„Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Technologien und Prozesse investieren, profitieren langfristig“: Diese Überzeugung teilte Dr. Malte Heyne auf einer Paneldiskussion im deutschen Klimaschutz-Pavillon der COP29, zu der die Handelskammer Hamburg als einzige deutsche Kammer vom Auswärtigen Amt eingeladen worden war.
In seiner Auftaktrede vorm Podiumsgespräch „Accelerating Decarbonization: How Hamburg Businesses Work for a Carbon-Neutral Future“ betonte er die Notwendigkeit, schnell zu handeln: „Je mehr sich die Folgen des Klimawandels verschärfen, desto teurer werden die benötigten Ressourcen, etwa erneuerbare Energiekapazitäten und eine nachhaltige Infrastruktur. Warten erhöht die langfristigen Kosten. Eine schnellere Dekarbonisierung öffnet hingegen Türen für neue Geschäftsmöglichkeiten, schafft Arbeitsplätze und macht Investitionen in grüne Technologien profitabler.“ Mit steigendem CO2-Preis würden zudem Geschäftsmodelle mit fossilen Energieträgern zunehmend unattraktiver.
Noch deutlicher wurde Saskia Möller, Director Legal, Compliance & Sustainability beim international tätigen Hamburger Einzelhändler Gebr. Heinemann: „Ich glaube, Unternehmen, die keine Strategie für die CO2-Reduktion entwickeln, werden scheitern.“ Ihr Unternehmen hat Nachhaltigkeit in seinen strategischen Entwicklungszielen bis 2030 verankert – denn „Nachhaltigkeit in Transport und Betrieb ist entscheidend für unsere Zukunft“, so Möller.
Hamburger Unternehmen als Vorreiter
Mit dem Einsatz für Klimaschutz steht Gebr. Heinemann in Hamburg nicht allein: „Hamburg spielt eine Vorreiterrolle, die auch global relevant ist“, erklärte Heyne. „Um aktiv zu werden, warten viele Unternehmen nicht auf Subventionen oder Gesetze. Mehr als die Hälfte unserer Mitgliedsunternehmen verfolgt bereits ehrgeizige Klimaziele. Sie investieren aktiv in saubere Technologien und passen ihre Betriebsabläufe an.“ Als Beispiele nannte er unter anderem die Projekte zum Ausbau des Hafens zum Zentrum für nachhaltige Energien, etwa über das von Mabanaft geplante Terminal für Ammoniak, den Umstieg des Lkw-Verkehrs im Hafen auf E-Antriebe sowie die Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen, gemeinsam grünen Strom einzukaufen.
Klimaziele und wirtschaftliches Wachstum stehen nicht im Widerspruch, sondern verstärken sich gegenseitig.
Dr. Malte Heyne
Dem Klimaschutz verschrieben hat sich etwa auch COLIPI, das CO2 mithilfe von Hefe und Bakterien in CO2-neutrales „Klimaöl“ verwandelt. „Wir haben die schnellste und kosteneffizienteste Methode zur Herstellung von Öl aus CO2 entwickelt“, so CEO Maximilian Webers im COP29-Panel, „und wollen der weltweit führende Anbieter von Klimaöl werden.“
Dabei profitierte das Unternehmen auch vom Wissenschaftsstandort Hamburg: „Die Stadt war ein großartiger Standort für unsere Gründung. Es gibt Cluster um die Universitäten, die bei der Gründung helfen“, sagte Webers und ergänzte: „Unsere größte Herausforderung ist es, unsere Technologie auf die industrielle Ebene zu bringen. Dies erfordert enorme Investitionen, die wir durch Fördergelder und Investoren sichern müssen. Auch die Nähe zur Industrie ist für uns essenziell, um unsere Technologie weiterzuentwickeln. Durch die Handelskammer können wir Verbindungen zu etablierten Unternehmen und potenziellen Partnern knüpfen.“
Handelskammer international
Das Engagement der Hamburger Unternehmen und der Handelskammer würdigte auch Andrew Wilson: „Es ist unglaublich beeindruckend, was Hamburg und seine Business Community mit Unterstützung der Handelskammer leisten“, lobte der stellvertretende Generalsekretär für Politik der International Chamber of Commerce.
