Es sind die derzeit 3558 Prüfenden, die durch Expertise und Sachverstand die Zukunft und die hohe Qualität der von der Handelskammer organisierten Dualen Ausbildung sichern. 2279 Männer und 1279 Frauen nehmen mündliche und schriftliche Prüfungen für 350 Ausbildungsberufe mit 18 845 Auszubildenden ab oder erstellen Prüfungsaufgaben. Deren fünfjährige Berufungsperiode endet im Juli 2025. Viele sind seit Jahrzehnten mit viel Herzblut und Freude dabei. Einige der Fachleute stehen kurz vor dem Renteneintritt und scheiden dann aus. Umso dringender sucht die Handelskammer nun Interessierte, die Lust haben, den Nachwuchs auf seinem Weg in den Berufseinstieg zu unterstützen. Der Spaß kommt bei diesem Ehrenamt nicht zu kurz, wie zehn Prüfungsprofis berichten. Der Start ins Ehrenamt ist jederzeit möglich. Was es braucht und wie es geht, lesen Sie hier.
STEPHAN BROCKMANN
Nachwuchsarbeit ist sehr wichtig, ansonsten wird der Mangel immer größer.
Als Stephan Brockmann vor vier Jahren gefragt wurde, ob er Prüfer werden möchte, musste der Filmproduzent in der Werbebranche nicht lange überzeugt werden. „Nachwuchsarbeit ist sehr wichtig, ansonsten wird der Mangel immer größer“, sagt der Mitarbeiter der Tony Petersen Film GmbH. Schon jetzt kämen kaum junge Leute nach. Hoffnung mache ihm, dass er in den Prüfungen sehr viele begabte Nachwuchsproduzierende erlebe. „Es gibt Abschlussfilme, vor denen ziehe ich den Hut“, so der 57-jährige Hamburger. In diesen Fällen ermutige er die Talente, den Film nicht in der Schublade verschwinden zu lassen, sondern bei Festivals einzureichen, damit er national oder international gefeiert wird.
YVONNE HILBERINK
„Hart aber herzlich“ bezeichnet sich Yvonne Hilberink in ihrer Aufgabe als Prüferin für „Technische Betriebswirte“. In dem Ehrenamt hat die 51-Jährige bereits jede Menge Erfahrung gesammelt. Seit 25 Jahren prüft die Geschäftsführerin der Hamburger Training & Consulting oHG den Nachwuchs für die IHK Kiel, seit fünf Jahren für die Handelskammer Hamburg. In ihren Prüfungen legt die gelernte Bankkauffrau großen Wert darauf, dass die angehenden Betriebswirtinnen und -wirte das Wissen nicht nur auswendig lernen, sondern das System Wirtschaft verinnerlichen. „Als Prüferin trage ich die Verantwortung, der Hamburger Wirtschaft gut ausgebildete Nachwuchskräfte an die Hand zu geben“, sagt Hilberink.
THOMAS BEUTNAGEL
Die älteren Prüfer bringen Berufs- und Lebenserfahrung mit.
In das Ehrenamt sei er nur so „hineingerutscht“, erzählt Thomas Beutnagel. Doch dafür macht es ihm erstaunlich viel Spaß. Der 63-Jährige prüft angehende „Elektroniker/-innen für Betriebstechnik“, ein Ausbildungsberuf, den der gelernte Energieanlagenelektroniker vor 15 Jahren mitentwickelt hat. In etwas mehr als einem Jahr will der Mitarbeiter der K+S Minerals and Agriculture GmbH in Rente gehen und wird dann auch sein Ehrenamt niederlegen. Ein junger Kollege aus seinem Unternehmen rückt für ihn nach. „Der Mix aus jung und alt macht’s. Die Älteren bringen Berufs- und Lebenserfahrung mit, die Jüngeren verstehen die Sprache und Werte der nachrückenden Generation besser“, ist Beutnagel überzeugt.
JÜRGEN HENKE
Jürgen Henke, Geschäftsführer der Agentur prima events GmbH, outet sich als großer Fan der Dualen Ausbildung, die, wie er sagt, ein „Garant für qualitativ gute Standards“ ist“. Genau diese Standards vermisse er oft im Ausland. Dass die Qualität der Azubis im Bereich Veranstaltungstechnik seit mehr als 20 Jahren nicht nachlässt, daran hat der 65-Jährige als Prüfer einen entscheidenden Anteil und schwärmt vom umfangreichen Wissen, das in den Prüfungen präsentiert wird. Dankbar ist der Hamburger, dass er sich durch das Ehrenamt ein riesiges Netzwerk zu Gleichgesinnten der Eventbranche aufbauen konnte. „Der kurze Draht ist Gold wert“, so Henke. Einige der neuen Kontakte seien sogar echte Freunde geworden.
BARBARA KÜRTEN
Ich bin seit 30 Jahren in der Branche und in den Fachthemen sattelfest.
