Ausgezeichnete Hochschulprojekte

Fair Trade liegt im Trend – aber wie lassen sich fair gehandelte Produkte besser vermarkten? Im Projekt „Hamburg! Handelt! Fair! – Wirtschaft und Wissenschaft für Fairen Handel“ kooperieren faire Unternehmen mit Studierendengruppen, um kreative Ideen zu entwickeln. Jetzt wurden die Sieger des dazugehörigen Hochschulwettbewerbs geehrt.
Kati Jurischka
Auszeichnung im Kaisersaal des Hamburger Rathauses (v. li.): Christine Prießner (Fair Trade Stadt Hamburg) und Katharina Keienburg (IKS) mit den Studierenden der ISM sowie Benjamin Frieborg („Him & Laya“), Prof. Dr. Nicole Fabisch und Dr. Christopher Schwieger

Von Marina Friedt, 30. Januar 2024 (HW 1/2024)

Fairer Handel ist Teil eines verantwortungsbewussten Unternehmertums. Verbraucherinnen und Verbraucher sind zunehmend sensibilisiert, sie wollen wissen, unter welchen Bedingungen ihr Kaffee, ihre Schokolade, ihr T-Shirt hergestellt wurden – und betrachten unter anderem angemessene Arbeitsbedingungen und Entlohnung der Produzierenden als wichtig.

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Himalaya Textilhandels GmbH
Der faire Modeladen „Him & Laya“ in der Langen Reihe im Stadtteil St. Georg

Um den Fairen Handel zu fördern und neue Wege zur Vermarktung fairer Produkte zu entwickeln, haben die Innovations Kontakt Stelle (IKS) Hamburg und die „Fair Trade Stadt Hamburg“ (FTS HH) im Jahr 2015 das Projekt „Hamburg! Handelt! Fair!“ gestartet: Studierende entwickeln Marketingkonzepte für faire Unternehmen oder analysieren, welche Erfolgschancen faire Waren bieten. Die Ergebnisse werden im „Hamburger Fair Trade Hochschulwettbewerb“ vorgestellt, der nun zum neunten Mal stattfand. „Der Markt für Fair-Trade-Produkte wächst, und das ist gut so!“, freute sich Schirmpatin Dr. Melanie Leonhard in ihrer Gratulation an die Siegerteams, die im Kaisersaal des Rathauses am 19. Dezember geehrt wurden.

Implementierung in die Praxis

Ein Semester lang beschäftigten sich Studierende von diesmal drei Hamburger Hochschulen mit kreativen Ideen zum Fairen Handel, die in die Geschäftspraxis dreier Hamburger Unternehmen implementiert werden sollten. Das gelang den drei Partnerprojekten ausgezeichnet. In ihrer Laudatio bezog sich Dr. Ana Catarina Sebode von der Senatskanzlei auf Konfuzius: „Der Mann, die Frau, die eine Frage stellen, sind für eine Minute Dummköpfe. Der Mann, die Frau, die gar nicht fragen, sind Dummköpfe fürs Leben.“

Besonders „die kritische Auseinandersetzung mit den Wünschen des Unternehmens und ihrer Umsetzbarkeit sowie der Mut, zu den Ergebnissen zu stehen, war beachtlich“, lobte Sebode stellvertretend für die fünfköpfige Jury aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Stadt Hamburg. „Der italienische Philosoph und Dichter Dante Alighieri sagte: ‚Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt.‘“

Fair Trade kostet

Den ersten Preis belegten sieben Erstsemester-Studierende des Masterstudienganges „Strategisches Marketing-Management“ der „International School of Management“ (ISM), die den fairen Modeladen „Him & Laya“ (ehemals „Himalaya“) untersuchten. Im Geschäft in attraktiver Lage in St. Georg sind viele Produkte GOTS-zertifiziert (GOTS steht für „Global Organic Textile Standard“) oder aus Naturmaterialien wie Baumwolle und tragen ein Fair-Trade-Siegel.

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Kati Jurischka
Feierlicher Abschluss des „Hamburger Fair Trade Hochschulwettbewerbs“ mit allen Beteiligten

Die besondere Aufgabe bestand darin, der Kundschaft zu erklären, weshalb diese nachhaltige Kleidung teurer ist als herkömmliche. Bei der Analyse des Label-Dschungels blieben nur diejenigen übrig, die auch sozial-ökonomische Aspekte erfassen wie das „Fair for Life“-Label – empfohlen am besten in Kombination mit dem GOTS-Siegel. Größere Markenbekanntheit und Neukundengewinnung könnte das Geschäft durch Workshops und Events wie Buch- oder Kleidertausch und Yoga-Sessions erreichen. Dazu „Out-of-home“-Werbung rund um den Hauptbahnhof und die Lange Reihe sowie regionale Radiowerbung.

