrem Gebiet „in der ersten Liga spielen“, zahlen auf die lebenswerte Metropole Hamburg ein. Sie schaffen zudem die internationale Aufmerksamkeit für die Stadt und erhöhen die Zufriedenheit der Menschen, die hier leben.

Ebenso wichtig ist vielen Menschen, dass sie alles, was zum täglichen Leben gehört, bequem und schnell – physisch oder digital – erledigen können: Einkauf, Kultur, Bildung, Sport, Gastronomie, Erholung und Behördengänge. Ganz im Sinne der 15-Minuten-Stadt.

Lebendige Quartiere

Viele Quartiere entsprechen schon heute diesem Leitbild, vor allem die innenstadtnahen Viertel, Altona, Ottensen oder die Innenstädte von Bergedorf und Harburg. Gut vorstellbar, dass Stadtteile wie Bramfeld oder Lokstedt mit der kommenden U-Bahn-Linie 5 vieles von dem, was zum täglichen Leben gehört, künftig ebenfalls in 15 Minuten Fußweg anbieten können. Die Dörfer in den Vier- und Marschlanden und im Alten Land indes werden dieses Ziel realistischerweise nicht erreichen, was auch niemand erwartet. Wer dort lebt, schätzt die Nähe zum Grün und ist vermutlich gerade deshalb dorthin gezogen.

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Claudia Höhne
Im Jahr 2018 traten 25 Laienchöre in der Elbphilharmonie in der „Langen Nacht des Singens“ auf insgesamt fünf Bühnen auf.

Wer die quirlige Metropole und erholsames Grün erleben möchte, kann zum Beispiel mit der Bergedorfer Schifffahrtslinie in der HafenCity starten und die Containerriesen im Hafen bestaunen, bevor es in die ruhigeren Vier- und Marschlande und nach Bergedorf geht. „Wer mit unseren Schiffen unterwegs ist, kann sehr gut entschleunigen“, sagt Heiko Buhr, Geschäftsführer der Bergedorfer Schifffahrtslinie Buhr GmbH.

Weil ihm der Beruf als „Schipper“ so viel Spaß macht, organisiert er jedes Jahr gemeinsam mit seiner Frau Marejke neue mehrtägige Touren: In drei Tagen geht es nach Berlin oder in zehn Tagen auf Flüssen und Kanälen quer durch Norddeutschland. Als Nächstes stehen Touren nach Brandenburg und in die Niederlande auf dem Programm. „Wir haben inzwischen viele Stammkunden, die nicht in erster Linie den Komfort wollen, sondern vom Schiff aus die Landschaft und die Städte erleben wollen“, so Buhr.

Die 15-Minuten-Stadt Die Idee der 15-Minuten-Stadt geht zurück auf Prof. Carlos Moreno, der an der Pariser Sorbonne das Institut ETI – Entrepreneuriat, Territoire, Innovation – leitet. Morenos Konzept gewann erheblich an Fahrt, nachdem die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo 2020 während ihrer Wiederwahlkampagne einen Plan zur Umsetzung des 15-minütigen Stadtkonzeptes vorgestellt hatte. Während der COVID-19-Pandemie begannen konkrete Maßnahmen: Zum Beispiel wurden nach Schulzeiten Schulhöfe in Parks umgewandelt, während der Place de la Bastille und andere Plätze mit Bäumen und Radwegen umgestaltet wurden. Weitere Infos erhalten Sie hier.

Das wichtigste Ziel seiner Schiffe, der „Serrahn Queen“ und der „Serrahn Deern“, ist Bergedorf. Viele Fahrgäste entdecken zum ersten Mal diesen Stadtteil, der mit dem einzigen Schloss Hamburgs, einer sehenswerten Altstadt und vielen individuellen Einzelhandels- und Gastronomieangeboten viel zur Lebensqualität unserer Metropole beiträgt. Großen Wert legt Buhr darauf, dass sein Unternehmen klimaneutral wirtschaftet. Die Schiffe fahren mit emissionsarmen Brennstoffen, und die verbleibenden CO2-Emissionen werden kompensiert.

Bunte Einkaufs- und Musikwelt

Zu einer lebenswerten Metropole tragen nicht nur Unternehmen wie die Bergedorfer Schifffahrtslinie und die Kulturwirtschaft bei, sondern auch Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie, Dienstleistungsbetriebe und die Gesundheits- und Sportwirtschaft.

Die hochwertigen Sortimente am Neuen Wall, die es in Norddeutschland nur einmal gibt, sind für Hamburgs Lebensqualität ebenso wichtig wie gut sortierte Feinkostgeschäfte oder schnell erreichbare Supermärkte im Quartier. „Diese Unternehmen tragen mit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den vielen Arbeits- und Ausbildungsplätzen auch maßgeblich zur Stärke des Standorts Hamburg bei“, sagt Alexander Schulz.

Der Kulturmanager rief 2006 das „Reeperbahn Festival“ ins Leben: Europas größtes Clubfestival und zugleich eine internationale Plattform für Popkultur, wo sich die internationale Musikszene, die Musikwirtschaft  und musikalische Talente präsentieren und miteinander ins Gespräch kommen.

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Bergedorfer Schifffahrtslinie Buhr GmbH
Fahrt durch die Vier- und Marschlande auf der „Serrahn Deern“ der Schifffahrtslinie Buhr. Ziel ist Bergedorf mit dem einzigen Schloss Hamburgs.

Die Idee dazu hatte er auf dem Festival „South by Southwest“ (SXSW) im texanischen Austin. Ähnlich wie beim SXSW findet das „Reeperbahn Festival“ in den Clubs und auf der Straße statt.

„Musik ist sehr emotional und erreicht sehr viele Menschen“, so Alexander Schulz, der damit die Aufmerksamkeit gerade auch junger Menschen für Hamburg deutlich steigert und gleichzeitig diejenigen erreicht, die sich längst für Hamburg als Wohn- und Arbeitsort entschieden haben.

Damit Hamburg für alle attraktiv bleibt, muss die Stadt allerdings auch etliche Probleme anpacken. Insbesondere gilt es, den Wohnungsbau deutlich anzukurbeln, die City zu beleben, die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben und die Verkehrs-Infrastruktur so auszubauen, dass Hamburg für auswärts Wohnende ebenso wie für den Lieferverkehr schnell und kostengünstig erreichbar ist. Die Handelskammer wird sich hierfür weiter intensiv einsetzen.


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