Unter den Prüfenden ist Barbara Kürten der Neuling. Seit einem Jahr prüft die Geschäftsführerin der Cross Media Verlag GmbH angehende „Mediengestalter/-innen Digital und Print“. Hätte die 59-jährige Hamburgerin geahnt, dass die Aufgabe und der Austausch mit der Kollegenschaft so viel Spaß bringen, hätte sie schon viel früher damit begonnen. Eine lange Einarbeitungszeit brauchte sie nicht. „Ich bin seit 30 Jahren in der Branche und in den Fachthemen sattelfest“, sagt Kürten. Als zeit- oder arbeitsintensiv empfindet sie ihr neues Ehrenamt nicht. Im Gegenteil: „Mir liegt sehr viel daran, dass auch die nächste Generation ein Gespür für ein gutes Layout hat. Als Prüferin trage ich meinen Teil dazu bei.“
SUSANNE WISCHNEWSKI
Spricht Susanne Wischnewski von ihren Prüflingen, leuchten ihre Augen. „Das große Selbstbewusstsein der jungen Menschen beeindruckt mich immer wieder. Genauso wie die Aufbruchstimmung, mit der sie in den Beruf als Personaldienstleute starten“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin der Kardeel Consulting Personalberatung. Der Name ihres Unternehmens kommt nicht von ungefähr. „Kardeel“ ist ein Begriff aus der Seefahrt und beschreibt ein aus drei Strängen gedrehtes Seil. Als junge Frau fuhr die heute 56-Jährige einige Jahre auf einem Binnenschiff. „Klingt romantisch, ist vor allem aber harte Arbeit“, sagt die Power-Frau, die zudem ehrenamtliche Richterin am Hamburger Arbeitsgericht ist.
BJÖRN STAMER
Ich habe mich von Anfang an mit den älteren Prüfern auf Augenhöhe gefühlt.
Als Björn Stamer vor vier Jahren sein Ehrenamt in der Handelskammer aufnahm, gehörte der Mitarbeiter von Philips Medical Systems Hamburg mit seinen damals 29 Jahren zu den jüngsten Prüfenden. Nachteilig war das für den studierten Informations- und Elektrotechniker nicht: „Ich habe mich von Anfang an mit den älteren Prüfern auf Augenhöhe gefühlt.“ Kein Wunder, denn in seinem Prüfungsfach Elektrotechnik macht dem heute 33-Jährigen so schnell niemand etwas vor. „Ich habe mich schon als Kind dafür interessiert und habe mein erstes Lötkolben-Set geliebt“, erzählt der Elmshorner. Als Kind entdeckte er seine zweite Leidenschaft: den Judosport, dem er bis heute – wie der Elektrotechnik – treu geblieben ist.
HELGE BERLITZ-OLLE
Als Lehrer an der Beruflichen Schule in Farmsen war für Helge Berlitz-Olle ein Ehrenamt als Prüfer nur eine logische Folge. Der 50-jährige Hamburger prüft angehende Mediengestalter in Bild und Ton. Der Ausbildungsberuf ist sehr gefragt und entwickelt sich durch die Möglichkeiten der KI und Virtual Reality immer weiter. Seit August 2023 gibt es deshalb den neuen Ausbildungsberuf „Gestalter/-in für immersive Medien“, an dessen professioneller Ausrichtung Helge Berlitz-Olle maßgeblich mitgewirkt hat. Als Taktvorgeber versteht sich der Schlagzeuger der Band „Stoner Rock“ aber nicht. Helge Berlitz-Olle kommt es auf das harmonische Zusammenspiel an – in der Musik und in einer Prüfung.
KATJA KRUSE
Mir ist wichtig, den Nachwuchs zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die Berufe ihre Wertigkeit behalten.
Hotelfachfrau, Veranstaltungsmanagerin, Coach – Katja Kruse hat in ihrem Leben beruflich schon vieles erfolgreich ausprobiert. Aktuell zeigt die 58-Jährige als Gästeführerin Touristen die schönsten Plätze ihrer Wahlheimat Hamburg. Vor mehr als 25 Jahren führte der Weg sie aus Nordrhein-Westfalen in die Elbmetropole. Genauso lange engagiert sich Kruse schon im Prüfungswesen der Handelskammer. „Mir ist wichtig, den Nachwuchs zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die Berufe ihre Wertigkeit behalten.“ Um das zu gewährleisten, hilft sie zudem bei der Erstellung von Prüfungsfragen. „Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit spielen da eine große Rolle“, so Kruse.
MAREN KEUP-GOTTSCHALCK
Zeitweise ist die Handelskammer für Maren Keup-Gottschalck wie ein zweites Zuhause. Die 59-Jährige ist nicht nur Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses, sondern auch noch in vier weiteren Ausschüssen aktiv. Sie prüft angehende Kaufleute im E-Commerce, Kaufleute für Büromanagement, Immobilienkaufleute sowie Pädagoginnen und Pädagogen im Weiterbildungsbereich. „Mir geht das Herz auf, wenn ich merke, dass die Absolventen so weit sind, dass man sie auf ihre Klientel loslassen kann. Das ist das Benzin eines jeden Prüfers“, sagt Keup-Gottschalck. Umso glücklicher ist die Mitarbeiterin der Berufsförderungswerk Hamburg gGmbH, dass ihr Lebenspartner „das gleiche Benzin tankt“ und sich ebenfalls in der Handelskammer engagiert.