Zwischen Trend und Tradition

Hamburgs Modebranche navigiert durch herausfordernde Zeiten. Trotz steigender Kosten und geringer Konsumneigung gibt es erfolgreiche Geschäfte, die mit Individualität und Innovation punkten.
Alsterhaus/KaDeWe GmbH
Seit mehr als 100 Jahren gehört das Alsterhaus am Jungfernstieg zu den ersten Adressen, wenn es um den stilvollen Einkauf geht.

Von Heiner Schote, 16. September 2024

Sabine Falkenhagen Store_ohne Hut
Emil Pourkian/Hut Falkenhagen
Das Hutgeschäft von Sabine Falkenhagen ist bekannt für seine große Auswahl.

Der Hamburger Mode-Einzelhandel ist ein Spiegelbild der Wirtschaft. Manche Firmen setzen auf Tradition, andere auf Innovation – und einige entwickeln ihre individuelle Kombination aus beidem. Ladage & Oelke am Alten Wall beispielsweise konzentriert sich auf Zeitloses. „Das Klassische läuft bei uns sehr gut“, sagt Geschäftsführer Thomas Wegmann.

Eine große Nachfrage beobachtet er auch bei der Maßkonfektion. Diese kann spezielle Bedürfnisse der Menschen aufgreifen, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Körperform oder ihres Berufes, sollte dieser eine besondere Beweglichkeit oder robuste Materialien erfordern.

„Viele unserer Kunden schätzen die Maßkonfektion, weil sie damit ihre Individualität ausdrücken können, etwa durch Stoffe, Muster oder Farben“, so Wegmann. Vor allem bei Anlässen wie Empfängen oder Hochzeiten sei Individualität gewünscht. Nicht zuletzt, weil die eigenen Accessoires mit denen der Begleitung abgestimmt werden müssten.

Wer hochwertige Kleidung sucht und Wert legt auf eine gute Beratung, findet in der Innenstadt noch weitere inhabergeführte Unternehmen wie UNGER oder BRAUN Hamburg. Zu den ersten Adressen gehört auch das Alsterhaus, seit über 100 Jahren die „Grande Dame“ von Hamburg und „ikonische Shopping-Destination“, wie es General Managerin Diana Brüssow formuliert.

„Beständigkeit bei gleichzeitigem Wandel – etwa in Bezug auf das Angebot unseres zeitgemäßen Sortimentes – sind in unserer DNA fest verankert.“ Brüssow möchte ihre Gäste immer wieder aufs Neue inspirieren. „Mit personalisierten Services und umfassendem Know-how der Experten-Teams garantieren wir ein unvergleichliches Einkaufserlebnis in der Welt von Lifestyle und Fashion.“

Jahrestreffen Das „Hamburger Stadtmarketingforum“ am 16. Oktober in der Handelskammer ist das Jahrestreffen für alle, die sich für lebendige, vielfältige Handelslagen in der Hansestadt engagieren. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr.

E-Commerce Nach einem leichten Rückgang der Online-Umsätze zeigt der Trend jetzt wieder nach oben. Wie der „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel“ (bevh) ermittelte, liegen die Umsätze bei Bekleidung, Schuhen, Accessoires und Heimtextilien im zweiten Quartal 2024 um knapp drei Prozent über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Details finden Sie hier.

Der stationäre Einzelhandel hat in den vergangenen fünf Jahren massive Veränderungen erlebt. Während der Corona-Pandemie musste er erhebliche Einschränkungen bis hin zur vollständigen Schließung der Geschäfte hinnehmen. Die Modeumsätze gingen massiv zurück, auch weil es kaum noch Anlässe gab, neue Kleidung „auszuführen“. Einen Boom hingegen erlebte der Online-Handel, der viel neue Kundschaft hinzugewann.

