Auf zum Energiehafen

Auch 2024 blieb der Hafen unterfinanziert, vorhandenes Potenzial wird nicht ausreichend entwickelt. Zukunftspotenzial bieten Umschlag und Nutzung alternativer Treibstoffe. Doch für eine gezielte Entwicklung von Mobilität und Hafen ist auch die Politik gefordert.
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Das Areal Steinwerder bietet rund 100 Hektar Potenzialfläche – etwa für ein Containerterminal oder Green Technology.

Von Felix Schoen, 29. November 2024 (HW 6/2024)

Rückläufige Umschlagzahlen, unzureichende staatliche Investitionen in die Infrastruktur, zu hohe Kosten: Der Hamburger Hafen kämpft schon seit einigen Jahren mit etlichen Herausforderungen – und auch 2024 zeichnete sich keine Trendwende ab.

So blieb zwar im ersten Halbjahr der Containerumschlag stabil – 2023 war er noch um 6,9 Prozent auf den schlechtesten Wert seit 2009 gefallen –, der Gesamtumschlag verringerte sich jedoch um 3,9 Prozent. Der Marktanteil Hamburgs an den kontinentaleuropäischen Nordseehäfen („Nordrange“) beträgt inzwischen nur noch 20 Prozent (2007: rund 30 Prozent), konstatierte eine im Auftrag der Handelskammer erstellte, im März 2024 aktualisierte Kurzstudie zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens (siehe Kasten).

Maßnahmen gefordert

Kurzstudie Wie wettbewerbsfähig ist der Hamburger Hafen im internationalen Vergleich? Wie entwickelt sich der Containerumschlag im Vergleich zum globalen Trend? Welche Rolle spielen Hafen-, Umschlag- und Terminalkosten im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit? Mit diesen Fragen befasst sich eine im Auftrag der Handelskammer verfasste Kurzstudie.

Um die Entwicklung des Hafens als „Garant für Versorgungssicherheit in Deutschland sowie größter Arbeitgeber und Industriestandort im Norden“ zu sichern, forderte deshalb im Februar 2024 ein Impulspapier der Handelskammer und des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg UVHH eine Reihe dezidierter Maßnahmen seitens der Politik. Die im März von der Bundesregierung vorgelegte nationale Hafenstrategie blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück.

„Unsere zentrale Forderung nach einer auskömmlichen Finanzierung durch den Bund wird darin nicht gewährleistet“, kommentiert Kai Gerullis, stellvertretender Geschäftsführer des Handelskammer-Bereiches „Nachhaltigkeit und Mobilität“. „Wir fordern nach wie vor eine Erhöhung des Hafenlastenausgleichs von 38 auf mindestens 400 Millionen Euro.“ Zudem wünscht sich die Handelskammer, dass die Stadt im Hafen größer denkt. So bietet das Areal Steinwerder im mittleren Hafen bei entsprechender Entwicklung rund 100 Hektar Potenzialfläche für die Zukunft des Hafens. „Ein Containerterminal wäre ebenso möglich wie ein Multipurpose-Terminal oder Green Technology“, erklärt Hafenexperte Gerullis.

Grüner Wasserstoff für Energiesicherheit

„Green Technology“: Dieses Stichwort steht in der schwierigen aktuellen Situation für eine zentrale Zukunftsperspektive des Hafens. Die bereits im Oktober 2023 gestartete Initiative zur Realisierung eines „Sustainable Energy Hub“ (SEH) mit zahlreichen Unternehmen der Energiebranche beabsichtigt unter anderem, bevorzugt Betriebe aus dem Bereich nachhaltiger Energieträger im westlichen Hafen anzusiedeln. Besondere Bedeutung haben dabei „grüner“ Wasserstoff (H2) und seine Derivate wie Ammoniak.

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Mabanaft
Philipp Kroepels, Director New Energy bei Mabanaft

„Ammoniak trägt ganz erheblich dazu bei, die Energieversorgung in Deutschland zu diversifizieren und letztlich die Versorgungssicherheit herzustellen“, betont Philipp Kroepels, Director New Energy beim Energieunternehmen Mabanaft, das in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einnimmt und SEH-Partner ist.

Im Juli beantragte es die Genehmigung für eines der ersten Ammoniak-Importterminals Deutschlands am Standort des Tanklagers Blumensand. Das Terminal wird voraussichtlich 2027 an den Start gehen. Der weltweit größte Wasserstoffhersteller „Air Products“, der sich in unmittelbarer Nähe befindet, soll dann das angelieferte Ammoniak zu H2 verarbeiten.