Der Zugang zu erschwinglicher Finanzierung und Technologie bleibt eine der größten Herausforderungen.
Andrew Wilson
Neben der Bedeutung der Kammern für die Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen, die „oft nicht wissen, wo sie anfangen sollen“, betonte er dabei auch die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit: „Besonders zirkuläre Lösungen, wie das Recycling von Elektroschrott, erfordern eine grenzüberschreitende Herangehensweise. Unternehmen, die versuchen, solche Lösungen innerhalb nationaler Grenzen umzusetzen, stoßen oft auf wirtschaftliche Hindernisse.“
Zu diesen, so Wilson, zählt dabei neben dem Zugang zu kosteneffizienter Finanzierung insbesondere „die Vielzahl veralteter Regulierungen“. Entsprechend gelte es, „ein internationales Handelsumfeld zu schaffen, das Lösungen fördert“.
Die Politik ist also gefordert – und das gilt auch für Hamburg: „Das wirtschaftliche Umfeld für die Hamburger Wirtschaft ist aktuell sehr herausfordernd, auch weil die Politik über Jahrzehnte hinweg strukturelle Reformen in den Bereichen Infrastruktur und Digitalisierung liegen gelassen hat“, führte Malte Heyne aus. Mehr Gesetze, Vorgaben und Verordnungen seien dafür jedoch nicht der richtige Weg, sondern Technologieoffenheit und Innovation.
Zusätzliche Vorschriften und Berichterstattungspflichten hemmen die Produktivität der Unternehmen.
Dr. Malte Heyne
Auch die internationalen Rahmenbedingungen müssen stimmen – „es ist entscheidend, dass Regierungen außerhalb der USA alles tun, um ein offenes Handelssystem zu erhalten“, erklärte Wilson. Eine Überzeugung, der sich Heyne anschloss: „Freihandel ist essenziell. Es ist entscheidend, neue Freihandelsabkommen wie mit Mercosur oder Indien voranzutreiben.“ Webers plädierte seinerseits für einen „global bindenden CO2-Preis von 100 bis 200 Dollar pro Tonne“: Dieser wäre „essenziell, um Start-ups wie Colipi zu fördern“.
Unabhängig von den Ergebnissen der COP29 ist Kammer-Hauptgeschäftsführer Heyne jedenfalls überzeugt: „Hamburg bietet beste Voraussetzungen, Modellregion und Inspiration für eine lebenswerte Metropole mit einer klimaneutralen, wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu werden.“ Und er betont: „Die Energiewende darf nicht misslingen, sie ist die Grundvoraussetzung für eine starke, klimaneutrale Wirtschaft.“
Die Klimakonferenz in Baku
Die COP29 in Baku soll den Klimaschutz weltweit vorantreiben und die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen. Dazu sollen die Länder strengere Klimapläne vorlegen und ambitionierte Emissionsminderungen festlegen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Finanzierung: Da die bisherigen Finanzhilfen für Klimaschutzprojekte in ärmeren Ländern ab 2025 auslaufen, wird über eine neue, langfristige Unterstützung verhandelt.
Zusätzlich sollen Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels besprochen und Fortschritte bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens erzielt werden.
Die Handelskammer Hamburg war 2023 bereits bei der 28. UN-Klimakonferenz COP28 in Dubai dabei. Dort stellte sie erstmals die Initiative der Hamburger Wirtschaft zur Klimaneutralität vor.
Im Rahmen der Standortstrategie „Hamburg 2040 – Wie wollen wir künftig leben und wovon?“ beauftragte die Handelskammer die OECD, im Rahmen einer Studie zu klären, ob und wie die Hamburger Wirtschaft bis 2040 Klimaneutralität erreichen kann. Das Ergebnis: Bis 2040 kann Hamburg sich zu einem klimaneutralen Wirtschaftsstandort entwickeln und international zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden.