Was uns jetzt hilft, sind Sitzplätze draußen
Claudia Haas (46)
Ich bin für mehr Außengastronomie, auch wenn dafür Parkplätze wegfallen. Die vergangenen beiden Jahre waren für uns eine Katastrophe. Erst mussten wir schließen, dann blieben die Gäste weg, Firmen- und Weihnachtsfeiern fanden nicht statt. Die Einbußen, die uns die Pandemie beschert hat, sind enorm. Was uns jetzt helfen könnte, wären Sitzplätze im Außenbereich. Eine Terrasse haben wir nicht, da bleiben nur die Parkplätze. Nach zwei Jahren Verlust wäre es von der Politik ein schönes Signal gewesen, „fünf gerade“ sein zu lassen.
Stattdessen heißt es, Außengastronomie erhöhe das Lärmaufkommen. Dabei ist bei uns alles reglementiert: Draußen gilt die Sperrstunde ab 22 Uhr, wir sind verantwortlich, sollten unsere Gäste Müll hinterlassen, wir sorgen für Ruhe und Ordnung. Ein Problem sehe ich eher bei den vielen Kiosken. Da wird nichts geregelt, die verkaufen ihre Getränke die ganze Nacht hindurch, und wenn es laut wird, sagt keiner etwas.
Auch das Argument, der Einzelhandel könnte nicht auf Parkplätze verzichten, ist eine Farce. Es gibt in dieser Gegend keine Geschäfte, in denen man große Artikel kaufen könnte, für deren Transport ein Auto notwendig wäre. Es gibt U- und S-Bahn, Bus, Moja, Taxi, Carsharing. Die Stadt misst mit zweierlei Maß. Was in Altona, Schanze und Eimsbüttel möglich ist, wird in St. Pauli unter Vorbringung fadenscheiniger Argumente verhindert.
Zuerst hieß es, es sei in diesem Jahr gar keine Außengastronomie möglich. Dann kam das, was ich als faulen Kompromiss bezeichne: Außennutzung von Freitag bis Sonntag von 17 bis 22 Uhr. Das hilft der Branche in der aktuellen Lage nicht viel weiter. Man hat das Gefühl, die Politik wertschätzt all das Positive, das gut geführte Gastronomie mit sich bringt, in keiner Weise. Gastronomie ist nicht Lärm und zügelloses Gelage, sondern vielmehr Kultur, soziales Miteinander, die Kunst des Genusses.
Parken ist schon jetzt schwierig genug
Holger Wiese (61)
Mehr Außengastronomie auf Parkplätzen ist aus meiner Sicht nicht generell zu befürworten. Aufgrund der massiven Einschränkungen während der Corona-Pandemie in Innenräumen war diese Maßnahme in den vergangenen zwei Jahren sicherlich eine geeignete kurzfristige Lösung. Andere Branchen hingegen haben darunter gelitten: Geschäfte beispielsweise, die auf Kurzparkmöglichkeiten angewiesen sind, mussten durch den dann noch stärker eingeschränkten Parkraum erhebliche Nachteile hinnehmen. Das betraf zum Teil auch die Gastronomie selbst. Die Parkraumsituation in unserem Quartier ist schon jetzt schwierig genug. In größerem Maß davon betroffen sind vor allem ältere Personen, die auf Parkflächen in unmittelbarer Nähe der Geschäfte, in denen sie einkaufen, angewiesen sind, um größere Fußmärsche zu vermeiden. Oftmals hört man auch Sätze wie: „Dort gibt es ja kaum Parkplätze, da müssen wir einmal schauen, ob wir überhaupt kommen können.“ Ich denke, wenn Parkraum von der Gastronomie belegt wird, ist die Situation auch für Handwerker noch komplizierter. Und für Lieferanten: Sobald Parkplätze nicht schnell verfügbar sind, kann es durchaus vorkommen, dass die Kuriere, zumindest wenn sie mit Pkw oder Lkw unterwegs sind, aus Zeitmangel nicht am eigentlich zugesagten Tag ausliefern. Hamburgs Innenstadt braucht daher dringend Lade- und Arbeitszonen sowie Serviceparkplätze, die dem Wirtschafts- und Lieferverkehr vorbehalten sind. Allerdings sind derartige Ausgleichsflächen gerade in der City nur schwer zu realisieren. Stattdessen werden Parkflächen eingeschränkt. Ich habe volles Verständnis für die Gastronomen, die in den vergangenen beiden Jahren wirklich zu leiden hatten. Aber ich muss ebenfalls an mein Geschäft und an meine Kunden denken. Wenn die wegbleiben, habe auch ich ein Problem.
Der Bezirk Hamburg-Mitte ist bekannt für viel Gastronomie, aber auch für die zahlreichen Menschen, die dort Leben. Um Lärmbelästigungen zu vermeiden, gelten in Stadtteilen wie St. Pauli und St. Georg sowie in der Neustadt zum Teil ganz eigene Regeln, was Außengastronomie betrifft. Unter anderem können in Mitte Parkplätze und Ladeflächen am Wochenende (Freitag, 17 Uhr, bis Sonntag, 22 Uhr) für Außengastronomie genutzt werden. Allerdings muss das Mobiliar abends jeweils weggeräumt werden, damit niemand die Möglichkeit besitzt, sich dort nach Schließung der Gastronomie niederzulassen und die Nachtruhe zu stören. Von Sonntag- bis Donnerstagabend müssen diese Flächen wieder als Park- oder Ladezone hergestellt werden. Sollte es zu Beschwerden kommen (Lärm, nicht erfüllte Auflagen), kann eine Genehmigung jederzeit widerrufen werden.