„Unsere Investitionssumme beträgt mehrere Hundert Millionen Euro“, erläutert Kroepels. „Wir rechnen mit einer Umschlagsmenge von mindestens 600 000 Tonnen Ammoniak pro Jahr – also voraussichtlich mit zwei bis drei Schiffsanläufen im Monat mit jeweils rund 85 000 Kubikmetern Kapazität. So leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Deutschland.“

Nachhaltigkeit und Mobilität an Land und auf See

Zur Green Technology zählt auch die im April eröffnete Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe in Steinwerder. Spätestens 2025 soll Landstrom auch an den – derzeit noch im Testbetrieb laufenden – Containerterminals Tollerort und Burchardkai zur Verfügung stehen. „Hamburg hat beim Landstrom europaweit die Nase vorn, insbesondere im Kreuzfahrtbereich“, kommentiert Hafenexperte Kai Gerullis.

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Im April wurde am Cruise Center Steinwerder eine Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe eröffnet. Spätestens 2025 soll Landstrom auch an den Containerterminals Tollerort und Burchardkai zur Verfügung stehen.

Klimawandel und Nachhaltigkeit waren auch zentrale Themen von zwei wegweisenden Veranstaltungen. Vom 8. bis zum 10. Oktober waren im CCH rund 180 Vertreterinnen und Vertreter der weltweit wichtigsten Häfen bei der IAPH Welthafenkonferenz zu Gast – „das wichtigste Treffen der Branche weltweit“, betont Gerullis.

Zukunftsprojekt H2 „Grüner“ Wasserstoff kann einen maßgeblichen Beitrag zur Energiewende leisten; rund 70 Prozent des Bedarfs müssen jedoch importiert werden, schätzt die Bundesregierung. Dabei spielt auch das H2-Derivat Ammoniak eine maßgebliche Rolle. „Ammoniak lässt sich über weite Entfernungen per Schiff transportieren, und die Technik für Transport und Lagerung steht bereits heute zur Verfügung“, erklärt Philipp Kroepels von Mabanaft. Hamburg beabsichtigt, zum bundesweit führenden H2-Standort zu werden. Ein Beitrag dazu ist der 100-MW-Elektrolyseur, den die Projektgesellschaft Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH) – bestehend aus Luxcara und den Hamburger Energiewerken – ab 2025 am Standort des vormaligen Kohlekraftwerks in Moorburg errichten will. Er soll jährlich rund 10 000 Tonnen grünes H2 produzieren. Der Bund stellte dafür im Juli 154,1 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung.

Zuvor stieg im Juni bereits zum vierten Mal das Mobilitätsfestival HEY/MOBILITY HAMBURG in der Handelskammer. „Zu häufig werden lieber neue Regularien geschaffen, als sie abzuschaffen, und leider fehlt auch manchmal schlicht der Mut, Neues auszuprobieren“, erläuterte Handelskammer-Präses Prof. Norbert Aust im Rahmen der Veranstaltung – und nannte als Beispiel die bereits für die Fußball-EM angedachte Teststrecke einer Magnetschwebebahn zwischen Stellingen und dem Volksparkstadion.

Quartiersparken: Ein Durchbruch steht noch aus

Wie langwierig die Regelung von Mobilitätsfragen zum Teil ausfällt, zeigt etwa das Bewohnerparken. Die für eine unternehmensfreundliche Gestaltung notwendige, von der Handelskammer bereits Anfang 2023 geforderte Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) trat schließlich am 17. Juli 2024 in Kraft.

„Das Thema Bewohnerparken wurde jedoch leider nicht angemessen berücksichtigt“, erklärt Kai Gerullis. „Trotz einiger Erleichterungen bleibt es beim Anwohnerparken. Wir setzen uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass ein echtes Quartiersparken geschaffen wird, das der Bedeutung der Gewerbetreibenden vor Ort gerecht wird.“

Schifffahrt und Hafen, Logistik und Mobilität werden jedenfalls auch 2025 zentrale Aktionsfelder der Handelskammer bleiben. Geplant sind unter anderem eine grundlegende Überarbeitung des Standpunktepapiers „Stadtmobilität“ sowie ein Impuls zum Flughafen. „Wir brauchen dringend ein Paket der Politik, um die Attraktivität des Flughafens zu steigern und die Rahmenbedingungen zu verbessern“, erklärte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Malte Heyne anlässlich der angekündigten Streichungen von Flugverbindungen. „Die Handelskammer erarbeitet dafür einen Maßnahmenkatalog.“


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