Inzwischen hat sich die Lage insgesamt erholt. 2023 erreichte der Einzelhandel mit Fashion und Accessoires deutschlandweit wieder einen Umsatz von 63,7 Milliarden Euro und damit das Niveau von 2019, wie das Institut für Handelsforschung (IFH Köln) ermittelte. Für dieses Jahr rechnet das Marktforschungsunternehmen mit einem Wachstum von 1,7 Prozent, was einem Umsatz von 64,8 Milliarden Euro entspräche. Der Online-Handel musste nach der Corona-Pandemie erwartungsgemäß einen Teil der neu gewonnenen Marktanteile wieder abgeben, aber auch hier steigen die Umsätze wieder, so der „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel“ (bevh).

Auch wenn der Umsatz wieder das Niveau von 2019 erreicht hat, stellen sich neue Herausforderungen. Denn in den vergangenen Jahren sind die Kosten deutlich gestiegen, zum Beispiel für Energie und Personal. Der Einzelhandel schlägt verschiedene Wege ein, um dem zu begegnen. Einige Unternehmen etwa punkten mit der Persönlichkeit der Inhaberin oder des Inhabers oder mit einem gut kuratierten Sortiment, indem sie auf die spezifischen Wünsche ihrer Kundschaft eingehen.

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Alsterhaus/KaDeWe GmbH
Möchte ihre Kundschaft immer wieder aufs Neue inspirieren:  Diana Brüssow, General Managerin Alsterhaus

Andere wiederum setzen auf Kosteneinsparung, unter anderem durch die Digitalisierung von Prozessen. Dabei kommt häufig auch Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz, unter anderem um Warensteuerung und Personalplanung zu optimieren.

Ganz weit vorn steht in dieser Hinsicht der größte E-Commerce-Händler der Stadt, die Otto GmbH & Co. KG, die in diesem Jahr ihr 75. Jubiläum feiert. „Das Unternehmen hat sich seit seiner Gründung grundlegend verändert: vom Schuhkatalog 1949 hin zur hybriden Plattform von heute“, so Marc Opelt, Vorsitzender des Bereichsvorstandes.

Einige Firmen bemühen sich erfolgreich um öffentliche Aufträge. „Wir werden die Beschäftigten des Deutschen Bundestages neu einkleiden“, freut sich Jens Lübbert, Geschäftsführer des Hamburger Großhandelsunternehmens GEBR. RUNDE GmbH, das sich auf Arbeitsschutz- und Berufsbekleidung fokussiert. Was die Mode angeht, sei ein eher klassisches Erscheinungsbild in Anthrazit mit zurückhaltenden Logos gewünscht, so Lübbert. Der Bundestag sei aber auch an nachhaltigen Materialien interessiert, die umwelt- und klimafreundlich auf ressourcenschonende Weise und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden.

Kennzeichnend für Hamburg ist, dass sich hier viele Menschen als Trendsetter sehen. Darauf hat sich der Einzelhandel eingestellt. „Als Louis Vuitton und andere bekannte Designer aus Paris im vergangenen Jahr Westernhüte präsentierten, habe ich sie gleich bestellt“, sagt beispielsweise Sabine Falkenhagen, die in ihrem Geschäft in der Schauenburgerstraße Hüte und Mützen verkauft.

Viele hätten sie damals belächelt, aber inzwischen seien fast alle Westernhüte verkauft. „Mit den neuen Trends mache ich zwar nicht die großen Umsätze; ich habe aber viele treue Kunden, die es sehr schätzen, dass wir ihnen auch diese anbieten können.“ Und was die Mode für 2025 angeht, ist Sabine Falkenhagen sicher, dass sie schon jetzt beim Einkauf auf genau die Farben setzt, die dann auch nachgefragt sein werden.

Ausstellung Noch bis zum 28. April 2025 zeigt das „Museum der Arbeit“ die Ausstellung „Dein Paket ist da! Shoppen auf Bestellung“. Sie zeigt die Arbeitsschritte, die mit dem Versandhandel verbunden sind, und stellt diesen Wirtschaftszweig in den Kontext der modernen Konsumgesellschaft. Anlass ist das 75. Jubiläum von OTTO.

Nachhaltigkeit Am 11. Oktober findet in der Handelskammer von 9:30 bis 12:30 Uhr die Veranstaltung „Mode im Kreislauf denken – Potenziale für Hamburg“ statt.


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