Neu angedacht wurde eine fortlaufende Social-Media-Kampagne „Unser Kleiderschrank“ auf Instagram, um neue Fair-Trade-Produkte vorzustellen. Auch eine Stempelkarte könnte sich positiv auf die Kundschaft auswirken. Inhaber Benjamin Frieborg ging ohne große Erwartungen an den Wettbewerb heran und war sehr überrascht, wie leicht die empfohlenen Maßnahmen umzusetzen sind. Er kann sich gut vorstellen, einiges davon zu realisieren.

Ohne Bäume kein Kaffee

Ähnlich ging es Sebastian Lepping, Marketingmanager des Hamburger Traditionsunternehmens J.J. Darboven. Er fand die Zusammenarbeit mit acht Studierenden des Masterstudienganges „Sustainabiltiy Management and Leadership“ der Hochschule Fresenius „erfrischend“, wie er sagt. Das Thema: die Entwicklung eines kanalübergreifenden Marketingkonzepts für das Klimaschutzprojekt der fairen Kaffeemarke „Café Intención“.

Seit neun Jahren führen die Innovations Kontakt Stelle (IKS) Hamburg und die „Fair Trade Stadt Hamburg“ (FTS HH) den „Hamburger Fair Trade Hochschulwettbewerb“ gemeinsam durch. Für Unternehmen bietet die Kooperation mit Studierenden eine Möglichkeit, Ideen für die bessere Vermarktung oder die Implementierung fair gehandelter Produkte zu entwickeln – und sich im Rahmen des Wettbewerbs einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Das Engagement von Unternehmen aus der Metropolregion für den Fairen Handel geht in zahlreichen Fällen über den Verkauf fairer Produkte hinaus. Unter anderem beteiligen sich Firmen mit Aktionen an der „Fairen Woche“, bilden Mitarbeitende zum Fairen Handel fort oder unterstützen die FTS HH finanziell. Mehr erfahren Sie hier.

Mit den Slogans „Aufforsten – Aufwachen – Weck das Gute in dir“ und „In jeder Packung steckt ein Baum“ soll an junge Menschen und „LOHAS“ appelliert werden – also Personen, die einen nachhaltigen Lebensstil pflegen und viel Wert auf die Aspekte Gesundheit, Umwelt und Soziales legen. Kaffee gehört zu den Schattengewächsen und reagiert gestresst auf die zunehmende Sonneneinstrahlung durch den Klimawandel. In fünf Kooperativen in Honduras und Peru sollen deshalb bis zu eine Million Bäume jährlich gepflanzt werden.

Das Marketingkonzept umfasst auch Außenwerbung mit Plakaten an Hauptverkehrsstraßen, Hauptbahnhof und anderen zentralen Plätzen. Verkaufsort ist letztendlich der Supermarkt, aber auch in Universitäten und Hotels soll laut Konzept mit Displays geworben werden – immer mit QR-Code, Bio- und Fair-Trade-Siegel. Im Bereich Social Media hingegen empfehle sich, so die Studierenden, Bewegtbilder. Echtzeitdaten würden über die Aufforstungsfortschritte informieren.

Geheimtipp Hamburg

Den dritten Platz belegte die größte Gruppe, das Studierendenteam der Akademie für Mode und Design (AMD). Es sollte untersuchen, wie erfolgversprechend ein Angebot von fairem Kaffee und fairem Kuchen in der Filiale des Restaurants „Buhjah Bowls“ am neuen Standort im Baakenhafen sein könnte und wie es sich vermarkten ließe.

Nach einer klassischen SWOT-Analyse zur Unternehmensstrategie, also der Ermittlung von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken, befragten die Studierenden auch die Kundschaft. Sie würde, so das Ergebnis, in dem kinderfreundlichen Ambiente bis zu 6 Euro für ein Stück Kuchen und bis zu 3,50 Euro für einen Kaffee ausgeben. Der Standort erfüllt somit die Kernkompetenz als einzige Lokalität mit veganer und fairer Ausrichtung. Inhaberin Kerstin Auer freute sich per Videobotschaft bei den Studierenden des zweiten Semesters für die aufmunternden Ideen, darunter eine Influencer-Kampagne als „Hamburger Geheimtipp“.

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